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In der Kolumne Blickwinkel macht Redaktionsmitglied Dr. Katrin Kraatz deutlich, wieso sie den Wettkampfcharakter beim Schulsport und den Bundesjugendspielen kritisch sieht.
Sicher haben Sie mitbekommen, dass eine Mutter fordert, die Bundesjugendspiele, an denen alle Schüler bis zur 10. Klasse teilnehmen müssen, abzuschaffen. Als ich das las, dachte ich sofort: Ja, diese Mutter hat recht!
Ich weiß, dass das bei manchem heftiges Kopfschütteln auslösen wird: Wie kann jemand, der weiß, wie wichtig Bewegung und Sport für die Menschen sind, gegen einen sportlichen Wettkampf sein? Dann bewegen sich die Kinder wenigstens mal, statt vor dem Computer zu sitzen … Denn Bewegung tut nicht nur dem Körper gut, auch die Psyche profitiert davon. Und wie ein kürzlich im “Spiegel” erschienener Artikel an mehreren Beispielen darstellt, fördert sie die Gedächtnisleistung in jungen Jahren und auch später noch.
Gerade der Wettkampfcharakter der Spiele aber ist es, weshalb ich befürworte, die Bundesjugendspiele abzuschaffen. Zugegeben, ich musste in meiner Schulzeit auch immer daran teilnehmen und brachte immer eine Sieger-, oft sogar eine Ehrenurkunde für “hervorragende Leistungen” mit nach Hause.
Mein Glück war und ist, dass mir von meinen Eltern sozusagen das “Bewegungs-Gen” mitgegeben wurde. Ständig tobten meine Geschwister und ich im Garten herum oder sausten mit unseren Fahrrädern durch die Gegend. Und auch im Sportverein war ich aktiv. Aber die Bewegung in der Freizeit geschah freiwillig!
Und obwohl ich mich gern bewege, habe ich im Schulsportunterricht Demütigungen erlebt. Eine Lehrerin sagte mir knallhart, als wir Volleyball im Sportunterricht lernten, das könne ich sowieso nicht – und gab mir eine schlechte Note. Dieselbe Lehrerin machte mir unmissverständlich klar, dass mir rhythmische Sportarten nicht liegen – ich bekam wieder eine schlechte Note. Bei mir hat das zum Glück nicht dazu geführt, dass ich aufgehört habe, mich zu bewegen.
Und als wir im Sportunterricht von jetzt auf gleich 1.000 Meter laufen mussten, war mir im Ziel schlecht – weil wir von den Lehrern nicht, wie es vernünftig gewesen wäre, langsam an die Strecke herangeführt worden waren. Ich hasste die Langstrecke deshalb! Heute liebe ich den Ausdauersport, weil ich es mir nach meinen Fähigkeiten erarbeitet habe.
Aber wie viele Kinder lassen sich durch so abwertende Aussagen oder solche Erlebnisse komplett entmutigen? Oft müssen sie sich so etwas nicht nur von den Lehrern anhören – auch die Mitschüler, die ja die Wertungen im Unterricht mitbekommen, tun ein Übriges dazu.
Deshalb ist mein Blickwinkel: Sportveranstaltungen und Sportunterricht in der Schule sollten nicht wie Wettkämpfe durchgeführt werden. Schon das Vergeben von Schulnoten in diesem Fach halte ich für falsch. Denn leistet ein Kind, das weniger athletische Voraussetzungen mitbringt, sich aber trotzdem um so viel Leistung wie ihm möglich bemüht, weniger als ein Kind, dem der Sport in die Wiege gelegt ist? Sicher nicht – und trotzdem bekommt meist das athletische Kind eine 1, das weniger athletische bewegt sich am unteren Rand der Notenskala.
Sport in der Schule sollte die Freude daran vermitteln, damit Bewegung und Sport ein selbstverständlicher Teil des Lebens sind, werden und bleiben. Da folge ich ganz dem Leitgedanken des Christlichen Jugenddorfwerks Deutschlands (CJD): “Keiner darf verlorengehen” – weder im Sport noch anderswo.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (9) Seite 42
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