- Aus der Community
Wir werden alle älter
4 Minuten
Mit meinem Diabetes lebe ich im Hier und Jetzt. Denn sind wir mal ehrlich: Das kleine Diamonster verursacht inzwischen schon genug Unannehmlichkeiten. Die weiteste Spanne, die ich aktuell vorrausschaue, ist, wie ich für nächstes Jahr eine gute Reiseversicherung bekomme, in der alles mit dem Diabetes abgedeckt ist.
Folgeerkrankungen schiebe ich sowieso gaaaanz weit vor mir her und hoffe einfach, dass ich nie ernsthaft davon betroffen sein werde. Doch wenn wir älter werden, sollten wir uns nicht nur über Folgeerkrankungen Gedanken machen. Was passiert, wenn wir nicht mehr selbst für uns und unseren Diabetes sorgen können? Wenn wir z.B. eine Lähmung erleiden, geistig nicht mehr so fit sind oder an Demenz erkranken.

Kaffeplausch mit einer 80-jährigen Typ-1-Diabetikerin
Über sowas habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Zumindest solange nicht, bis ich Erika Späth kennen gelernt habe. Frau Späth hat mir einen Brief geschrieben, nachdem sie einen Artikel über mich und meinen Typ-Fler in einer lokalen Zeitung gelesen hat.
Sie erzählte mir, dass sie schon seit 65 Jahren Diabetes Typ 1 hat und sich aktiv dafür einsetzt, dass auch für Typ-1-Diabetiker in der Pflege noch was getan wird. Nachdem wir uns ein paar Briefe hin und her geschrieben haben, habe ich mich mit ihr auf einen Kaffee bei ihr zu Hause in einer Einrichtung für betreutes Wohnen getroffen und wir haben insgesamt 4 Stunden über Gott und die Welt und natürlich den Diabetes geredet.
Früher war alles anders…
Frau Späth hat ihren Diabetes mit 15 Jahren bekommen. Kein ungewöhnliches Alter für eine Diagnose. Allerdings war das im Jahr 1953.
Damals haben die Arbeitgeber die ganze Sache noch nicht so locker genommen. Und auch der Kinderwusch blieb für Frau Späth unerfüllt, da man ihr davon abriet, als Diabetikerin ein Kind zu bekommen.
Insulin musste konstant auf Temperatur gehalten werden, deshalb war es immer schwer, in den Urlaub zu fahren.

…und heute ist auch alles anders
Frau Späth hat immer ein sehr selbstbestimmtes Leben geführt. Und mit FreeStyle Libre und Fiasp kann sie auch gut auf ihren Diabetes reagieren. Und genau da fangen für Frau Späth die Probleme an. Was ist, wenn sie sich irgendwann nicht mehr selbst darum kümmern kann? Laut ihren Erfahrungen sind Pfleger nicht ausreichend auf Typ-1-Diabetes geschult. Sie verabreichen zwar Insulin nach Plan des Arztes, aber wirklich auskennen würden sie sich mit der Krankheit nicht. Die Pflegerinnen im betreuten Wohnen von Frau Späth lassen sich von ihr sogar den Diabetes Typ 1 erklären.
Selbst bestimmen auch im Alter?
Zuerst fand ich die Vorstellung, auch noch im hohen Alter, wenn man auf Pflege angewiesen ist, selbstbestimmt zu leben, überzogen. Wenn ich selbst meine eigene Familie nicht mehr erkennen kann, dann würde mir doch auch der Diabetes und was ich esse egal sein! Doch dann dachte ich an meine Uroma, die kurz vor ihrem Tod an Demenz litt und sich auch mit viel Liebe und Unterstützung aus der eigenen Familie schwergetan hat.
In Zeiten von Pflegenotstand ist es in den meisten Einrichtungen nicht möglich, auf Patienten individuell einzugehen. Alles muss zack, zack gehen, da einfach Personal fehlt und die einzelne Pflegekraft Arbeiten stemmen muss, die sonst von mehreren Personen übernommen werden würden. Auch wenn ich persönlich Pflegekräfte kenne, die mit viel Geduld ihre Patienten betreuen, bleibt im stressigen Arbeitstag nicht die Zeit, jeden Schritt zu überwachen.

Was wäre, wenn…
Stellen wir uns folgendes Worst-Case-Szenario vor:
Ein Typ-1-Diabetiker mit Demenz wird im Pflegeheim betreut. Die Pflegekräfte handeln nach dem Ess-Spritz-Plan des Arztes. Es wird Insulin verabreicht, das auf das Essen abgestimmt ist. Nun ist der Diabetiker aber nicht so hungrig und isst nicht alles auf. Das Resultat? Wahrscheinlich eine kräftige Hypoglykämie.
Nachdem die Pflegekraft sich selbst kaum mit dem Diabetes auskennt, da Typ-1-Diabetes nun mal eher eine Seltenheit im hohen Alter ist, lautet die Anweisung: „Sie müssen das aber essen.“ Auf der anderen Seite herrscht Trotz und Frustration.
Was wird sich ändern?
Auch wenn die Technik weit vorangeschritten ist, kommen wir nicht darum herum, dass die Personen, die uns im Alter betreuen, über den Diabetes Bescheid wissen müssen. Egal ob es sich hierbei um Verwandte, Mediziner oder Pflegepersonal handelt. Genauso wie wir müssen sie nachvollziehen können, wie der Wert entstanden ist, den das Messgerät oder das CGM-System jetzt anzeigt.
Wer hat Schuld?
Wir können nur hoffen, dass es irgendwann eine Lösung für solche Probleme gibt. Und dass eben nicht mehr blindlings Medikamente verabreicht werden, weil das irgendein Arzt mal so verordnet hat. Denn auch im Alter können sich Faktoren oder Bedürfnisse des Körpers sehr plötzlich ändern.
Der Pflegeberuf muss wieder attraktiv und vor allem gut bezahlt werden. Wir geben unsere Gesundheit und unser Leben im Alter in die Hände von Menschen, die mit Leidenschaft einen Beruf ausüben, von dessen Gehalt sie teilweise nur schwer ihren Lebensunterhalt bestreiten können! Die Politik muss endlich wach werden!
Und ich bin froh, dass es Menschen wie Frau Späth gibt, die jeden Tag dafür kämpfen, denn ihre Gegenwart ist unsere Zukunft!
Wie wird das wohl sein mit der Diagnose Typ-1-Diabetes in der Zukunft? Caro berichtet von der Veranstaltung „Diabetes 2030“ – Patienten treffen Experten aus der Diabetesversorgung
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 4 Tagen, 21 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 5 Tagen, 18 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 5 Tagen, 17 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike