DAS LEBEN IM ZENTRUM FÜR JUGENDLICHE DIABETIKER LÜDENSCHEID – TEIL #6

3 Minuten

Community-Beitrag
DAS LEBEN IM ZENTRUM FÜR JUGENDLICHE DIABETIKER LÜDENSCHEID – TEIL #6

In den letzten Beiträgen dieser Kolumne habe ich viel von dem Leben in Zentrum erzählt – quasi über alles, was sich dort abspielt, während man dort lebt. Die meisten, die ins Zentrum für jugendliche Diabetiker ziehen, sind minderjährig und wohnen deshalb zunächst immer in einer Wohngruppe. So kann man sich eingewöhnen, sich mit Betreuern, Regeln und neuem Umfeld vertraut machen und langsam einleben.

Auf eigenen Beinen stehen

Irgendwann wird es aber Zeit, mehr und mehr auf eigenen Beinen zu stehen. Auch das passiert im Zentrum schrittweise – solange der Bewohner das auch selbst will. Viele Bewohner verlassen das Zentrum direkt von der Wohngruppe aus und gehen zurück nach Hause oder ziehen selbstständig in eine eigene Wohnung. Letzteres kann aber auch unter der Betreuung des Zentrums passieren.

So bin auch ich nach 2,5 Jahren aus der Wohngruppe in eine eigene Wohnung gezogen und habe dort die letzten 1,5 Jahre meiner Zeit im Zentrum für jugendliche Diabetiker verbracht. Die Möglichkeit, selbstständig in einer eigenen Wohnung zu wohnen, muss man sich „erarbeiten“ und sich, den Betreuern und dem Jugendamt beweisen, dass man fähig ist, selbstständig zu leben. Das bedeutet vor allem, dass man beweisen muss, in der Lage zu sein, seine Mahlzeiten planen und dafür einkaufen zu können, pünktlich und zuverlässig zu sein und sich an Absprachen zu halten.

Dann stehen Farben, Böden und Möbel auf der Kauf- und Wunschliste

Schafft man es, diesen Willen in der Wohngruppe zu zeigen und fühlt sich selbst bereit für eine eigene Wohnung, steht der Wohnungssuche nach dem „Okay“ des Jugendamts (falls es der Kostenträger ist) nichts mehr im Weg. Denn auch das gehört zum „Abnabeln“ dazu: eine Wohnung zu finden. Natürlich unterstützen die Betreuer, wo sie können – sie vereinbaren Besichtigungstermine, führen Gespräche mit den Vermietern und schauen sich die Wohnung auch selbst mit an.

Fotolia. com - Maksym-Yemelyanov
Fotolia. com – Maksym-Yemelyanov

Dann heißt es: Farben und Böden aussuchen, eventuell Möbel kaufen oder sich am riesigen Fundus des Zentrums bedienen. Die Kosten dafür werden meistens durch das Erstausstattungsgeld beglichen. Bisher musste aber auch noch niemand auf dem nackten Boden schlafen 😉 Schließlich wollte natürlich auch die Liste der Grundausstattung abgearbeitet werden: Töpfe, Pfannen, Messer, Bettwäsche und Handtücher sah ich ja noch ein…aber Vorhänge, Pflanzen und Deko? Nun gut, ich ließ mich überreden und so starb eine kleine Yuccapalme die nächsten 1,5 Jahre jämmerlich vor sich hin – während Caro, meine Partnerin, sich damals bei dem ersten Blick in meine Wohnung innerlich verkrampfte… Ein einzelnes Windlicht in der Ecke stellte ihr weibliches Bedürfnis nach „liebevollen Elementen“ merkwürdigerweise nicht zufrieden. Mittlerweile sind in unsere gemeinsame Wohnung übrigens dutzende Dekogläser, Teelichter, Bilderrahmen und (Kunst)Pflanzen eingezogen – den grünen Daumen haben wir nämlich beide nicht geerbt.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Zurück zum Leben in der eigenen Wohnung: Hat man sich nach dem Auszug einigermaßen zurechtgefunden, stehen natürlich dennoch Pflichten an. Hin und wieder wurden meine Blutzuckerwerte angefragt – Hatte ich gemessen? Waren die Werte okay?

Wie auch in der Wohngruppe ist es auch in einer eigenen Wohnung üblich, von einem Bezugsbetreuer betreut zu werden. Dafür sind ambulante Termine Pflicht. Im Klartext heißt das: Hin und wieder gab es kurze Besuche, um zu schauen, ob man bereits in knietiefen Müllbergen haust und von den Flusen unter dem Kühlschrank lebt oder ob man wirklich zurechtkommt. Grade in der Anfangszeit wird das gemeinsame Einkaufen mit dem Betreuer immer wieder gerne angeboten. Während der Termine (in der Regel 2 Mal die Woche) werden wichtige Dinge besprochen. Dazu gehören natürlich die Blutzuckereinstellung, das Zurechtkommen in der Wohnung und in der Schule, anstehende Termine in der Diabetespraxis oder mit dem Jugendamt und generell alles, was irgendwie Anlass zu Gesprächen gab.

24-Stunden-Service

Zu den Aufgaben der Betreuer gehört es auch, 24 Stunden am Tag erreichbar zu sein. Grade, wenn man krank wird, ist der Bezugsbetreuer immer schnell zur Stelle und bringt Medikamente vorbei oder erledigt die Einkäufe – denn manchmal hält einen der simpelste Infekt ans Bett gefesselt.

Auch bei einer drohenden Ketoazidose ist der Betreuer immer in Bereitschaft. Meine letzte Ketoazidose „durfte“ ich während meiner Zeit in der eigenen Wohnung durchmachen. Als langjähriger Diabetiker merkt man schnell, wenn etwas nicht stimmt. Ein über Nacht abgeknickter Katheter bescherte mir am nächsten Morgen schwindelerregend hohe Blutzuckerwerte und natürlich Ketone. Meine Bezugsbetreuerin und ich blieben im permanenten Kontakt – bis ich selbst zugeben musste, dass ich es allein nicht schaffen würde. Und so blieb mir auch der Krankenwagen erspart – das „Betreuertaxi“ stand innerhalb weniger Minuten vor meiner Haustür und meine Betreuerin und ich fuhren ins nächstgelegene Krankenhaus.

Der Kontakt bleibt bestehen

Ihr seht: Auch wenn man alleine wohnt – eigentlich ist man immer im Kontakt mit dem Zentrum. Die Betreuer können ihre Schützlinge schnell einsortieren und wissen deshalb auch schnell, wenn etwas nicht zu stimmen scheint. Regelmäßiger Kontakt wird großgeschrieben und sehr ernst genommen – davon profitieren Betreuer wie Bewohner (auch wenn man das als junger Mensch auf dem Weg zur Selbstständigkeit nicht immer gern so sieht 😉 ).

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Zurück aus der Sommerpause: Umzug und Masken bei Ikea (Podcast)

Katharina und Lisa sind mit der ersten Podcast-Folge nach der Sommerpause zurück. Was war bei ihnen los im Sommer, Diabetesmäßig und auch privat?

< 1 minute

Community-Beitrag

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

Verbände