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Kathi und ich waren neulich in Mainz unterwegs, und wir waren dieses Mal auf Konfrontationskurs. Bewaffnet mit Kamera, Pumpe und Messgerät zogen wir los, um unseren Diabetes an öffentlichen Plätzen zu zeigen. Wir saßen im Café, im Park auf einer Bank oder am Rheinufer, als wir unseren Blutzucker testeten und unsere Insulinpumpen und auch Pens hervorholten.
Wir gehen beide immer sehr offen mit unserem Diabetes um und haben keine Lust, uns zu verstecken. Wir messen und spritzen dort, wo es nötig ist, wenn es nötig ist. Blicke stören uns beide eigentlich gar nicht. Allerdings reiben wir unseren Diabetes auch nicht jedem unter die Nase.
Mit unserer Aktion wollten wir auf der einen Seite herausfinden, ob wir wirklich angeschaut werden, wenn wir z. B. im Café unseren Blutzucker testen, und außerdem wollten wir anderen Diabetikern zeigen, dass es eigentlich keinen Grund gibt, sich oder den Diabetes zu verstecken.
Unsere erste Station war das Rheinufer. Dort gingen viele Leute mit ihren Hunden oder Kindern spazieren oder machten Sport, als wir uns neben eine junge Mutter setzten und unseren Blutzucker testeten. Dabei waren wir sogar alles andere als unauffällig, weil wir zusammen wirklich viel Spaß hatten. Aber soll ich euch etwas verraten? Nach unseren Blutzuckermessgeräten oder danach, was die zwei kichernden Mädchen da machen, schaute eigentlich gar keiner.
Etwas anders sah es dann allerdings im Café aus. Das Scannen des Gewebezuckers und der Blick auf die Insulinpumpe fiel nicht groß auf, aber als Kathi dann etwas sichtbarer ihren Blutzucker testete, schaute der Mann vom Nebentisch doch sehr interessiert herüber. Da ich mittlerweile in einer saftigen Ketoazidose steckte (dem abgeknickten Katheter sei Dank), nutzte ich diese Gelegenheit, um mal wieder in der Öffentlichkeit zu spritzen. Genau hier, wo ich saß. Warum sollte ich deswegen auch auf die unfassbar enge und volle Toilette gehen?
Ich machte einen Knopf meiner Bluse auf und spritzte in den Bauch. Ob mir jemand zugesehen hat? Nein, zumindest habe ich niemanden bemerkt.
Danach setzten wir uns auf eine Parkbank neben Abiturienten, die mit Musik und Bier ihre Abi-Prüfung feierten. Zuerst zogen wir ihre Blicke nur wegen der Kamera auf uns, als wir aber erneut unseren Blutzucker testeten, hörte ich sehr deutlich das Wort „Blutzucker“ von einem der Jungs. Kaum war das Messen aber erledigt, wurden wir auch keines Blickes mehr gewürdigt, und angesprochen wurden wir auch nicht.
Die letzte Station war eine Bushaltestelle. Als die Leute dort standen und auf ihren Bus warteten, schauten wirklich alle auf ihr Handy. Da fiel es überhaupt nicht auf, dass Kathi nicht auf ein Handy schielte, sondern auf ihre Insulinpumpe. Und auch als Kathi alleine zurückblieb, sah sie niemand der vorbeilaufenden Passanten genauer an. Für sie war Kathi wohl nur eine junge Frau, die auf ihren Bus wartete und dabei auf ihrem Handy herumspielte.
Unser Fazit aus diesem kleinen Selbstversuch ist also: Die meisten Menschen nehmen gar nicht wirklich wahr, was ihr da so treibt. Falls es doch mal auffällt, erntet man neugierige Blicke, aber nur die allerwenigsten trauen sich, einen anzusprechen. Am Ende des Tages ist es sowieso allen egal.
Und genau deswegen ist es auch mir relativ egal, ob mich nun jemand dabei beobachtet oder nicht. Ich habe gelernt, mit diesen Blicken zu leben. Manchmal belustigen sie mich, manchmal lächle ich einfach nett zurück und bringe die Leute damit selbst in eine peinliche Situation, oder es ist mir wirklich ganz egal. Macht euch also nicht so viel aus den Blicken und Gedanken anderer Leute. Versteckt euch und den Diabetes nicht, denn dafür gibt es eigentlich gar keinen Grund.
Und im besten Fall könnt ihr dadurch sogar aufklären und Leuten den Diabetes ein Stück weit näherbringen.
Zum Video: Diabetes City-Walk
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