- Aus der Community
Saras Lauf-ABCD(iabetes)
5 Minuten
Ein bekannter Sportartikelhersteller fordert uns Menschen der Welt auf, „es einfach zu tun“. Es… Sport, Bewegung, Aktivität. Denk nicht länger drüber nach – tu es einfach!
Eine klasse Werbung. Einfach Sport machen – wenn das denn so einfach wäre.
Mit Diabetes braucht alles meistens ein bisschen mehr Planung, nur ein bisschen mehr Vorlaufzeit. Ein bisschen mehr Informationen. So möchte – zumindest bei mir – auch jede Laufeinheit genug vorbereitet sein. Nur so ist es möglich, verrückte Dinge zu machen, wie beispielsweise einen Halbmarathon zu laufen und es auch noch gut zu finden.
In diesem Artikel möchte ich euch in die Planung mitnehmen, die bei mir ansteht, wenn ich „eine Runde laufen“ möchte.
Vielleicht könnt ihr den ein oder anderen Tipp für euch selbst mitnehmen oder habt sogar noch Tipps für mich. Da es das altbekannte Lauf-ABC quasi erweitert, benötige ich den nächsten Buchstaben. Logisch, dass es ab nun Lauf-ABCD(iabetes) heißt…
Der Morning-Run
Der typische Morning-Run beginnt für mich um 06:00 Uhr morgens mit dem Weckerklingeln. Er klingelt erstmal nur, damit ich meine temporäre Basalrate von -50% einstellen kann. Die brauche ich morgens nur ca. 30 Minuten, bevor ich loslaufe, da im Körper weder aktives Insulin noch aktive Kohlenhydrate unterwegs sind. Dann lege ich mich meist nochmal wieder 15 Minuten ins warme Bett, bevor es raus ins Kalte geht. Idealerweise liegt mein Wert vor dem Laufen morgens um die 100 mg/dl (5,6 mmol/l).
Hier sind es 80 mg/dl (4,4 mmol/l) und davor eine stabile Nacht – perfekte Voraussetzung zum Laufen. Um 06:20 Uhr gibt es dann eine Banane (ca. 2 KE) und ich ziehe mich zum Laufen fertig an. Um 06:30 Uhr verlasse ich mit 109 mg/dl (6,1 mmol/l) und einem Pfeil nach oben das Haus. Die temporäre Basalrate (TBR) läuft noch ca. eine Viertelstunde weiter, dann fängt wieder die normale Insulinversorgung an. An diesem Beispieltag bin ich nur knapp 4,5 km gelaufen, wofür ich etwas weniger als 30 Minuten benötigte. Bei längeren Strecken schaue ich, dass ca. 70% des Laufes mit TBR und 30% mit normaler BR abgedeckt sind. Je länger der Lauf, desto länger die Zeit in der TBR.
Theorie = Praxis?
Wie man erkennt, hat hier alles sehr gut funktioniert – mit einem Wert von 135 mg/dl (7,5 mmol/l) komme ich wieder zu Hause an. Ich gebe einen Bolus von 1,5 E ab (wäre der Zuckerwert höher, wäre auch der Bolus höher), um den bei mir üblichen Anstieg nach dem Laufen abzufangen. Zum Glück teste ich gerade den Omnipod – der bleibt beim Duschen sogar dran und fängt den Anstieg somit durch die durchgehende Basalrate zusätzlich auf. Mit der Schlauchpumpe habe ich nach dem Laufen häufig ein bisschen gewartet, bis ich duschen ging, da sonst zu viel Insulin fehlte.
Am heutigen Beispieltag lief wirklich alles perfekt: Ich kam aus der Dusche mit 130 mg/dl (7,2 mmol/) und konnte direkt frühstücken. Der restliche Tag verlief etwas wackelig – trotz einiger Traubenzucker wollte mein Zucker einige Stunden nach dem Lauf nicht richtig hoch. Solche Tage sind mir jedoch lieber, als wenn es die ganze Zeit nicht runtergehen würde
Hier kommt für mich auch die positive Wirkung, die der Sport auf mich hat, besonders zum Vorschein. Leider „läuft“ es nicht immer so gut wie an diesem Tag.
Der Evening-Run
Der Evening-Run gestaltet sich aufgrund eines bereits erledigten Tages, der hinter mir liegt, etwas anders. Genau im Beispiel lief nichts so, wie ich es geplant habe, was sich euch vermutlich direkt offenbaren wird, sobald ich meinen Dexcom-Graphen zeige. Aber zuerst die Theorie:
Ca. vier Stunden vor dem Laufen esse und bole ich zum letzten Mal, damit ich beim Start kein aktives Insulin mehr habe. Ich versuche, möglichst einfach zu berechnende Kohlenhydrate zu essen, nicht unbedingt Dinge, die ich nicht selbst zubereitet habe.
Ca. 2 Stunden vor dem Laufen reduziere ich dann meine Basalrate um 50%.
Sobald ich loslaufe, stelle ich dann eine temporäre Basalrate von 70% ein und esse ca. 2 KE z. B. in Form einer Banane.
Wie es wirklich geschah:
Um 12 Uhr aß ich zu Mittag, 4 KE Reis mit Spinat und Tofu. Eine Mahlzeit, die ich häufig esse und gut berechnen kann. Anscheinend war mein Spritz-Ess-Abstand nicht lang genug und so baumelte ich den restlichen Nachmittag immer um die 190 mg/dl (10,6 mmol/l) herum. Dennoch reduzierte ich meine Basalrate um 15:30 Uhr auf 50% (was vermutlich den erneuten Anstieg einbrachte). Mit einem Wert von 220 mg/dl (12,2 mmol/l) verließ ich das Haus um 17:40 Uhr – diesmal ohne Banane, dafür bei strömendem Regen:
Nun gut, diese Laufeinheit ist wirklich keine Vorzeigeleistung – aber das kommt vor. Direkt mit Start ging mein Zuckerwert dann ja auch runter und ich rauschte in eine schöne Unterzuckerung, mit der eine nächtliche Achterbahnfahrt begann. Trotzdem freue ich mich, meinen Schweinehund bezüglich des Regens überwunden zu haben und mir auch vom Diabetes keinen Strich durch die Rechnung gemacht haben zu lassen. Was zählt: flexibel bleiben, etwas Humor und das Wissen, dass morgen ein neuer Tag mit neuen Werten ist!
A… B… C… Diabetes!
Auch wenn ich richtige Übungen, wie im Lauf-ABC enthalten, außer im Sportunterricht während der Schule nie richtig verfolgt habe, finde ich die Übungen gerade für Anfänger und Wiedereinsteiger sehr sinnvoll. Außerdem zählt für mich die „Übung“ mit dem Diabetes genauso zur Grundlage des Laufens mit Diabetes dazu. Gefühlt hört diese allerdings nie auf, da sich der Körper und die Fitness ständig verändern und entwickeln.
Zu den Grundlagen gehören für mich (Wettberwerbe, bei denen ich den Start nicht einfach verschieben oder auslassen kann, mal ausgenommen):
- einen guten Startwert weder unter 100 mg/dl (5,6 mmol/l) noch über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) zu haben
- mindestens vier schnelle Notfall-KE dabeizuhaben
- wenig bis kein aktives Insulin im Körper zu haben
- lieber langsam anzufangen und sich hochzuarbeiten, als den Körper zu überfordern
- bei einer Unterzuckerung sofort aufzuhören mit Laufen, Notfall-KE essen und am besten jemandem Bescheid geben, der notfalls schnell in der Nähe wäre
- nicht zu vergessen, dass der Muskelauffülleffekt einiges an KE im Nachhinein verschlingen kann
- nach der Anstrengung mit Korrekturen durch Insulin und Essen vorsichtig zu sein (Achtung, Insulinsensitivität!)
- Hör auf deinen Körper, wie viel er schaffen kann! Sich herausfordern ist toll – sich überfordern nicht. Die Herzfrequenz ist hier ein sehr guter Indikator.
Und wenn es mal gar nicht läuft, lasse ich lieber eine Laufeinheit aus, als mit undurchdringbarem Zuckerchaos zu kämpfen. Das braucht allerdings eine Menge Überwindung und kommt eher selten vor 🙂
Euch hat jetzt auch die Lust aufs Laufen gepackt? Dann macht mit bei unserer #TheWalkingDiabetes-Challenge!
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 5 Tagen, 11 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 6 Tagen, 8 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 6 Tagen, 7 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike