Sorgen vor Nährstoffmangel: Mein Kind isst kein Fleisch mehr …

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Sorgen vor Nährstoffmangel: Mein Kind isst kein Fleisch mehr … | Foto: Krankenimages.com – stock.adobe.com
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Sorgen vor Nährstoffmangel: Mein Kind isst kein Fleisch mehr …

Immer mehr Menschen entscheiden sich, weniger oder keine Lebensmittel tierischer Herkunft mehr zu verzehren. 2020 gaben bereits 5 Prozent der befragten Jugendlichen an, sich vegetarisch zu ernähren. Dieser Trend betrifft auch Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes. Da für diese jungen Menschen dieselben Ernährungsregeln gelten wie für Stoffwechselgesunde, wird auch im Umgang mit pflanzenbasierter, vegetarischer oder veganer Kost kein Unterschied gemacht.

Es gibt verschiedene Varianten der vegetarischen Ernährung. Alle Menschen, die sich vegetarisch ernähren, verzichten auf Fleisch und Fisch jeglicher Herkunft und daraus hergestellte Lebensmittel. Bei veganer Ernährung meiden sie alle tierischen Produkte, also auch Milch, Ei, Honig usw.

Warum entscheiden sich Menschen dafür?

Die Gründe sind vielschichtig. Am häufigsten wird das Vermeiden von Tierleid angegeben, „um der Umwelt weniger zu schaden“ am zweithäufigsten. Auch die Gesundheit spielt bei über der Hälfte der Befragten eine Rolle. Eher selten wird eine Abneigung gegen den Geschmack tierischer Produkte genannt.

Auch bei Heranwachsenden dürften Gewissenskonflikte und Mitleid mit Tieren eine wichtige Rolle spielen. Einerseits sehen Kinder in Büchern und anderen Medien niedliche Tiere, die sprechen und Gefühle haben. Andererseits wird das Fleisch solcher Tiere als Essen serviert.

So kann es auch kommen, dass Fleisch verweigert, Wurst aber weiterhin gegessen wird, da diese sich besser vom lebenden Tier abgrenzen lässt. Weitere Gründe für eine „bessere Ernährung“, vor allem für Jugendliche, sind u. a. Umweltschutz, Zugehörigkeit zu einer Gruppe, soziale Medien und Abgrenzung von der Eltern-Generation.

Müssen sich Eltern nun Sorgen machen?

Ist vegetarische Ernährung aber wirklich gesünder als Mischkost? Studien zum Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen in Deutschland zeigen, dass viele Heranwachsende zu wenig Gemüse, fettarme Milchprodukte und Vollkornprodukte verzehren. Dagegen werden deutlich zu viel Zucker, zu viele hoch verarbeitete Lebensmittel sowie fettreiche Fleisch- und Wurstsorten konsumiert.

Wenn bei einer solch ungünstigen Ernährung tierische Produkte durch vegane Ersatz-Produkte ausgetauscht werden, führt das zu einer weiteren Verschlechterung der Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen. Fleisch-Ersatzprodukte sind oft hoch verarbeitete Meisterwerke der Lebensmittelindustrie. Ziel ist ein dem Original möglichst ähnliches Erzeugnis – ob nennenswerte Mengen an Eiweiß oder Mineralstoffen enthalten sind, hat für den Hersteller keine Relevanz. Der Nährwert solcher Produkte ist also oft gering.

Ebenso kritisch sollten auch Milch-Ersatzprodukte betrachtet werden. Veganer Käse-Ersatz aus Wasser, Verdickungsmittel und Kokosfett ist nur optisch ein Ersatz für Käse aus Milch. Pflanzendrinks beispielsweise sollten immer eine eiweißhaltige Zutat und Kalzium-Zusatz haben. Gute vegetarische Lebensmittel, die tierische Produkte ersetzen sollen, haben eine kurze Zutatenliste und liefern größere Mengen an hochwertigem Eiweiß.

Die wichtigste vegane Eiweißquelle sind Hülsenfrüchte. Dazu zählen Linsen, Bohnen und Erbsen und deren Produkte wie Tofu, Hummus usw. Hier ist zu beachten, dass diese Produkte schnell und langsam wirksame Kohlenhydrate enthalten können, die entsprechend bei der Insulingabe berücksichtig werden sollten.

Tab. 1: Kritische Nährstoffe ohne Fleisch und Fisch
Nährstoff
enthalten in
Eisen Eigelb, Haferflocken, Gemüse, Hülsenfrüchte
Zink Eier, Milchprodukte, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse
Wichtige Fettsäuren Nüsse, Leinöl, Rapsöl, Mikroalgenöl
Vitamin B12 Milchprodukte, Ei
Vitamin D Ei, Pilze, Sonnenbestrahlung
Jod Milchprodukte, Jodsalz
Selen Milch, Eier; Paranüsse

Was ist außer Eiweiß noch kritisch?

Durch das Meiden ganzer Lebensmittelgruppen kann es zum Mangel an wichtigen Nährstoffen kommen. Werden neben pflanzlichen Lebensmitteln ausreichend Milchprodukte und Eier verzehrt, ist der Nährstoffbedarf gut zu decken. Eine ausreichende Zufuhr von Jod und Vitamin B12 ist allerdings schwierig, sodass die entsprechenden Werte kontrolliert und bei Bedarf Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden sollten.

Bei einer veganen Ernährung ist das Risiko eines Nährstoffmangels deutlich höher. Hier ist unbedingt eine Kontrolle der kritischen Nährstoffe notwendig, um die Gesundheit zu schützen. Immer muss eine zusätzliche Versorgung mit Vitamin B12 erfolgen.

Die Qualität der Eiweißzufuhr kann durch Kombination verschiedener Eiweißquellen erhöht werden, z. B. Getreide mit Hülsenfrüchten. Vollkornbrot mit Hummus, Müsli mit Nüssen oder Erbsen im Nudeltopf sind gute Beispiele.

Tab. 2: Kritische Nährstoffe ohne tierische Lebensmittel
Nährstoff
enthalten in
Vitamin B12 zwingend Nahrungsergänzungsmittel notwendig
Vitamin B2 Samen, Nüsse, Hülsenfrüchte, grünes Gemüse, Vollkorngetreide
Vitamin D Pilze, Sonnenbestrahlung
wichtige Fettsäuren Nüsse, Leinöl, Rapsöl, Mikroalgenöl
Eisen Haferflocken, Gemüse, Hülsenfrüchte
Kalzium grünes Gemüse, Samen, Nüsse, calciumreiches Wasser, angereicherte Milchersatzprodukte
Zink Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse
Jod Jodsalz
Selen Paranüsse
Eiweiß Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Getreide

Und das soll gesund sein?

Eine gut geplante Auswahl an pflanzlichen Lebensmitteln kann uns mit beinahe allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgen, solange mindestens Vitamin B12 zusätzlich eingenommen wird. Allerdings ist eine vegane Ernährung, vor allem bei Heranwachsenden, mit einem höheren Risiko für Mängel verbunden. Daher wird davon eher abgeraten. Eine ausgewogene Ernährung ohne Fleisch und Fisch, aber mit Milchprodukten und Eiern kann hingegen auf Dauer empfohlen werden.

Viele Studien weltweit zeigen gesundheitliche Vorteile einer pflanzenbetonten Ernährung. Das Risiko, einen Herzinfarkt oder bestimmte Krebsarten zu bekommen, ist geringer. Dafür muss nicht komplett auf Fleisch oder Fisch verzichtet werden. Weniger Fleisch, hin und wieder Fisch, täglich Milchprodukte und immer viel Gemüse und Hülsenfrüchte, Obst, Getreideprodukte, hochwertige Öle und täglich Nüsse sorgen für eine sichere Versorgung der ganzen Familie.

Mehr zu vegetarischer und veganer Ernährung auf der Website des Kompetenzzentrums für Ernährung an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (KErn)


von Dipl. oec. troph. Sibylle Kapellen

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (7) Seite 42-43

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  • loredana postete ein Update vor 1 Tag, 6 Stunden

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 2 Tagen, 3 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

  • Hallo, ich bin Stefanie, die Diagnose Typ 1, habe ich vor drei Monaten bekommen.
    Ich merke wie es mir aktuell mit der Diagnose eher schlechter, als besser geht und meine Depression wieder da ist und ich auch eine neue Therapie starten werde. Ich habe aber das Gefühl, dass mich niemand Freundeskreis verstehen kann, weil niemand weiß, wie sehr diese Diagnose das Leben durcheinander bringt und ich auf so vieles aufpassen muss. Vor zwei Wochen hatte ich meine Schulung, tatsächlich fällt mir der Umgang mit dem Diabetes eher sogar schwerer. Eine Leichtigkeit (ist auch zu viel verlangt) ist nicht eingetreten. Sicherheit nur etwas.
    Es gibt bei mir leider keine Selbsthilfegruppen vor Ort, darum habe ich mich nun entschieden, den Diabetes Anker beizutreten und hoffe auf Verständnis von “Gleichgesinnten”
    Viele Grüße

    • Hallo Stefanie, schön ,dass du da bist. Wir treffen uns zum virtuellen Austausch nächste Woche Donnerstag. Vielleicht hast du ja Zeit und kannst dich einwählen 🙂 Ich freue mich, wenn wir uns dort sehen. Liebe Grüße Lena

      Virtuelles Diabetes-Anker Community-MeetUp im Dezember

    • Hallo Stefanie! Ich weiß noch wie es nach meiner Diagnose war – es dauert bis da von Leichtigkeit die Rede sein kann. Und das Umfeld tut sich oft sehr schwer das alles zu verstehen. Es wird besser aber es braucht Zeit. Alles Gute

    • @lena-schmidt: Hallo Lena, ich habe angemeldet und steht auch fest im Kalender.

    • @moira: Danke dir, ja es ist nicht ganz leicht damit klarzukommen und du hast recht, das Umfeld stellt mir Unmengen an Fragen, aber die kann ich aktuell selbst nicht beantworten, weil ich selbst genügend habe und andere Prios. Am schlimmsten empfinde ich die gutgemeinten “Ratschläge”.

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