- Behandlung
Diabetesmedikamente und Bewegung
2 Minuten
Keine Frage – die pharmakologische Forschung bewegt sich rasant. Acht Substanzgruppen und eine Vielzahl von Insulinen sind für die Diabetesbehandlung in Deutschland bereits zugelassen, weitere werden intensiv beforscht. Menschen mit Diabetes profitieren zweifelsfrei von den Entwicklungen, aber eben in besonderem Maße auch von ihrer eigenen Bewegung.
Alle Diabetesmedikamente senken auf verschiedene Weise den Blutzucker, stimulieren die Insulinfreisetzung oder verbessern die Insulinwirkung an Leber und Muskulatur. Und sie haben ganz unterschiedliche Neben- und Wechselwirkungen. Das Medikament Bewegung hat bei richtiger Dosierung zum Glück praktisch keine Nebenwirkungen. Aber was gilt es bei Bewegung und gleichzeitiger Behandlung mit Diabetesmedikamenten zu beachten?
Insulinempfindlichkeit wird durch Bewegung verbessert
Bewegung bewirkt unter anderem über eine gebesserte Insulinempfindlichkeit, dass mehr Glukose in die Zellen strömen kann. Das ist sinnvoll, denn der arbeitende Muskel benötigt seinen Treibstoff: die Glukose. Durch den höheren Glukoseeinstrom in die Zelle und Glukoseverbrauch fällt natürlich der Blutglukosewert.
Bei Stoffwechselgesunden oder auch unter der Einnahme von Diabetesmedikamenten ohne ein praktisch relevantes Unterzuckerungsrisiko (s. Abschnitt “Medikamentencheck” ) treten auch bei intensiver körperlicher Aktivität in der Regel keine Unterzuckerungen auf.
Nimmt man gleichzeitig Medikamente ein, die zu Unterzuckerungen führen können, so besteht aber ein mitunter deutlich erhöhtes Unterzuckerungsrisiko während der körperlichen Aktivität und auch in den Stunden danach.
Je höher die Belastung, desto stärker fallen die Blutglukosewerte
Allgemein gilt: Je höher Intensität und Dauer der körperlichen Belastung sind, desto stärker ist der Abfall der Blutglukosewerte zu erwarten. Eine Reihe weiterer Faktoren spielt eine Rolle wie Trainingszustand, Diabetestyp und -dauer, Körpergewicht oder die Diabetestherapie. Als Zielwert vor körperlicher Aktivität sollte, wenn Medikamente zu Unterzuckerungen führen können, ein Blut-
glukosewert zwischen 150 und 180 mg/dl (8,3 und 10,0 mmol/l) angestrebt werden.
Um Unterzuckerungen vorzubeugen, kann man die Tabletten- oder Insulindosis vor geplanter Aktivität reduzieren, zusätzliche Kohlenhydrate zu sich nehmen oder beide Maßnahmen kombinieren. Für die genaue Dosisanpassung gibt es leider keine Patentlösung; jeder Sportler mit Diabetes muss letztlich selbst oder auch gemeinsam mit seinem betreuenden Diabetesteam die erforderlichen Kohlenhydrat- und Medikamentendosis-Anpassungen herausfinden. Dabei hilft sicherlich das Führen eines Sport-Tagebuches.
Essen und Trinken – was ist zu beachten?
Ohne Schweiß kein Preis: Flüssigkeitsmangel beim Sport führt zu reduzierter mentaler und physischer Leistungsfähigkeit. Daher darf die ausreichende Flüssigkeitszufuhr vor, bei und nach dem Sport nicht vergessen werden. SGLT-2-Hemmer (s. “Medikamentencheck” ) begünstigen durch ihren Wirkmechanismus Flüssigkeitsverluste. Hier gilt es also besonders, auf eine ausreichende Flüssigkeitsgabe zu achten.
Vor intensiverem Sport sollte die letzte große Mahlzeit zwei bis drei Stunden vorher eingenommen werden. GLP-1-Agonisten (s. “Medikamentencheck” ) verlangsamen die Magenentleerung, daher empfiehlt sich hierunter, noch etwas früher zu essen.
Auch wenn ein paar Spielregeln zu beachten sind – dank vieler neuer Diabetesmedikamente und optimierter Insuline stellt die medikamentöse Diabetestherapie heute praktisch kein Hindernis mehr für ein bewegtes Leben mit Diabetes dar.
Medikamentencheck
Diabetesmedikamente und Unterzuckerungsrisiko bei Bewegung
Unterzuckerungsrisiko bei Bewegung verstärkt, Dosisanpassung oder zusätzliche Glukoseaufnahme bei Bewegung in der Regel erforderlich:
- Sulfonylharnstoffe – z. B. Glibenclamid, Glimepirid, Gliquidon
- Glinide – Nateglinid, Repaglinid
- Insulin
In der Regel kein praktisch relevantes Unterzuckerungsrisiko bei Bewegung, ein theoretisches Risiko ist im Einzelfall nicht auszuschließen; Dosisanpassung oder zusätzliche Glukoseaufnahme bei Bewegung in der Regel nicht erforderlich:
- Biguanide – Metformin
- DPP-4-Hemmer – z. B. Saxagliptin, Sitagliptin
- SGLT-2-Hemmer – z. B. Dapagliflozin, Empagliflozin
- GLP-1-Agonisten – z. B. Dulaglutid, Exenatid, Liraglutid
- α-Glukosidase-Hemmer – z. B. Acarbose
- Glitazone – z. B. Pioglitazon
Angaben zum Unterzuckerungsrisiko beziehen sich immer auf die Einnahme eines Medikaments allein (Monotherapie).
von Dr. Meinolf Behrens
Diabetologe DDG, Facharzt für Sportmedizin und Ernährungsmedizin
Diabeteszentrum Minden, Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
Telefon 0571-840999, E-Mail: mb@diabetes-minden.de
,
Internet: www.diabetes-minden.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (11) Seite 78-79
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 3 Tagen, 13 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 4 Tagen, 11 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 4 Tagen, 10 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike