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Die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) kann für Kinder und Jugendliche entscheidende Vorteile haben. Deshalb hat sich die Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie an höchster Stelle für die Methode eingesetzt.
In regelmäßigen Abständen kommen neue Blutzuckermessgeräte auf den Markt. Größe, Design, Form und Auslesbarkeit variieren, das Grundprinzip bleibt jedoch unverändert: Für jede Messung muss ein Blutstropfen gewonnen werden.
Glukosesensoren dagegen, die für eine kontinuierliche Messung eingesetzt werden (CGM), arbeiten mit einem mehrere Tage verwendbaren Katheter. Und diese Sensoren haben – neben der Möglichkeit, kontinuierlich zu messen – einen weiteren entscheidenden Vorteil: Es lassen sich Trends darstellen.
Die kontinuierliche Glukosemessung ist bereits seit etlichen Jahren verfügbar und wird von vielen Diabetologen als Hilfsmittel in der Diagnostik oder Therapiesteuerung eingesetzt.
Im vergangenen Jahr hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) – das höchste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen – die kontinuierliche Glukosemessung als „neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode“ (NUB) eingestuft. Um ihre Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen, wurde im Oktober 2012 ein Verfahren eingeleitet, das Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der CGM bewerten soll.
Die Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) hat dazu gemeinsam mit der Deutschen Diabetes Gesellschaft und diabetesDE im Dezember eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Die AGPD vertritt die Auffassung, dass die kontinuierliche Glukosemessung für zahlreiche Patienten im Kindes- und Jugendalter sowie deren Familien zukunftsweisend sein kann.
Derzeit werden in Deutschland Messsysteme von drei Herstellern (Medtronic, Abbott und Nintamed) angeboten. Die Geräte werden teilweise alleine oder in Kombination mit einer Insulinpumpe eingesetzt. Bei der Kombination von CGM und Pumpentherapie spricht man von einer sensorunterstützten Pumpentherapie (SUP).
Die Kosten für ein Starterset bewegen sich zwischen 1.200 und 2.000 Euro. Die Kosten für einen Sensor liegen zwischen 60 und 70 Euro. Ein Sensor kann 5 bis 7 Tage verwendet werden. Die Kosten werden bisher nur in Einzelfällen von der Krankenkasse übernommen.
Die kontinuierliche Glukosemessung erfolgt im subkutanen Gewebe. Dort wird die Glukose in der interstitiellen Flüssigkeit (Flüssigkeit zwischen den Zellen, Gewebeflüssigkeit) im Abstand von 1 bis 5 Minuten gemessen. Die Werte werden an einen tragbaren Monitor oder an die Insulinpumpe übertragen, wo sie als Kurve graphisch ablesbar sind.
Pfeile zeigen einen Blutzuckertrend an, Alarme können bei Über- oder Unterschreiten eines Grenzwertes (Hyper- und Hypoglykämiealarm) programmiert werden. Teilweise schaltet sich die Insulinpumpe ab, wenn nicht auf den Hypoglykämiealarm reagiert wird.
Nächtliche Hypoglykämien treten nicht selten unbemerkt auf und verlaufen oft prolongiert, d. h. über mehrere Stunden. Die berechtigte Angst der Eltern vor solchen (nächtlichen) Hypoglykämien führt nicht selten dazu, dass höhere Blutzuckerwerte akzeptiert oder sogar angestrebt werden, um der Gefahr einer Unterzuckerung zu entgehen. Dies führt letztendlich zu einer schlechteren Blutzuckerstoffwechsellage und höheren HbA1c-Werten.
Weil die Glukose bei der CGM in der interstitiellen Flüssigkeit und nicht im Blut gemessen wird, kann es bei raschen Änderungen des Blutzuckerspiegels zu einer gewissen Zeitverzögerung kommen, mit der entsprechende Änderungen in der Gewebeflüssigkeit wahrgenommen werden.
Patienten, die eine CGM einsetzen, müssen diesen Unterschied zwischen Blutglukose und Gewebeglukose kennen und in der Bewertung dieser Messungen gut geschult werden. Um mit der großen Menge neuer, bisher nicht sichtbarer Daten, umgehen zu können, bedarf es einer gewissen Erfahrung, wenn man diese Informationen für die Therapiesteuerung verwenden möchte.
Bei Kleinkindern, Vorschulkindern oder jungen Schulkindern liegt ein entscheidender Vorteil der kontinuierlichen Glukosemessung in der Erkennung von Hypoglykämien. Insbesondere Kleinkinder, die Hypoglykämiesymptome nicht ausreichend benennen können, können von dieser Technologie profitieren.
Bei älteren Schulkindern und Jugendlichen kann die CGM dazu dienen, starke Blutzuckerschwankungen sichtbar zu machen, um entsprechend darauf reagieren zu können und eine schlechte oder unbefriedigende Stoffwechsellage zu verbessern.
Das vom G-BA angestoßene Bewertungsverfahren ist derzeit noch offen. Es bleibt zu hoffen, dass die Erstattungsfähigkeit zumindest für bestimmte Altersgruppen oder für bestimmte Situationen anerkannt wird. Kurzfristig wäre damit für viele Betroffene und ihre Familien eine Erleichterung geschaffen und eine Perspektive im Umgang mit ihrem Diabetes aufgezeigt.
Mittel- und langfristig ist CGM ein wichtiger Baustein für die Fortentwicklung eines geschlossenen Systems (closed loop), das in seiner Funktion einer künstlichen Bauchspeicheldrüse entspricht und Blutzuckermessung sowie Insulinabgabe eigenständig steuert.
Die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) kann Kindern und Jugendlichen helfen, Hypoglykämien zu erkennen und eine bessere Stoffwechseleinstellung zu erreichen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) prüft derzeit Nutzen, Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. Die AGPD hat sich beim G-BA mit einer Stellungnahme für die CGM eingesetzt und hofft, dass die Erstattungsfähigkeit der CGM zumindest für bestimmte Altersgruppen und Situationen anerkannt wird.
von Prof. Dr. Andreas Neu
Universitätsklinikum Tübingen, für den Vorstand der AGPD
Kontakt:
E-Mail: andreas.neu@med.uni-tuebingen.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (2) Seite 18-19
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