„O Gott, das arme Kind!“

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„O Gott, das arme Kind!“

Inspiriert durch ältere Beiträge, in denen Geschwister, Freunde oder Eltern interviewt wurden, kam mir die Idee, mal meine Eltern zu interviewen. Außerdem war ich letztens, als ich bei meinen Eltern war, am überlegen, worüber ich bei der Storytime schreiben möchte, und da schlug meine Mutter vor, dass sie ja ein wenig was erzählen kann. Daher habe ich heute also ein Interview mit meinen Eltern für euch. Es geht um mehr als nur die Zeit direkt nach der Diagnose und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich beim Lesen sehr gerührt war.

1. Wie habt ihr damals gemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmt? Wie hatte ich mich verändert?

Mama: Du warst damals auf einmal sehr empfindlich und weinerlich. Wir haben uns gefragt: Wo ist plötzlich unsere fröhliche Antonia hin?

Papa: Du hast sehr viel getrunken und stark abgenommen.

Quelle: privat

2. Was waren eure ersten Gedanken nach der Diagnose?

Mama: Das Leben ist unfair. Warum wird deines schon so früh (mit 6 Jahren) für immer eingeschränkt? Wieso hat es nicht mich an deiner Stelle getroffen?

Papa: Es ist nicht schön und dadurch gab es eine große Umstellung in unserem Leben, aber mit dieser Krankheit kann man alt werden – wenn man ein paar Regeln befolgt.

3. Wie habt ihr euch damals bei der Diagnose gefühlt?

Mama: Ich war erst sehr traurig, denn ich habe mir für dich natürlich eine unbeschwertere Kindheit gewünscht. Anfangs fühlte ich mich sehr unter Druck gesetzt, denn ich wollte ja keine Fehler machen bei deiner Behandlung wie zum Beispiel der Insulingabe, Essensberechnung usw. Mit der Zeit wurde es allerdings alles zur Routine.

Papa: Ein wenig hilflos und ich habe mich gefragt: Was kommt jetzt auf uns zu?

4. Wie hat der Rest der Familie auf die Diagnose reagiert?

Mama: Die Familie hat mit Betroffenheit und Mitleid reagiert. Es gab aber auch viele gutgemeinte Ratschläge – mit Halbwissen.

Papa: „O Gott, das arme Kind!!!“

5. Was hat sich nach der Diagnose am meisten verändert?

Mama: Wir konnten nicht mehr so einfach in den Tag hineinleben und alles lief mehr nach Plan, was sicherlich nicht nachteilig für uns alle war. Und ständig begleitet einen die Sorge, ob es dir gut geht – in der Schule, beim Sport oder wenn du mit anderen unterwegs bist.

Papa: Wir mussten natürlich für dich und uns unseren Alltag umstellen, was das Essen angeht und das Geben des Insulins betrifft. Zeiten einhalten, BEs/KEs berechnen. Auch Kindergeburtstage, Reisen und Ausflüge mussten schon sorgfältiger geplant werden.

6. Wie war es für euch, als ich in die Pubertät kam und immer mehr allein machen wollte?

Mama: Es wurde immer schwerer, an dich heranzukommen. Du wolltest natürlich sein wie die anderen, dir nichts mehr sagen lassen und keine Ratschläge mehr annehmen. Wir mussten loslassen, wie alle Eltern.

Papa: Das war schon eine harte Zeit, vor allem weil du genauso einen Dickkopf hast wie ich.

7. Was war damals das größte Problem beziehungsweise das Schwerste für euch?

Mama: Meine Hilflosigkeit. Ich musste warten, bis du selber erkennst, wie wichtig es für dich und deine Gesundheit ist, regelmäßig den Blutzucker zu messen und Insulin zu spritzen. Das raubt einem schon mal den Schlaf, wenn man da zugucken muss.

Papa: Zu sehen, wie du doch einige Fehler gemacht hast und nicht den Rat von uns, den Ärzten und anderen annehmen wolltest.

8. Wurde es irgendwann leichter loszulassen bzw. ab wann habt ihr euch nicht mehr ganz so viele Sorgen gemacht? Oder gehen diese Sorgen nie ganz weg?

Mama: Nach der Pubertät wurde es leichter, weil du verantwortungsvoller wurdest. Schwer wurde es für mich allerdings noch mal, als du zum Studieren nach Berlin gezogen bist. Du warst anfangs noch allein und auf dich gestellt. Wir waren für den Notfall nicht mal eben in der Nähe. Aber ich denke, das sind Sorgen, die sich auch Eltern gesunder Kinder machen. Die Sorgen werden immer bleiben – ich denke, das ist ganz normal.

Papa: Die Sorgen hören nie ganz auf. Durch Dennis ist es aber einfacher geworden, da er echt ein lieber, netter und ruhiger Mensch und für dich ein toller Partner ist. Für dich ist er ein ruhender Pol. Er achtet mit auf dich und das ist wichtig. Ich hätte nie einen Partner an deiner Seite akzeptieren können, der nicht auf deine Erkrankung eingehen könnte und nicht darauf achtet, dass es dir gut geht.

Quelle: privat

Auch Sandra hat sich mit ihrer Mutter über die Zeit ihrer Diagnose unterhalten: Interview: Mama, wie war das für dich, als ich Diabetes bekam?

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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