- Eltern und Kind
Nachgefragt | Recht: Warum wurde unser CGM-Antrag abgelehnt?
3 Minuten
Sie haben rechtliche oder soziale Fragen bezüglich Kindern und Jugendlichen mit Diabetes? Unser Rechts-Experte Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik Nachgefragt Antwort.
Die Frage
Mit Freude haben wir mitbekommen, dass CGM-Systeme nun endlich Kassenleistung sind. Unser Leon (13 Jahre alt, behandelt mit ICT) braucht es dringend; er ist schon ein paarmal mit Unterzuckerungen umgefallen. Unser Arzt hat daher gleich ein Rezept für ein “Hilfsmittel” ausgestellt und dort ausdrücklich vermerkt, dass das CGM-System medizinisch notwendig ist, u. a. wegen “unzureichender bzw. gestörter Fähigkeit zur Wahrnehmung von Hypoglykämien”.
Wir haben das Rezept Anfang September eingereicht. Gestern hat uns nun die Krankenkasse angerufen und mitgeteilt, dass sie das CGM-System nicht erstatten würden; wir sollen den Antrag doch zurücknehmen. Ohnehin würde ein Rezept nicht ausreichen, man müsse solche Anträge ausführlich begründen. Was können wir hier machen? Es steht uns doch ein solches System zu?
Familie Z.
Die Antwort von Oliver Ebert
Zunächst einmal die gute Nachricht: Es ist in der Tat so, dass CGM-Systeme spätestens seit Anfang September von der Krankenkasse übernommen werden dürfen. (Achtung: Dies gilt nicht automatisch für private Krankenversicherungen!) Dies heißt allerdings nicht, dass jeder Patient ein solches System bekommt. Ein Anspruch auf Versorgung besteht nur dann, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen und nachgewiesen werden können:
- Behandlung mit intensivierter Insulintherapie (ICT, FIT) oder Insulinpumpentherapie (CSII).
- Die individuellen Therapieziele können ohne CGM nicht erreicht werden.
- Die Verordnung/Durchführung darf nur durch Fachärzte mit dia-
betologischer Qualifikation erfolgen (z.B. Facharzt für Innere Medizin, Diabetologe). - Es muss eine umfassende Dokumentation des bisherigen Behandlungsverlaufs vorliegen.
- Der Patient muss umfassend geschult sein.
- Das System muss als “Realtime”-CGM zugelassen sein und anhand einer Alarmfunktion mit individuell einstellbaren Grenzwerten vor dem Erreichen zu hoher oder zu niedriger Glukosewerte warnen können.
- Der Patient muss das CGM-System entsprechend dem Therapiezweck nutzen können, ohne dass er dazu seine Werte einem Dritten (vor allem dem Hersteller) zugänglich machen muss.
Es wird daher wohl nicht ausreichen, nur ein Rezept vorzulegen. Vielmehr wird man schon einen ausführlich begründeten Antrag einreichen müssen, in dem die genannten Voraussetzungen nachgewiesen bzw. die Notwendigkeit vom Arzt begründet werden. Dazu sollte man auch möglichst ausführliche Aufzeichnungen (z. B. Blutzuckertagebuch, Computerausdrucke) vorlegen, aus denen sich ergibt, dass man mit den Selbstmessungen nicht klarkommt bzw. sie nicht ausreichen.
Antrag keinesfalls zurücknehmen!
Selbstverständlich sollten Sie den Antrag aber keinesfalls zurücknehmen, sondern auf einen Bescheid der Krankenkasse bestehen. Zusätzlich sollten Sie schnellstmöglich noch eine ausführliche Begründung Ihres Arztes nachreichen. Wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnt, können Sie innerhalb eines Monats hiergegen Widerspruch einlegen. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, können Sie innerhalb eines weiteren Monats Klage vor dem Sozialgericht erheben. Da sich die Genehmigungsverfahren hinziehen können, ist es in dringenden Fällen auch möglich, vor dem Sozialgericht eine vorläufige Regelung zu erwirken.
Es handelt es sich bei den Rechtsmitteln aber um juristisch komplexe und nicht einfache Vorgänge, bei denen man als Laie schnell Fehler machen kann. Spätestens wenn der Antrag abgelehnt wird, sollten Sie daher einen spezialisierten Anwalt (“Fachanwalt für Sozialrecht”) beauftragen; Adressen gibt es bei der für Ihren Landkreis zuständigen Anwaltskammer (Infos auch über www.brak.de).
Rechtsberatungsschein beantragen, wenn das Geld fehlt
Wer nur wenig Geld hat, kann beim zuständigen Amtsgericht (“Beratungshilfestelle”) einen Rechtsberatungsschein beantragen. Damit kann man einen Anwalt seiner Wahl mit dem Widerspruch beauftragen und muss nur einen Eigenanteil von 15 Euro bezahlen. Die Krankenkasse hat über einen Antrag zügig zu entscheiden, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang. Wenn eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, verlängert sich die Frist auf fünf Wochen. Sofern die Kasse diese Fristen nicht einhalten kann, muss sie dies schriftlich begründen, eine telefonische Auskunft reicht nicht aus.
Macht sie das nicht bzw. gibt es keinen hinreichenden Grund, dann gilt der Antrag nach Ablauf der Frist als genehmigt. In Ihrem Fall dürften diese Fristen nun bereits verstrichen sein. Verweisen Sie die Krankenkasse unter Hinweis auf § 13 Abs. 3a SGB V darauf, dass der Antrag zwischenzeitlich als genehmigt gelten muss.
Wenn die Krankenkasse Ihren Antrag trotzdem ablehnt, sollten Sie umgehend Widerspruch einlegen. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, empfiehlt es sich, einen Anwalt hinzuzuziehen.
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2016; 9 (4) Seite 22-23
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 6 Tagen, 3 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 6 Tagen, 2 Stunden
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 5 Tagen, 7 Stunden
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 5 Tagen, 2 Stunden
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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