CGM-Systeme: Lehrer fit für die neue Technik machen

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CGM-Systeme: Lehrer fit für die neue Technik machen

Wie können Lehrer von Kindern mit Diabetes an neue technologische Innovationen für das Diabetes-Management wie z.B. die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) herangeführt werden? Wichtig ist, dass mögliche Ängste vor der neuen Technik rechtzeitig abgebaut werden, schreibt Dr. Martin Holder.

CGM erleichtert den Diabetesalltag, weil dadurch eine bessere, umfassendere und vor allem einfachere Kontrolle der aktuellen Gewebezucker und damit des Stoffwechsels möglich ist. Gerade junge Kinder mit Typ-1-Diabetes benötigen häufig viele, engmaschige Kontrollen ihres Glukosewertes. Die CGM-Werte bieten mit der Information des Trendpfeils sekundenschnell, jederzeit, so oft wie gewünscht und schmerzfrei die Information, die die Betreuungsperson benötigt.

Mehr Sicherheit durch Alarmfunktion

Die Alarme können eine zusätzliche Sicherheit bieten, besonders bei Ereignissen mit gesteigerter Aktivität und beim Sport. Wird eine sensorintegrierte Pumpentherapie mit vorausschauender Insulinabschaltung bei drohender Unterzuckerung (SmartGuard) angewendet, schützt diese neue Technik nachweislich vor Unterzuckerungen, vor allem vor schweren Unterzuckerungen. Somit kann CGM den täglichen Umgang mit einem Kind mit Typ-1-Diabetes für den betreuenden Lehrer/Lehrerin erleichtern und Sicherheit im Alltag ermöglichen.

Vorbereitung für den Start ins Schulleben am Olgahospital in Stuttgart

Der Start in die Schule ist für Kinder mit Typ-1-Diabetes und ihre Eltern eine besondere Herausforderung. Um Schwierigkeiten und Probleme bei diesem wichtigen Lebensabschnitt möglichst zu vermeiden, werden Kinder mit Typ-1-Diabetes und ihre Eltern bei uns am Olgahospital in Stuttgart rechtzeitig über wichtige Schritte für einen erfolgreichen Start ins Schulleben informiert und mit praktischen Tipps versorgt.

Wenige Wochen vor der Einschulung werden alle Eltern mit in die Schule kommenden Kindern von uns zu einem ausführlichen Informationsnachmittag eingeladen. Alle für einen erfolgreichen Start relevanten Informationen werden dabei mit den Eltern besprochen und die Kinder zeitgleich „fit für die Schule“ gemacht. Zusätzlich findet jedes Jahr in der ersten Schulwoche eine überregionale Fortbildung am Olgahospital für alle Lehrerinnen und Lehrer statt, die in ihrer Klasse ein neues Kind mit Typ-1-Diabetes betreuen. Organisiert wird diese Info-Veranstaltung von unserem Diabetes-Team in Zusammenarbeit mit der Fritz-Nuss-Schule (Klinikschule Stuttgart).

In den letzten Jahren hat sich die Therapie der Kleinkinder mit Typ-1-Diabetes durch die Diabetes-Technologie doch erheblich verändert. Die Mehrzahl führt eine intensivierte Insulintherapie überwiegend mit einer Insulinpumpe durch. Immer häufiger ist diese intensivierte Therapie mit einer kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) kombiniert. Dadurch entstehen neue Aufgaben und Herausforderungen für Kinder und Eltern, aber auch für die betreuenden Lehrer beim Start in den Schulalltag. Auf was sollte also geachtet werden, wenn Kinder mit Typ-1-Diabetes und CGM in die Schule kommen bzw. bereits in der Schule sind?

Diese Fragen möchten wir in diesem Beitrag aus unterschiedlichen Blickwinkeln so gut wie möglich beantworten. Zu Wort kommen aus unserem Team Ulrike Blank, Diabetesberaterin, Christine Jung, Lehrerin an der Klinikschule, und Dr. Martin Holder, Leiter des Diabeteszentrums am Olgahospital. Alle drei verfügen über jahrelange Erfahrung im Umgang mit Kindern mit Typ-1-Diabetes und deren Betreuung, speziell auch beim Start in die Schule bzw. im Schulalltag.

das Team des Diabeteszentrums am Olgahospital Stuttgart

Realistische Vorgaben für Lehrer

Wichtig dafür ist, dass mögliche Ängste vor der neuen Technik rechtzeitig abgebaut werden. Deshalb sind eine umfassende Einführung und Information über die neue Technologie, deren Vor- und Nachteile und praktische Möglichkeiten im Alltag unbedingt erforderlich. Um einen möglichst reibungslosen Schulablauf trotz neuester Technik zu garantieren, sind realistische Vorgaben für den betreuenden Lehrer einzuhalten.

Die Alarme sollten nicht zu engmaschig eingestellt werden, das Vorgehen beim Auftreten von Alarmen gemeinsam und eindeutig besprochen werden und der Umgang mit dem Smartphone als mögliches Empfangsgerät der Gewebezuckerwerte (CGM-Werte) im Vorfeld abgeklärt werden. Bei derzeit zwei rtCGM-Systemen gibt es die Möglichkeit, mit Hilfe der Follower-Funktion weiteren Personen, in der Regel den Eltern, die Werte synchron zu übermitteln. Auch hier sollte im Vorfeld klar besprochen werden, wie das Vorgehen bei auffälligen Glukosewerten des Kindes erfolgen soll.

Info-Blatt zum Umgang mit CGM

Deswegen erhalten die Lehrer von uns in Absprache mit den Eltern ein Informationsblatt mit einer kurzen Erläuterung zu den wichtigsten aktuellen CGM-Systemen, den wichtigsten Vorgaben zu Alarmen und CGM-Werten und über mögliche Fehlerquellen (siehe folgenden Kasten). Wichtig ist, dass CGM-Werte immer blutig (kapillär) kontrolliert werden müssen, wenn sie unter 80 bzw. über 300 mg/dl (4,4 und 16,7 mmol/l) liegen, um mögliche Therapiefehler bei zu starken Differenzen zwischen den beiden Messsystemen zu vermeiden. Dazu ist erforderlich, dass die Schulkinder trotz CGM immer noch kapillär, d. h. blutig ihren Blutzucker messen können.

Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes und kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) – Umgang in der Schule

Klinikum Stuttgart, Olgahospital Ltd. OA Dr. M. Holder für das Diabetes-Team

CGM-Systeme

Folgende CGM-Systeme werden derzeit von unseren Patienten getragen:

  • FreeStyle Libre von Abbott (CGM ohne Alarmfunktionen, ab 2019 mit Alarmfunktionen)
  • Real-time rt-CGM System Dexcom G5 (ab Oktober 2018 Dexcom G6)
  • Real-time rt-CGM-System (Enlite) von Medtronic

Die beiden rt-CGM-Systeme haben Alarmfunktionen bei Hypo- oder Hyperglykämie (Standardeinstellung: Hypo < 80; Hyper > 250 mg/dl, kann aber individuell verschieden sein). Das Medtronic rt-CGM System kann mit der dazu gehörenden Insulinpumpe MiniMed 640 G interagieren, z. B. vorausschauende Insulinabschaltung bei drohender Hypoglykämie (SmartGuard™-Funktion).

Vorgehen bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes und CGM-Systemen in der Schule

Grundlagen:

  • Kapillärer Blutzucker (BZ): gemessen mit den bisherigen Blutzuckermessgeräten
  • Gewebezucker: gemessen mit den CGM-Systemen (Sensorwert). Der Lehrer/in / Betreuer/in sollte von den Eltern informiert werden, dass ihr Kind ein CGM-System trägt und mit den angezeigten Werten und Alarmen umgehen kann. Benutzt das Kind oder der Jugendliche ein Smartphone als Empfänger für seine CGM-Werte, sollte dessen Gebrauch während der Schulzeit im Vorfeld mit dem Lehrer/in abgeklärt werden.
  • Grundsätzlich gilt: Gewebezuckerwerte (CGM-Werte) müssen immer blutig (kapillär) kontrolliert werden, wenn sie < 80 bzw. > 300 sind, um Therapiefehler bei zu starken Differenzen zwischen den beiden Messsystemen zu vermeiden. Ebenfalls sollte immer kapillär gemessen werden, wenn das CGM-System nicht richtig ableitet (unterbrochene Anzeige der Sensorwerte, zu große Differenzen zwischen Gewebezucker und Blutzuckerwert, Störalarme).
    Keine CGM-Messungen bei Fieber und regelmäßiger Einnahme von Paracetamol.

Mögliche Fehlerquellen für eine ungenaue Messung des Gewebszuckers

Kalibrierung zu einem ungeeigneten Zeitpunkt, wenn sich der Blutzucker- und Gewebezuckerwert deutlich unterscheiden, z. B. direkt nach dem Essen, bei Aufregung etc. Wenn die Messung des Gewebezuckers im Unterhautfettgewebe gestört ist, z. B. beim Draufsetzen bzw. nächtlichem Drauflegen auf den Sensor, sichtbar im Display bei Unterbrechungen der Sensorkurve bzw. anhaltendem Fehlen des Trendpfeiles.

Weitere Informationen über CGM finden sie und mögliche Betreuer und Betreuerinnen ihres Kindes z. B. auf der Seite der Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Diabetologie (AGPD). Dort kann kostenlos das Modul 0 (Informationsmodul) des Schulungs- und Behandlungsprogrammes SPECTRUM für CGM heruntergeladen werden.

Schwerpunkt „CGM in der Schule“


von Dr. Martin Holder

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 10 (4) Seite 12-13

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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