- Aus der Community
Holpriger Start: Kampagne für die #DiaChancen kleiner R1sikokinder
6 Minuten
Seit ein paar Tagen schlägt nun die Helmholtz-Initiative „A World Without 1“ mit ihrer neuen Kampagne zur Aufklärung über Typ-1-Diabetes große Wellen in der Community. Wer es noch nicht mitbekommen hat: Mit der Kampagne soll die Bevölkerung darauf aufmerksam gemacht werden, dass über 350.000 Menschen von Typ-1-Diabetes betroffen sind, was den Typ 1 vom Typ 2 unterscheidet, wie man Diabetes frühzeitig erkennen und wie man ihn bei genetisch vorbelasteten Risikokindern womöglich sogar verhindern kann. Über die Idee hinter der Kampagne muss man wohl kaum diskutieren: Sie ist super und in jedem Fall unterstützenswert. Doch die Umsetzung und Motivwahl wird diesen hehren Zielen möglicherweise nicht gerecht. So prangt zum Kampagnenstart seit dem 22. Januar „Sche1sstyp“ in großen Lettern auf 1.500 Plakaten in München, Berlin, Hannover und Dresden sowie auf über 560 Infoscreens in ganz Deutschland. Nur dieses eine Wort, darunter ein wenig erklärender Text mit Hinweis auf die Website der Kampagne.


Keine Lust auf Sprüche wie „Na, du Sche1sstyp?“
Der Slogan ist als provokantes Wortspiel gedacht: Der Typ-1-Diabetes – ein Sche1sstyp! Mit der „1“ statt des Buchstaben „i“ wird an die Früherkennungsprogramme „Fr1da“ , „Freder1k“ und „Fr1dolin“ angeknüpft. Das Wortspiel stößt allerdings vielen Menschen mit Typ-1-Diabetes sauer auf. „Ich bin kein Sche1sstyp“, sagen sie – nicht der Diabetes werde hier als Scheisstyp wahrgenommen, sondern der Mensch selbst – manch einer ist sogar im Büro schon als „Na, du Sche1sstyp“ angesprochen worden. Wer ein dickes Fell und ein gutes Verhältnis zu seinen Kollegen hat, nimmt das vielleicht mit Humor. Doch was ist mit Kindern mit Diabetes, die in der Schule manchmal ohnehin einen schweren Stand haben und gelegentlich gehänselt werden? Wie geht es Jugendlichen, die sich nun beim ersten Date mit ihrer neuen Flamme vielleicht den Spruch anhören müssen: „Ach, du hast diese Sche1sskrankheit?“ Als sei es nicht ohnehin schon schwer genug, offen mit seiner Erkrankung umzugehen, das richtige Maß zwischen notwendiger Aufklärung und Normalität zu finden. Ebenso wie viele andere auch finde ich, dass man all diesen Menschen mit den „Sche1sstyp“-Plakaten einen Bärendienst erweist. Zum Glück haben die Macher der Kampagne, A World Without 1, das auch schnell eingesehen und dafür um Entschuldigung gebeten, Bastian hat hier in der Lounge berichtet.
Typ-1-Diabetes ist eine ernste Erkrankung – aber sie definiert mich nicht
Doch die Plakate sind nun erst einmal in der Welt, und auch mir gefallen sie nicht. Weder bin ich selbst ein Sche1sstyp – ich bin ein netter und liebenswerter Mensch, meine Krankheit definiert mich nicht. Noch möchte ich, dass mir künftig vermehrt Leute begegnen, die mir mitleidig über den Kopf streicheln, weil ich so eine Sche1sskrankheit habe. Ich möchte, dass Menschen wissen, dass Typ-1-Diabetes eine ernste Erkrankung ist, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte und die mich im Alltag oft einiges an Kraft kostet. Ich möchte aber auch, dass Menschen wissen, dass man auch mit meiner Erkrankung ein vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft ist. Dass man arbeiten, reisen, eine Familie gründen, sportlich aktiv sein und wilde Partys feiern kann und eben nicht den ganzen Tag Trübsal blasen muss.
Warum wollen manche ihren Diabetes gegen einen derben Fluch verteidigen?
Interessanterweise gab es in der Typ-1-Community aber auch Reaktionen wie „Auch mein Diabetes ist kein Sche1sstyp, er gehört zu mir!“ Diese Haltung ist auf den ersten Blick vielleicht weniger leicht nachzuvollziehen. Ich habe nun ein paar Tage darüber nachgedacht und meine Erkenntnisse aus ca. 40 Semestern privater Küchenpsychologie durchforstet. Warum haben manche von uns den Wunsch, unseren Diabetes gegen einen derben Fluch zu verteidigen? Denn eigentlich ist der Diabetes doch eben genau das: eine Scheißkrankheit!
Der Diabetes hat das Leben auch um ein paar positive Facetten bereichert
Allerdings hat genau diese Scheißkrankheit für viele von uns eben auch dazu geführt, dass unser Leben ein paar positive Facetten hinzugewonnen hat. Wer ebenfalls in der Community aktiv ist, weiß, wovon ich spreche: Wir haben alle durch unseren Diabetes unglaublich viele tolle Menschen kennen gelernt, die uns ohne die Krankheit nie begegnet wären. Manche von uns haben aufgrund unserer Erkrankung beruflich neue Wege eingeschlagen, mit denen sie sehr glücklich sind. Andere haben erst mit dem Diabetes begonnen, sich intensiv mit ihrem Körper und seinen Bedürfnissen auseinanderzusetzen: Sie ernähren sich gesünder, treiben mehr Sport und achten stärker auf sich selbst als vor ihrer Diagnose.
Ich habe den Diabetes sozusagen zum Beruf gemacht
Ich selbst bin ein Musterbeispiel für genau solche schönen neuen Facetten, die mein Leben durch den Diabetes gewonnen hat – „DiaChancen“, um beim aktuellen Monatsthema der Blood Sugar Lounge zu bleiben. Ich habe als freiberufliche Medizinjournalistin zwar auch schon vor meiner Diagnose im Jahr 2010 gelegentlich über Themen rund um den Diabetes geschrieben. Doch seit ich selbst betroffen bin, schreibe ich deutlich häufiger als früher über Diabetes-Themen. Bei der Medical Tribune, einer Wochenzeitung für Hausärzte, der ich als freie Mitarbeiterin Artikel liefere, kriegte die Redaktion rasch spitz, dass ich Typ-1-Diabetes habe und mich besonders für Diabetes interessiere.
Als der Medical Tribune Verlag im Frühjahr 2016 den Zuschlag erhielt, für die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) die monatlich erscheinende „Diabetes Zeitung“ zu produzieren, war ich ebenfalls von Anfang mit im Boot. Doch ich schreibe auch für ein breites Publikum: In der Zeitschrift „Focus Diabetes“ kann man regelmäßig Reportagen und Features von mir lesen, ebenso hier in der Blood Sugar Lounge oder auf meinem Blog „Süß, happy und fit“. Auch das eine oder andere Pharmaunternehmen bucht regelmäßig PR- oder Newsletter-Texte bei mir. Und erst im vergangenen Jahr habe ich mein erstes Buch geschrieben – das Mutmach-Buch „In guten wie in schlechten Werten“ für Menschen mit Diabetes und ihre Angehörigen. All das macht mir großen Spaß.

Vor der Diagnose: Bewegungsmuffel – danach: Triathletin
Ohne meinen Diabetes wäre ich darüber hinaus im Traum nicht auf die Idee gekommen, mich einmal für einen Triathlon oder Halbmarathon anzumelden. Ich habe mich vor meiner Diagnose eigentlich nie als besonders sportlich empfunden und war nur deshalb im Fitnessstudio angemeldet, weil man als Büromensch ja für ein wenig Ausgleich zum vielen Sitzen am Schreibtisch sorgen sollte.
Erst nach meiner Diabetesdiagnose entwickelte ich ein wenig sportlichen Ehrgeiz. Das lag in erster Linie daran, dass Sport mir das Vertrauen in meinen Körper zurückgab, das durch die Diagnose doch einen ordentlichen Knacks bekommen hatte: Wenn ich Sport treibe, Wettkämpfe bestreite, meine Beine routiniert traben, dann tritt diese Enttäuschung in den Hintergrund. Warum sollte ich auch enttäuscht sein? Meine Muskeln sind stark, mein Herz pumpt Blut, meine Lungen atmen Sauerstoff, meine Arme schwingen im Takt, meine Füße stoßen sich kräftig ab, mein Körper funktioniert. Er bewältigt Dinge, von denen ich damals – als Bewegungsmuffel ohne Diabetes – nie geträumt hätte. Und das ist ein unheimlich tolles Gefühl. Vor allem für einen eigentlich unsportlichen Menschen wie mich.
Mittlerweile gehöre ich sogar zu den Leuten, die im Herbst von echten Sportskanonen gefragt werden: „Und, wie war deine Saison dieses Jahr?“ Ja, ich habe eine Saison, ich engagiere mich in der IDAA, ich habe sportliche Ziele, ich erlebe sportliche Erfolge! All dies sind Dinge, die ich ohne meinen Diabetes vermutlich nie entdeckt hätte. Natürlich würde ich meinem Diabetes keine Träne hinterherweinen, sollte er sich auf einmal aus dem Staub machen. Aber die vielen DiaChancen, die sich für mich durch ihn ergeben haben, möchte ich auch nicht missen.


Früherkennung und Prävention – das wären echte D1aChancen!
Ich vermute, dass es ähnliche Dinge sind, die den Leuten im Kopf herumschwirren, wenn sie sagen: „Stopp, mein Diabetes ist aber gar kein Sche1sstyp!“ So ein plakativer Begriff wird dem komplexen Thema einfach nicht gerecht. Man sollte nicht auf Kosten der Betroffenen um öffentliche Aufmerksamkeit buhlen. Denn eigentlich geht es in der Kampagne ohnehin viel mehr um die vielen kleinen Menschen, die vor dem Schicksal eines Typ-1-Diabetes bewahrt werden sollen. Ich wünsche jedem kleinen Kind, das Risikogene für Typ-1-Diabetes in sich trägt, dass sein Risiko früh erkannt wird und dass der eigentliche Ausbruch der Erkrankung z.B. durch die frühzeitige Gabe von Insulin hinausgezögert oder vielleicht sogar ganz verhindert werden kann. Denn das wäre eine DiaChance (von mir aus können wir auch im Stil der Kampagne D1aChance sagen…), die allen anderen DiaChancen haushoch überlegen wäre.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 4 Tagen, 18 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 6 Tagen, 13 Stunden
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 4 Tagen, 13 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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