Probleme in der Schule durch Diabetes-Technologie – was piept denn da?

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Probleme in der Schule durch Diabetes-Technologie – was piept denn da? | Foto: contrastwerkstatt – stock.adobe.com
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Probleme in der Schule durch Diabetes-Technologie – was piept denn da?

Wenn CGM-Sensoren oder Insulinpumpen im Unterricht Alarm schlagen, fühlen sich Kinder mit Diabetes oft bloßgestellt. Missverständnisse mit Lehrkräften oder Mitschülern sind die Folge. Aufklärungsgespräche schaffen Sicherheit und verhindern Konflikte.

Marlon brütet gerade über seiner Mathe-Arbeit. Plötzlich piept es aus seiner Schultasche. Mist, der Sensor! Er holt sein Smartphone heraus und checkt den Alarm: 67 mg/dl (3,7 mmol/l), leicht sinkend. Gerade als er seinen Traubenzucker nehmen will, spricht ihn der beaufsichtigende Vertretungslehrer etwas ruppig an: „Hey, so geht das nicht!“

Der Lehrer schimpft und droht mit Konsequenzen. Mit viel Mühe und der Hilfe seiner Klassenkameradinnen und -kameraden, die wissen, dass er Diabetes hat, kann Marlon den Lehrer davon überzeugen, dass alles seine Richtigkeit hat. Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl und die Konzentration ist erst einmal hinüber.

Alarme schützen, auch im Schulalltag

Viele Kinder mit Diabetes kennen solche Situationen. Gerade zu Beginn eines Schuljahrs, wenn man neu in der Schule ist oder neue Lehrkräfte hat, häufen sich entsprechende Berichte betroffener Familien. Mitschülerinnen und Mitschüler oder Lehrkräfte fühlen sich durch Alarme von Systemen zur kontinuierlichen Glukose-Messung (CGM) gestört oder man wird schräg angeschaut, wenn man in die Sporthalle ein Trinkpäckchen mitbringt. Die verschärften Handy-Regeln in vielen Bundesländern greifen auch auf dem Schulhof. Oft werden Kinder mit Diabetes in der Pause angesprochen und gefragt, warum sie ein Smartphone dabeihaben. Einige berichten von Anfeindungen durch andere Kinder oder Gesprächsterminen bei der Schulleitung.

Auch wenn man nichts für die Erkrankung kann, fühlt man sich in solchen Situationen bloßgestellt. Um das zu vermeiden, stellen manche Kinder mit Diabetes ihre Alarme stumm oder ignorieren sie, womit sie sich einem erhöhten Risiko für schwere Stoffwechsel-Entgleisungen aussetzen. Das darf nicht die Lösung sein! Schwankungen der Glukosewerte sind alltäglich und die Alarme sind ein hervorragender Schutz.

Besser ist es, von vornherein aktiv das Gespräch mit den Mitarbeitenden der Schule zu suchen. Dies sollte mit den Eltern zusammen erfolgen. Oft kennen Lehrkräfte die Diagnose Diabetes mellitus bereits, sind jedoch nicht immer mit den aktuellen Technologien wie CGM-Sensoren, Systemen zur automatisierten Insulin-Dosierung (AID) und Follower-Apps vertraut. In einem Gespräch zwischen der Familie und der Schule sollte klargestellt werden, was Diabetes für die Kinder bedeutet, dass die Insulinzufuhr lebensnotwendig ist und deshalb auch die dazugehörigen technischen Hilfsmittel zwingend benötigt werden. Das behandelnde Diabetes-Team kann unterstützen, indem zum Beispiel eine ärztliche Bescheinigung für die Schul-Akte ausgestellt wird.

Weiterführende Informationen:
Broschüre „Kinder mit Diabetes in der Schule“

Aufklärungsgespräch schafft Sicherheit

Ein aufklärendes Gespräch empfiehlt sich vor allem zu Beginn eines neuen Schuljahrs, in jedem Fall aber, wenn der Diabetes gerade neu festgestellt wurde. Bei dieser Gelegenheit sollte man die Chance nutzen, die Fragen der Lehrkräfte zu beantworten. Gerade akute Komplikationen wie Unterzuckerungen sind oft angstbehaftet. Ein Aufklärungsgespräch in einer ruhigen Atmosphäre und mit ausreichend Zeit kann hier wahre Wunder wirken – erst recht, wenn das betroffene Kind anwesend ist. So kann die Lehrkraft auf direktem Weg sehen, welche Geräte getragen werden und dass es sich um ein „ganz normales“ Kind handelt. Das Diabetes-Team kann bei der Strukturierung des Gesprächs im Vorfeld unterstützend zur Seite stehen.

In den meisten Fällen lassen sich gute Lösungen und Kompromisse finden. So kann zum Beispiel bei Klassenarbeiten der CGM-Empfänger oder das Smartphone auf dem Lehrerpult deponiert werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Werte einsehbar sind, ohne sich dem möglichen Vorwurf des Schummelns auszusetzen. CGM-Alarme können für die Schulzeit etwas weitläufiger eingestellt werden als zu Hause, um die Häufigkeit der Alarme zu verringern. Vor allem sollte besprochen werden, wie während der Unterrichtszeit der Kontakt zwischen Kind und Eltern hergestellt werden kann, falls es mit der Therapie Probleme gibt.

Problemen in der Schule vorbeugen

  1. Aufklärungsgespräch am besten zu Beginn des Schuljahrs bzw. der Diabetes-Diagnose mit Lehrkräften, Eltern und betroffenem Kind führen
  2. Unterstützung durch Diabetes-Team nutzen, z. B. bei der Gesprächsplanung und durch ärztliche Bescheinigung für die Schul-Akte
  3. Abläufe klären, z. B. für Umgang mit Alarmen, Kontaktaufnahme zu den Eltern bei Problemen, und für technische Probleme vorsorgen (Ersatz-Zubehör, Insulin, Blutzuckermessgerät auf Vorrat legen)

Follower-Apps und Telefonate

Gerade im Grundschulalter verfolgen Eltern oft die Glukosewerte ihrer Kinder per Follower-Funktion. Hier ist es unumgänglich, mit den Lehrkräften festzulegen, wie die Eltern ihr Kind bei der Diabetestherapie in der Schule unterstützen können. Anrufe mitten im Unterricht sind verständlicherweise unerwünscht. Mögliche Kompromisse sind das Verlagern von Gesprächen vor die Klassenzimmertür oder ein Telefonat direkt mit der Lehrkraft. Eine praktikable Lösung ist auch das Unterbinden elterlicher Anrufe im Schulbetrieb. Stattdessen können sich die Kinder bei ihren Eltern melden, wenn sie ein Problem nicht selbst lösen können. Denn viele Kinder können durch die Technologie den Alltag relativ früh selbstständig managen.

Ebenfalls sollte für technische Probleme vorgesorgt werden, indem als Ersatz ein Infusionsset, ein Sensor, eine Ampulle Insulin und ein zusätzliches Blutzuckermessgerät in der Schule liegen. So kann verhindert werden, dass ein Kind mit Diabetes wegen eines Pumpen- oder Sensor-Ausfalls frühzeitig den Schultag beenden muss. Schließlich sind das erfolgreiche Absolvieren der Schulzeit und die Teilhabe am schulischen und gesellschaftlichen Leben klare (Behandlungs-)Ziele für alle Kinder und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes.


von André Kluge

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Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (X) Seite 46-47

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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