Nachgefragt | Recht: Im Vorstellungsgespräch den Diabetes angeben?

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Nachgefragt | Recht: Im Vorstellungsgespräch den Diabetes angeben?

Sie haben rechtliche oder soziale Fragen bezüglich Kindern und Jugendlichen mit Diabetes? Unser Rechts-Experte Oliver Ebert gibt Ihnen in der Diabetes-Eltern-Journal-Rubrik Nachgefragt Antwort.

Die Frage

Unsere Tochter Michaela (16 Jahre, Insulinpumpe) möchte sich bald um einen Ausbildungsplatz als Bankkauffrau bewerben. Allerdings hat sie einen Schwerbehindertenausweis. Nun sind wir unsicher, wie sie sich in den Vorstellungsgesprächen verhalten soll.

Im Internet bzw. in Vorträgen höre ich unterschiedliche Meinungen: Manche sagen, sie müsse den Diabetes angeben, andere sehen aufgrund eines aktuellen Urteils nur eine Mitteilungspflicht für den Ausweis. Wieder andere behaupten, man müsse beides nur auf Nachfrage angeben. Was stimmt denn nun?

Petra H.

Die Antwort von Oliver Ebert

Es stimmt, dass zu Rechtsthemen viele unterschiedliche Informationen verbreitet werden. Manches liest sich sehr überzeugend, obwohl es aus fachlicher Sicht absoluter Unsinn ist. So auch hier: Alle genannten Antworten sind falsch!

Keine Verpflichtung!

Es gibt keine Verpflichtung, Diabetes oder Schwerbehindertenausweis unaufgefordert mitzuteilen. Und selbst wenn der Arbeitgeber fragt, darf man meist eine unwahre Antwort geben: Pauschale Fragen nach Erkrankungen sind im Bewerbungsgespräch grundsätzlich unzulässig und müssen nicht wahrheitsgemäß beantwortet werden. Eine Ausnahme gilt (nur), wenn durch die Krankheit ein erhebliches Risiko für sich oder andere besteht, das sich auch durch Arbeitsschutzmaßnahmen nicht genügend reduzieren lässt.

Auch ist die Frage zulässig, wenn die Krankheit eine Ausübung der Tätigkeit gar nicht erst zulassen würde. Im Ergebnis besteht also vor allem bei ansteckenden Krankheiten mit erheblichem Ansteckungs- und Gefährdungspotential Auskunftspflicht.

All dies ist bei Diabetes nur sehr selten der Fall. Eine Offenbarungspflicht bestünde nur dann, wenn man sicher weiß, dass die gewünschte Tätigkeit aufgrund des Diabetes nicht ausgeübt werden kann. Für die Bankausbildung spielt der Diabetes keine Rolle und muss nicht mitgeteilt werden.

Nach Schwerbehinderung darf nicht mehr gefragt werden

Die Frage nach der Schwerbehinderung war früher zulässig und musste grundsätzlich wahrheitsgemäß beantwortet werden, auch wenn es für die Stelle nicht relevant war. Heute jedoch ist jegliche Diskriminierung eines Arbeitnehmers wegen einer Behinderung ausdrücklich untersagt (nach europäischer Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG, Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und der Neufassung des § 81 Abs II SGB IX).

Eine neuere Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (16. Februar 2012, Az. 6 AZR 553/10) bestätigt dies: Das Gericht sieht dort eine Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung grundsätzlich (nur) im bestehenden Arbeitsverhältnis und erst nach der Probezeit für zulässig an. Denn erst dann greift der gesetzliche Schutz, der sicherstellt, dass Schwerbehinderte nicht benachteiligt werden.

Also, klare Antwort: Weder der Diabetes noch der Schwerbehindertenausweis müssen mitgeteilt werden.


von Rechtsanwalt Oliver Ebert

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (1) Seite 31

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  • Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

    • @bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
      Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
      Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).

  • loredana postete ein Update vor 1 Woche

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

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