Ein Idealfall – und sein Gegenteil

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Community-Beitrag
Ein Idealfall – und sein Gegenteil

Probleme in der Schule wegen Diabetes? In jüngster Vergangenheit hat ein besonders spektakulärer Fall aus Bayern Schlagzeilen gemacht, als ein Mädchen wegen ihrer Erkrankung sogar von der Regelschule ausgeschlossen wurde. Luca und seine Familie haben zum Glück ganz andere Erfahungen gemacht – und eine klare Empfehlung für andere Betroffene.

Von wegen Inklusion: “Schule schließt zuckerkrankes Kind aus”, betitelte jüngst der Bayerische Rundfunk einen Beitrag und berichtete über ein Mädchen (8), das die dritte Klasse der Grundschule verlassen musste, weil sich eine Lehrerin geweigert hatte, das Kind beim Diabetes-Management zu unterstützen.

Luca und ich haben darüber den Kopf geschüttelt und uns gefragt, wo Schule und/oder Lehrerin ein Problem sehen? Und wir haben uns darüber unterhalten, wie Lucas Umfeld in den vergangenen neun Jahren mit seiner Diabetes-Erkrankung umgegangen ist. Fazit: positiv!

Verbote oder Ausgrenzungen gab es im Kindergarten für Luca nicht

“Gehen Sie offen und ehrlich mit dem Thema Diabetes um – verheimlichen bringt nichts.” Diese Worte gab uns seinerzeit Lucas Arzt mit auf den Heimweg, kurz bevor unser Sohn nach Manifestation und erster Blutzuckereinstellung aus dem Krankenhaus entlassen wurde.

Wir ahnten damals nicht, dass wir bereits wenige Wochen danach auf eine erste Probegestellt werden würden: Die erste Kindergartenübernachtung stand bevor. Luca, damals vier Jahre alt, freute sich sehr darauf. Die Kindergartenleitung hingegen hatte Sorge und wollte uns Lucas Teilnahme ausreden.

Wir blieben jedoch standhaft – Luca nahm an der Übernachtung teil und war sehr glücklich. Im Kindergarten zeigte man sich ebenfalls erfreut darüber, dass alles glatt lief und ging danach offen mit dem Thema und sehr nett mit unserem Sohn um. Verbote, die sich auf Lucas Handicap stützten, gab es nicht, von Ausgrenzungen ganz zu schweigen.

Lucas Grundschule: Paradebeispiel für idealen Umgang mit Diabetes

Die ersten beiden Schuljahre waren ein Paradebeispiel dafür, wie Schulen mit dem Thema im Idealfall umgehen: Lucas erste Lehrerin war sehr hilfsbereit, motivierend und konsequent. Man musste sie nicht bitten, an einer Diabetesschulung teilzunehmen – sie tat es freiwillig. Sie animierte Luca zum Messen oder erinnerte ihn daran, falls er nicht daran dachte.

Die Klassen 3 und 4 verliefen ebenso problemlos. “An was ich mich noch sehr gut erinnere, sind die Dauerläufe durchs Schulhaus mit einem Schulkameraden, der immer mitlief”, sagte Luca und lachte.

Hintergrund: Lucas neue Lehrerin hatte sich im Auftaktgespräch vor allem eines gemerkt: Sport senkt im Normalfall den Blutzucker! Lag Lucas Wert während des Unterrichts bei 200 mg/dl (11,1 mmol/l) oder darüber, schickte sie ihn mit einem “Aufpasser” sofort los zum Dauerlauf durchs Schulhaus. Den Kindern in Lucas Klasse gefiel das sehr, manchen Lehrern im Gebäude überhaupt nicht – sie fühlten sich von dem außerplanmäßigen Getrampel manchmal gestört.

Offener und transparenter Umgang mit dem Diabetes hat sich bewährt

Von Lucas Diabetes-Management gestört fühlt sich bis heute niemand. “Warum auch, es wissen alle Bescheid. Wer neugierig ist, darf auch gerne nachfragen”, so Luca. “Neulich wollte ein Fußballkamerad von mir wissen, ob er auch mal messen darf. Ein anderer sah mich beim Spritzen und sagte: Aha, schaut her, der Luca dopt sich mal wieder, kein Wunder, dass der so gut ist!”, erzählte mein Sohn grinsend.

Die offene und transparente Art und Weise wie Luca und wir als Familie mit dem Thema umgegangen sind, war und ist gut. Dies sollte sich Luca beibehalten, ganz gleich, wie sein Umfeld reagiert.
Offen und ehrlich sein und nichts verheimlichen, empfahl uns einst Lucas Arzt. Er hatte recht!


von Michael Denkinger
Michael Denkinger (46) lebt mit seiner Familie in Memmingen und hat drei Kinder. Er ist Inhaber der PR-Agentur Denkinger Kommunikation.

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2017; 10 (1) Seite 32

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • sveastine antwortete vor 1 Woche

      @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • mayhe antwortete vor 1 Woche

      Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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