- Diabetes-Grundwissen
2015 – Diabetes-Rückblick
4 Minuten

Ruhig geworden ist es um die „Smart Lens“ von Google, die im vergangenen Jahr für Furore und jede Menge Gerüchte sorgte. Ebenfalls wenig getan hat sich (zumindest in der öffentlichen Berichterstattung) auf dem Gebiet des „Closed Loop“, ebenfalls eines der Hip-Themen in der Diabetes-Berichterstattung. Das fortschrittliche Langzeitinsulin Tresiba ist vom deutschen Markt verschwunden, weil der GKV-Spitzenverband sich einer Übernahme der Kosten verweigert, obwohl Tresiba nachweislich vielen Diabetikern deutliche Verbesserungen beschert hat. Und das FreeStyle Libre? Wird nach wie vor nur vereinzelt von den Kassen bezuschusst, obwohl hier inzwischen wahrlich Erfahrungswerte vorliegen, die über alle Zweifel erhaben sind. Sollte man meinen.
War 2015 also ein schlechtes Jahr für die Diabetiker? Müssen wir uns um unsere Zukunft sorgen, weil die Krankenkassen sich noch immer sträuben, die Kosten für CGM-Systeme zu übernehmen, die uns zu einem besseren und vor allem längeren Leben verhelfen?
Es war nicht alles schlecht in 2015
Nicht unbedingt, denn schaut man einmal hinter die Kulissen, dann tut sich doch einiges. Neue Behandlungswege klingen mehr als vielversprechend, darunter zum Beispiel die Möglichkeit, T-Regs künstlich anzureichern und dem Patienten wieder zu injizieren. Das klingt ganz einfach und ist es offenbar auch – erste Versuche waren äußerst erfolgreich, die Patienten produzierten bis zu einem Jahr lang ganz normal Insulin. Oder die „Schweinezellen“, die per Mikrokapsel geschluckt werden können und das Immunsystem so austricksen, dass keine zusätzlichen Immunsuppressiva nötig sind.
Geforscht wird also viel, und Ideen gibt es mehr als genug. Aber wann können wir endlich die lästigen Diabetesbegleiter in die Tonne werfen? Wann können wir auf das Spritzen verzichten, wann wird die kontinuierliche Messung endlich zum Standard und wie lange dauert es noch, bis entgleisende Blutzuckerwerte der Vergangenheit angehören, weil sie durch selbstregulierende Systeme frühzeitig verhindert werden können?
Die Hoffnung auf eine zeitnahe Heilung verdränge ich vorerst, seit ich verstanden habe, dass es Interessengruppen gibt, die gut von uns Diabetikern und unserer Gier nach Insulin leben. Die werden sicherlich nicht an dem Ast sägen, auf dem sie sitzen, solange sie es nicht müssen. Anders ist es auch nicht zu erklären, warum Krankenkassen nach wie vor bereitwillig Teststreifen für museumsreife Messgeräte finanzieren, sich aber bei allen moderneren Methoden taub und blind stellen, obwohl deren positiver Effekt auf die Blutzuckereinstellung auf der Hand liegt. Sorry, aber die Zeiten der punktuellen Blutzuckerbestimmung mit anschließendem Raten der dazwischenliegenden Werte ist in Zeiten von Sensoren und moderner Datenübertragung nun wirklich total Neunziger.
Dennoch bin ich überzeugt davon, dass Abbott mit dem FreeStyle Libre nur den Anfang gemacht hat, wenn es um bezahlbare neue Methoden geht. Wenn hier nicht bald die Zulassung als Hilfsmittel erfolgt, dann verliere ich mein Vertrauen in den gesunden Menschenverstand. Lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, wenn ich mal spekuliere, wie lange es dann wohl noch dauert, bis Googles „Smart Lens“ von den Krankenkassen übernommen wird?
Viele klassische „Diabeteshelfer“ gehören längst ins Horrorkabinett der Vergangenheit
Wie lange muss es also noch klassische Blutzuckermessgeräte geben, die die Fingerkuppen malträtieren und nach teuren Teststreifen verlangen? Wie lange müssen wir uns noch mit umständlichen Blutzucker-Tagebuch-Apps (und für manche Krankenkassen sogar handgeschriebenen Tagebüchern) herumschlagen, wenn sämtliche Daten doch automatisiert aus den Pumpen und CGM-Systemen herausfallen, wenn man ihnen nur mitteilt, wie viele BE man zu sich nimmt? Wie lange gibt es noch einen Markt für Spritzen und Pens, die wir uns selber in den Bauch rammen müssen?
Natürlich ist klar, dass neue Entwicklungen Zeit brauchen, vor allem wenn sie den Menschen betreffen. Zum Glück ist die Zulassung medizinischer Hilfsmittel keine einfache Sache, sondern unterliegt strengen Regeln und Kriterien. Wirtschaftliche Gesichtspunkte dürfen dabei jedoch keine Rolle spielen. Neue Entwicklungen auf dem Gesundheitssektor gehören unter staatliche Kontrolle, damit die bestmögliche Versorgung keine Frage von Profit und Wachstum ist. Schließlich geht es hier in erster Linie um Menschenwohl und erst danach eventuell um die Brieftaschen der Investoren und Aktionäre.
In diesem Zusammenhang kommt mir auch ein ganz anderes Thema in den Sinn. Einerseits wünsche ich mir für die nahe Zukunft natürlich auch eine Entlastung meiner Hosen- und Jackentaschen, indem PDM und Libre-Scanner einfach wegfallen und ins Smartphone integriert werden. Andererseits melden sich an dieser Stelle zu Recht die Datenschützer, die davor warnen, dass dann eine Menge höchst privater Daten quer um den Globus geschickt wird und mutmaßlich auch bei Google oder Apple landet. Aber schon heute sammeln diese Unternehmen über Apps wie „Apple Health“ bereits fleißig Daten – und nicht wenige von uns tippen sogar freiwillig die täglich gelaufenen Schritte und ähnliche Informationen in Runtastic ein und übertreffen damit sogar die kühnsten und schwärzesten Zukunftsaussichten der Warner vor dem gläsernen Menschen. Ich für meinen Teil kann sagen: Wenn es einem besseren Leben und der perfekten Diabetes-Therapie dient, dann ist es mir egal, wo meine Daten umherschwirren. Solange es Menschen gibt, die ihr Essen fotografieren und ihre Kinder online zur Schau stellen, halte ich das sogar noch für harmlos, weil sinnvoll.
Wann kommt der Durchbruch – und wie sähe er aus?
Tja, wann kommt der Durchbruch und was ist überhaupt der Durchbruch? Sprechen wir vom endgültigen Abschied von Kanülen und Stechhilfen? Wünschen wir uns eine dauerhafte Überwachung des Blutzuckerspiegels für alle mit selbstregulierenden Gegenmaßnahmen bei Abweichungen nach oben oder unten? Oder ist der Durchbruch erst die Heilung von Diabetes durch die komplikationslose Implantierung von Inselzellen und damit der Rückkehr zu einem völlig „normalen“ Leben?
Wir wissen es nicht und vielleicht ist das auch ganz gut so. Die Hoffnung stirbt jedenfalls zuletzt und außerdem ist es doch extrem spannend, die Entwicklung zu verfolgen und sich bei allem Frust und Ärger auch über kleine Fortschritte zu freuen.
In diesem Sinne wünsche ich der gesamten Blood Sugar Lounge Community ein wunderbares Weihnachtsfest und einen tollen Übergang ins neue Jahr. Und wenn dann auch nur ein kleiner Teil unserer Träume wahr wird, dann ist schon allen Diabetikern ein wenig geholfen.
Hier kommt ihr zum ersten Teil von Christians „Motivation monatlich“: Motivation monatlich: eine Einführung
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche, 1 Tag
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike