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Hockenheimring oder Nürburgring – kaum eine Automobilrennstrecke auf der Welt, die Jürgen Rostek noch nicht gesehen hat. Der selbständige Automobilkaufmann und Besitzer eines eigenen Rennteams lebt für den Automobilsport. Seit gut einem Jahr hat der Diabetiker aber eine neue Leidenschaft entdeckt: das Laufen.
Seit 2002 hat Jürgen Rostek Diabetes. Ausgerechnet auf dem Weg zu einem Autorennen auf dem Salzburgring löste ein eingeklemmter Gallenstein mit nachfolgender Bauchspeicheldrüsenentzündung den Diabetes aus; Experten sprechen hier von Typ-3-Diabetes, zu dem alle Diabetesformen gehören, die nicht dem Typ-1-, Typ-2- oder Schwangerschaftsdiabetes zuzurechnen sind. Seit der Diagnose spritzt Jürgen Rostek 4-mal täglich Insulin.
Was bewegt einen Automobilfan, der mit den Größen des Automobilsports wie Keke Rosberg oder Heinz-Harald Frentzen auf Du und Du ist, statt Rennreifen aufzuziehen Laufschuhe anzuziehen? “Die Fitness fehlte, zudem sind Gewicht und Insulinbedarf ständig gestiegen, es musste einfach etwas passieren”, so Jürgen Rostek zu seinen Motiven.
Da kam das Diabetes Programm Deutschland, ein deutschlandweites Laufprojekt für Diabetiker, genau zum richtigen Zeitpunkt. “Wenn ich daran zurückdenke, wie wir zunächst von Baum zu Baum gelaufen sind”, schmunzelt Rostek heute – wenn er über seine “ersten Laufschritte” im Mai 2013 berichtet.
Zumindest 5 km im Rahmen des Köln-Marathons im Oktober 2013 – eine damals schier unerreichbare Zielvorgabe von Lauftrainer Theodor Block für die 20 Diabetiker, die gemeinsam mit Jürgen Rostek trainierten. “Zu Anfang hat wohl nur Theo an uns geglaubt”, erinnert sich die Gruppe.
Am Ende hat Block sie alle fit bekommen – und die meisten aus der Mindener Laufgruppe waren beim Köln-Marathon 2013 dabei: 5 km, 10 km oder sogar die 42 km sind sie gelaufen. Partystimmung in Köln bei 13 °C und Nieselregen; Rostek läuft die 10 km.
Am gleichen Tag gewinnt Sebastian Vettel den Großen Preis von Japan auf dem Suzuka International Racing Course: “Es war ein sehr lohnender Sieg heute – ein großartiges Gefühl. Ich liebe diese Strecke, und es ist fantastisch, hier zu gewinnen”, so Vettel nach dem Sieg. Auch Automobilsportler Jürgen Rostek schwärmt noch heute von seinem ganz persönlichen Sieg an diesem Tag – nicht in Suzuka, sondern auf der Rennstrecke in Köln.
Die meisten sind dabeigeblieben, trainieren weiter in kleinen Gruppen. Für Rostek heißt das Motto jetzt Laufquartett statt Audi quattro. Gemeinsam mit Christoph Grimme, Dieter Lampe und Detlev Meyer (alle Diabetiker, s. Abb. 2) trifft er sich zum Training weiter regelmäßig, man nimmt an regionalen Laufveranstaltungen teil.
Natürlich steht auch der Köln-Marathon 2014 ganz oben auf dem Programm. Typ-1-, Typ-2- und Typ-3-Diabetiker in einem Laufquartett vereint – wo findet man das schon? Christoph Grimme und Dieter Lampe haben einen Typ-2-Diabetes, Detlev Meyer einen Typ-1-Diabetes.
So unterschiedlich Diabetestyp und Diabetestherapie sind – eines vereint die vier Freunde mit Diabetes, seit sie regelmäßig laufen: gute Fitness, gebessertes Wohlbefinden und natürlich Spaß und Freude am Laufen.
Und was macht der Automobilsport? Er ist dann doch noch ein bisschen “wichtiger” – der geplante Fototermin für diesen Artikel musste wegen der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft auf dem Hockenheimring verschoben werden.
Anfänger neigen dazu, mit zu hoher Geschwindigkeit zu laufen, und verlieren dadurch leicht den Spaß daran. Um die angemessene Laufgeschwindigkeit zu finden, kann die Beobachtung der Atmung helfen. Lässt das Lauftempo eine Unterhaltung in ganzen Sätzen zu, ist die Belastung richtig.
Weil Sauerstoffaufnahme und Herzfrequenz beim Ausdauerlauf nahezu proportional ansteigen, kann mit etwas Übung von der Atem- auf die Herzschlagfrequenz geschlossen werden.
Stoßbelastungen beim Laufen können reduziert werden, wenn nicht mit der Ferse, sondern mit dem Mittelfuß aufgesetzt wird. Eigen- oder Fremdbeobachtung gestalten sich bei dieser Lauftechnik schwierig. Beim Rückwärtsgehen und -laufen werden Sinneszellen für das Berührungsempfinden angesprochen, was dem Läufer die Kontrolle des Mittelfußaufsatzes ermöglicht.
Die Grobform dieser Lauftechnik erlernt man durch wechselndes Vorwärts- und Rückwärtslaufen von wenigen Schritten.
Die Auswahl von Funktionsbekleidung zum Laufen richtet sich zunächst nach der Außentemperatur. Liegt diese bei Bewölkung unter 15 °C, ist leichtes Frösteln zu Beginn des Trainings ein Zeichen für die richtige Wahl der Kleidung. Mit dem Zwiebelprinzip hält man sich mehrere Optionen offen.
Bei Temperaturen ab 15 °C aufwärts können kurze Hose und T-Shirt ausreichen. Ist es sehr warm und scheint die Sonne intensiv, kann das Kühlen des Kopfes mit Wasser hilfreich sein.
von Dr. Meinolf Behrens
Diabetologe DDG, Facharzt für Sportmedizin und Ernährungsmedizin, Diabeteszentrum Minden
Kontakt:
Bismarckstraße 43, 32427 Minden, Telefon 0571-840999, E-Mail: mb@diabetes-minden.de
, Internet: www.diabetes-minden.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (7) Seite 80-81
5 Minuten
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