Nachgefragt | Recht: Ratschläge von medizinischen Laien – was ist erlaubt?

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Nachgefragt | Recht: Ratschläge von medizinischen Laien – was ist erlaubt?

Sie haben rechtliche oder soziale Fragen bezüglich Kindern und Jugendlichen mit Diabetes? Unser Rechts-Experte Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik Nachgefragt Antwort.

Die Frage

Aufgrund der Diabeteserkrankung unserer Tochter Pia haben meine Frau und ich eine Selbsthilfegruppe gegründet. Wir treffen uns regelmäßig und teilen auch per Internet bzw. Facebook unsere Erfahrungen, beispielsweise zur Pumpentherapie und zu Hilfsmitteln. Fragen zu Schwerbehinderung und Kostenerstattung werden bei uns genauso beantwortet wie Anfragen nach einem „guten Diabetologen“ oder dem „besten Messgerät“.

Nun hat mir neulich jemand gesagt, dass das so gar nicht zulässig sei, denn wir seien keine Ärzte. Wenn etwas passiere, dann würden wir persönlich haften. Das hat mich natürlich etwas erschreckt – müssen wir uns da wirklich Sorgen machen?

Peter M.

Die Antwort von Oliver Ebert

Die Bedenken scheinen mir hier etwas übertrieben. Dennoch sollte man die Problematik nicht ganz auf die leichte Schulter nehmen. Denn was passiert, wenn jemand von Ihnen eine Auskunft erhält, die sich für die konkrete Situation als falsch herausstellt, und der Betreffende erleidet einen Schaden? Wo endet ein noch zulässiger, unproblematischer Meinungsaustausch und beginnt eine haftungsrelevante und möglicherweise rechtswidrige Beratung?

Kostenlos oder gegen Entgelt?

Entsprechend der gesetzlichen Vorgabe (§ 675 II BGB) ist davon auszugehen, dass grundsätzlich niemand dafür haftet, wenn er einem anderen im Gespräch lediglich einen kostenlosen „Tipp“ oder Ratschlag aus eigener Erfahrung gibt. Hiervon umfasst sind daher auch sämtliche privaten Unterhaltungen und Gespräche im Rahmen von Selbsthilfegruppentreffen oder Diabetesveranstaltungen. Dies gilt aber dann nicht, wenn man für die Beratungsleistung ein Entgelt verlangt.

Auch darf die Beratung an sich nicht gegen bestehende Gesetze und Bestimmungen verstoßen. Beispielsweise dürfen Laien keine Beratungstätigkeiten vornehmen, die durch Gesetz ausschließlich Ärzten oder Anwälten vorbehalten sind. Wer Diagnosen stellt oder gar medizinische „Behandlungen“ durchführt, ohne Arzt zu sein, der ist recht schnell in einer Haftung. Problematisch sind daher insbesondere vermeintlich gut gemeinte „Ratschläge“, eine vom Arzt verordnete Medikamentendosis, Insulinmenge oder den bestehenden Spritzplan eigenmächtig abzuändern.

Eine Haftung – selbst bei unentgeltlicher Beratung – droht auch dann, wenn der Auskunftgeber über ein überlegenes Sachwissen verfügt bzw. eine überragende Vertrauensstellung genießt. Denn der Ratsuchende wird womöglich vorbehaltlos auf die erhaltenen Angaben vertrauen. Problematisch wird dies vor allem bei finanziellen Fragen – so haben Gerichte schon entschieden, dass z. B. bei Aktien- oder Anlageempfehlungen auch bei kostenlosen Ratschlägen unter Umständen eine Haftung begründet werden kann.

Überträgt man dies auf Selbsthilfegruppen, so könnte dort zumindest dann ein Haftungsrisiko bestehen, wenn im Rahmen einer öffentlichen „Sprechstunde“ oder über ein Beratungstelefon Auskünfte erteilt werden. Hier werden die Betroffenen nämlich selbstverständlich davon ausgehen, dass die Auskunft aus kompetentem Mund erfolgt und auch richtig sein wird.

Der Ratgeber muss sich sicher sein

Um ein Haftungsrisiko im Rahmen solcher Beratungsangebote zu vermeiden, muss also unbedingt sichergestellt werden, dass die Auskünfte gewissenhaft und richtig erteilt werden. Wenn eine Frage nicht sicher beantwortet werden kann, sollte man dies auch mitteilen; keinesfalls darf eine Auskunft nur „ins Blaue hinein“ erteilt werden. Auch ist es verboten, die sog. Heilkunde berufsmäßig auszuüben, ohne im Besitz einer Zulassung dafür zu sein. Unter Heilkunde versteht man dabei jede „Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen“.

Eine berufsmäßige Ausübung der Heilkunde wird bereits angenommen, wenn entsprechende Maßnahmen ständig und in gleicher Art und Weise ausgeführt und dadurch zu einer – wenn auch nicht notwendig dauernden – wiederkehrenden Beschäftigung gemacht werden. Die Beurteilung, ob eine berufsmäßige – und damit erlaubnispflichtige – Ausübung der Heilkunde vorliegt, hängt dabei nicht von finanziellen Aspekten ab!

Selbstverständlich kann aber allgemein über Therapiemöglichkeiten wie auch individuelle Erfahrungen berichtet und informiert werden. Auch darf man mitteilen, wenn man positive oder negative Erfahrungen mit einem Arzt gemacht hat. Ich rate aber dringend davon ab, konkrete Diagnosen zu stellen (oder zu vermuten) bzw. Behandlungen vorzuschlagen.

Tipps wie „Spritzen Sie doch morgens zwei Einheiten mehr!“ oder: „Sie sollten dringend auf Pumpentherapie umsteigen!“ mögen im Einzelfall womöglich durchaus richtig sein – im Rahmen einer von medizinischen Laien angebotenen Beratung haben solche Vorschläge aber nichts verloren! Werden Beratungssprechstunden oder Telefonberatungen angeboten, so sollten dort keine konkreten medizinische Fragestellungen behandelt werden.

Zur Sicherheit sollte man immer ausdrücklich darauf hinweisen, dass keinerlei Gewähr für die Richtigkeit der Auskunft übernommen wird. Der Ratsuchende muss sich bewusst sein, dass die Auskunft von einem Laien stammt. Ein ausdrücklicher Hinweis schadet ebenfalls nicht, dass der Ratsuchende sich zusätzlich beim Arzt bzw. Diabetesteam, beim Anwalt oder Steuerberater informieren soll.


von Rechtsanwalt Oliver Ebert

Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2019; 11 (3) Seite 18-19

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • darktear antwortete vor 2 Wochen

      Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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