- Eltern und Kind
Pflegestufe: ja oder nein?
3 Minuten
Sollen Eltern für die Pfelge ihres Kindes mit Diabetes Pflegegeld beantragen? Die Ärztin Dr. Simone von Sengbusch macht auf einige – auch psychische – Fallstricke aufmerksam.
Anspruch auf Unterstützungsleistungen
Gibt es überhaupt Gegenargumente? Wenn Eltern bei ihrem Kind mit Typ-1-Diabetes aufgrund der Erkrankung und Insulintherapie die Voraussetzungen für erhebliche Pflegebedürftigkeit erfüllt sehen, dann können Sie in Deutschland einen Antrag auf Anerkennung einer Pflegestufe und Leistungen durch die Pflegekasse stellen.
Die Unterstützungsleistungen für Familien mit einem an Typ-1-Diabetes erkrankten Kind und auch die Kostenübernahme für moderne Therapieoptionen variieren in Europa von Land zu Land, je nach den landesüblichen Leistungen im Sozialsystem.
Alle Eltern müssen sich aber den gleichen Herausforderungen stellen, nämlich die Insulintherapie in den Familienalltag zu integrieren, die Kinder in der Therapie anzuleiten und die Fortführung der Therapie auch in Kindergarten, Schule und Freizeit mit zu organisieren.
Informieren Sie sich frühzeitig!
Eltern sollen frühzeitig erfahren, welche Leistungen ihnen in Deutschland zur Verfügung stehen, um den hohen Aufwand in der Versorgung der Kinder zu kompensieren. Oftmals schränken vor allem Mütter ihre Berufstätigkeit ein oder hören sogar eine Weile ganz auf zu arbeiten, und das Familieneinkommen sinkt spürbar. Durch häufige nächtliche Blutzuckerkontrollen ist es schwierig, morgens einigermaßen ausgeschlafen arbeiten zu gehen oder gar nachts zu arbeiten.
Auch das kurzfristige Helfen im Kindergarten (wenn z. B. der Pumpenkatheter herausgerutscht ist) oder häufigere Fehlzeiten für die Betreuung des akut erkrankten Kindes werden von Arbeitgebern nicht immer toleriert. Die Anerkennung der Pflegestufe I für ein Kind kann eine Familie immerhin finanziell entlasten.
Was sollte dennoch vor einem Antrag bedacht werden?
- Informieren Sie sich eingehend über das Thema, bevor Sie den Antrag stellen. Gerade Eltern eben erst erkrankter Kleinkinder sollten sich die Zeit nehmen, zunächst zu prüfen, wie gut sich die Diabetestherapie in ihren Alltag einfügt und welcher zusätzliche Aufwand entsteht. Je mehr praktische Erfahrung mit der Erkrankung und den damit einhergehenden Belastungen vorliegt, desto besser kann der Antrag gestellt werden, der individuell begründet werden muss. Je weniger individualisiert der Antrag gestellt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er abgelehnt wird und man künftig nicht nur gegen die immer bestehenden Widerstände, sondern auch gegen die bereits erfolgte Entscheidung (Präjudiz) “Ablehnung” ankämpfen muss.
- Prüfen Sie, ob Sie als alleinerziehendes Elternteil oder als Elternpaar den langen Antragsweg für die Anerkennung einer Pflegestufe allein oder gemeinsam durchstehen können. Ein umfangreicher Schriftwechsel mit der Krankenkasse und ggf. auch der Gang vor das Sozialgericht stellen eine Belastung dar, die nicht unterschätzt werden sollte. Auch die damit einhergehenden Kosten sollten im Vorweg mit dem Anwalt geklärt werden.
- In der Trauer um die Erkrankung ihres Kindes, in ihrer Unsicherheit in der neuen Lebenssituation und der Erschöpfung durch die Therapie ist es ganz natürlich, dass sich Eltern einen Anwalt an ihre Seite holen, der stellvertretend für sie kämpft. Einige Familien klagen und kämpfen mit aller Kraft gleich in mehreren Bereichen für Leistungen und Unterstützung für ihr Kind. Manchmal weichen Eltern so über die Auseinandersetzung mit der Erkrankung auf rein sachlicher Ebene einer Auseinandersetzung auf der emotionalen Ebene zunächst einmal aus. Auch das ist durchaus verständlich. Wichtig ist dabei zu wissen, dass sich irgendwann einmal alle Eltern unweigerlich auch ihren Gefühlen in Bezug auf die Diabeteserkrankung ihres Kindes stellen müssen.
- Einige Versicherungen, bei denen der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers ein entscheidendes Kriterium für die Versicherbarkeit darstellt, fragen schon heute, ob jemals im Leben ein Grad der Behinderung bestand oder besteht. Ob in solchen Anträgen in Zukunft auch nach Anerkennung einer Pflegestufe gefragt wird, kann heute noch nicht gesagt werden. Eltern, denen dieser Punkt wichtig ist, sollten darüber mit einem Versicherungsberater/-makler sprechen.
Es gibt keine starken Argumente dagegen …
Wenn die Diabetestherapie eines jungen Kindes besonders aufwendig ist oder ein Kind sogar an mehreren Erkrankungen leidet (z. B. zusätzlich an Zöliakie oder an allgemeiner Entwicklungsverzögerung), sprechen viele Argumente für den Antrag auf Anerkennung erhöhter Pflegebedürftigkeit und nur wenige dagegen.
Die mögliche Belastung der Eltern durch den langwierigen Antragsweg und ggf. eine Klage vor dem Sozialgericht (mit positivem oder negativem Ausgang) sollte aber zuvor zwischen den Elternteilen thematisiert werden.
von Dr. Simone von Sengbusch
Diabetologin DDG, UKSH Lübeck
Kontakt:
E-Mail: Simone.vonsengbusch@uksh.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (1) Seite 18-19
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cesta postete ein Update vor 1 Tag, 9 Stunden
Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche, 4 Tagen
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Tag, 21 Stunden
@mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Tag, 18 Stunden
@sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike -
sveastine antwortete vor 1 Tag, 8 Stunden
@mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻♀️
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mayhe antwortete vor 18 Stunden, 18 Minuten
@sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike
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mayhe antwortete vor 18 Stunden, 17 Minuten
@mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.
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stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Ich bin dabei 🙂
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