Wo drückt der Schuh?

3 Minuten

Wo drückt der Schuh?

Wer Typ-2-Diabetes hat, der hat ein hohes Risiko für einen Sensibilitätsverlust und für Empfindungsstörungen in den Füßen – die "diabetische Polyneuropathie". Das hat zur Folge, dass er seinen Fuß nicht oder nicht mehr richtig spüren kann. Das mag für manchen zunächst positiv klingen: Was man nicht spürt, kann einen ja nicht stören oder schmerzen. Aber genau darin liegt die Gefahr:

Schmerz hat Warn- und Schutzfunktion

Dadurch, dass man nichts spürt – keinen Stein, keine Scherbe, kein Scheuern –, kann man sich auch nicht selbst vor Schaden bewahren. Gerade der Schmerzreiz hat ja eine Funktion: Der Mensch soll von weiterem Tun dieser Art ablassen, um den Körper zu schützen. Schmerz hat Warn- und Schutzfunktion. Diese entfällt bei Menschen, die unter dem Diabetischen Fußsyndrom leiden – der Hauptfolge von Diabetes mellitus.

Jeder Orthopädieschuhmacher kann bildhaft darüber erzählen, was an menschlichen Tragödien in seinem Laden so alles aufgelaufen ist: Da ist die Rentnerin, die eine Scherbe im Schuh hatte – und nichts spürte. Muscheln im Fuß nach einem Strandspaziergang, blutende Reibungsstellen und vieles mehr.

Fußverletzungen: für Diabetiker hochgefährlich

Diese Verletzungen sind für Diabetiker hochgefährlich: Wunden heilen nur schlecht; Wunden, die sich bilden, werden zum Ulkus. Dieses ist nur schwer wieder heilbar, wenn man Diabetes hat. Wenn man die Dinge im wahrsten Sinne des Wortes so laufen lässt, ist oft eine Amputation unvermeidbar.

Vielleicht erst nur ein Teil des Fußes; aber schon der Großzeh ist so wichtig für Stabilität beim Laufen und Stehen. Oft müssen auch der gesamte Fuß oder ein Teil des Fußes amputiert werden. Bis zu 40 000 Amputationen im Jahr wegen Diabetes schätzt man. Das gilt es zu verhindern.

Und das große Problem im Nachgang – abgesehen von der verlorenen Mobilität und dem Verlust des Körperteils: Folgeamputationen sind dann meist schon programmiert. Die Sterblichkeitsrate ist besonders erhöht. Eine ständige Fußkontrolle ist extrem wichtig.

Fußpflege und -kontrolle durch Podologen

Viele Diabetiker mit erwähnenswertem Übergewicht oder auch ältere Menschen kommen gar nicht mehr so weit herunter, um auch jeden Teil ihrer Füße oder ihre Füße überhaupt kontrollieren zu können. Fußpflege und -kontrolle durch medizinisch vorgebildete Podologen ist also dringend anzuraten; und wer zum Arzt, zum Diabetologen oder zum Orthopädieschuhmacher geht, sollte auch immer seine Füße kontrollieren lassen.

Der Orthopädieschuhmacher berücksichtigt die besonderen Anforderungen von Diabetikern mit Nervenerkrankungen – er passt das Schuhwerk an, er kann bei Bedarf eigens Schuhwerk auch herstellen. In vielen Fällen kann noch auf vorkonfektionierte Diabetiker-Schuhe zurückgegriffen werden, die aber individuell angepasst und zugerichtet werden müssen.

Wichtig ist zu wissen, dass Diabetiker mit Nervenstörungen eine besondere druckentlastende Bettung im Schuh brauchen: die diabetische Fußbettung. Druckspitzen müssen vermieden werden, damit der Fuß keinen Schaden nimmt. Der Schuh ist sehr weich und hat keine innenliegenden Nähte, die scheuern oder drücken können.

Ab einem bestimmten Stadium des Typ-2-Diabetes und/oder bei weiteren Fußdeformitäten wird der Arzt auch maßgefertigte Diabetesschutzschuhe verschreiben. Spezielle Analysetechniken wie Fußabdruck, Ganganalyse etc. helfen dem Orthopädieschuhmacher, den individuellen Schuh für jeden Diabetiker anzupassen. Laufende Kontrolle des Fußes und des Schuhs ist angesagt. Jede Veränderung muss sofort bemerkt und es muss gegengesteuert werden. So kann durch einen Diabetesschutzschuh meist verhindert werden, dass irgendwann eine Amputation nötig wird.

Wie kommt man an Diabetesschutzschuhe?

Die Leistungen des Orthopädieschuhmachers kann man grundsätzlich selbst in Anspruch nehmen. Hat aber der Arzt einen Diabetesschutzschuh oder eine besondere Bettung verschrieben, erfolgt die Leistung zu Lasten der Krankenkasse. Viele Krankenkassen versuchen oft, sich zwecks Kostenreduzierung auf konfektionierte Diabetikerschuhe zu verlagern. Das passt aber oft nicht bei der besonderen individuellen Fußsituation, insbesondere nicht bei sehr breiten oder verformten Füßen.

Wenn zusätzlich zum Diabetes noch andere Erkrankungen oder Behinderungen bestehen, muss der diabetische Schutzschuh zudem noch die schuhorthopädische Versorgung vorsehen – für z. B. einen Senkfuß, Hallux valgus oder Ähnliches. Das muss der Arzt auf dem Rezept ausweisen.

Gesetzlich Versicherte müssen den gesetzlichen Eigenanteil für Hilfsmittel in Höhe von 10 Euro zahlen. Bei Anfertigung eines orthopädischen Maßschuhs fällt zudem ein Bekleidungsanteil von 76 Euro an. Private Krankenversicherungen erstatten ebenfalls, wenn der Arzt ein Rezept ausgestellt hat.

Wichtig ist, dass es grundsätzlich einen Anspruch auf zwei Paar Straßenschuhe (zum Wechseln), ein Paar Hausschuhe und gegebenenfalls ein Paar Schuhe für Reha-Sport im Jahr gibt. Diabetiker mit solchen Problemen dürfen nie in normalen Schuhen gehen. Gerade im Haushalt und bei Gartenarbeit drohen viele Gefahren.

Ausgefallenes Design? Warum nicht …

Orthopädieschuhmacher können einen kompletten individuellen Maßschuh für einen Diabetiker auch in Handarbeit fertigen. Das bedeutet auch, dass sie phantasievolle Schuhe herstellen können – in bunten oder extravaganten Ledern, ausgefallenem Design etc. Da kann auch die Optik für jeden Anlass ausgewählt werden: sei es Oper, Sport, Business, Freizeit. Eine Beratung lohnt sich. Der unbestritten etwas kompakter ausfallende Schutzschuh kann durch optische Tricks, feine Leder etc. sehr viel modischer, eleganter oder stilvoller wirken.

Aber auch der konfektionierte Diabetesschutzschuh und der von den Krankenkassen erstattungsfähige ist der heutigen Mode angepasst.

ZVOS: Zentralverband Orthopädieschuhtechnik

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Diagnose Typ-1-Diabetes: Das Leben neu sortiert

Diagnose Typ-1-Diabetes: Das Leben neu sortiert | Foto: privat

9 Minuten

Exzellent versorgt: tk pharma trade – Kompetenz für Menschen mit Diabetes

Seit über 30 Jahren ist tk pharma trade Partner für moderne Diabetesversorgung. Mit innovativen Lösungen, persönlicher Beratung und regionaler Nähe begleiten wir Menschen mit Diabetes zuverlässig – und setzen gleichzeitig auf Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Service-Innovationen.

2 Minuten

Anzeige

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • mayhe antwortete vor 1 Woche

      Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

Verbände