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„Hypoglykämie“: eine niedrige Glukosekonzentration im Blut, je nach Quelle unter 60 oder 50 mg/dl (3,3 oder 2,8 mmol/l) [https://flexikon.doccheck.com/de/Hypoglyk%C3%A4mie, https://www.pschyrembel.de/hypoglyk%C3%A4mie/K0ADU/doc/]. So zumindest eine Definition für das, was jeder Mensch mit Diabetes bereits erlebt hat und kennt oder noch kennenlernen wird. Doch den Satz „Ich habe grade eine Hypoglykämie und brauche jetzt etwas zu essen“ wird man in dieser Form von den wenigsten während einer „Hypo“ hören. Zum einen kürzen die meisten das Wort ab und sagen „Hypo“, zum anderen können alle, die schon einmal eine „Hypo“ erlebt haben, bestätigen, dass sie in solchen Situationen nicht wirklich gewillt sind, eine akute körperliche und emotionale Stresssituation mit einem komplexen Wort ausführlich zu beschreiben. So geht es mir auch: ich beschränke mich dann auf das Wesentliche und in diesem Augenblick unbedingt Notwendige – Hunger, Nahrung, Jetzt! Doch warum eigentlich?
Die Lösung hierfür lässt sich ziemlich schnell auf den Punkt bringen: Mit der Wahrnehmung einer „Hypo“ ist der Körper bereits im Stressmodus – er braucht Zucker.
Jetzt gilt es dann, einen kleinen „Hypohelfer“ zur Hand zu haben, d. h. schnell etwas Leckeres und Süßes essen oder trinken, was optimalerweise auch noch schnell vom Körper resorbiert wird und ins Blut geht.
Jeder Mensch mit Diabetes sollte seinen „Hypohelfer“ jederzeit zur Hand oder in unmittelbarer greifbarer Nähe bei sich haben. Beispiele für gute „Hypohelfer“ sind (Liste nicht abschließend):
Um für die jederzeitige eigene Verfügbarkeit von „Hypohelfern“ zu sensibilisieren, werden in Schulungen für den Umgang mit Diabetes die Teilnehmer gern einmal aufgefordert, in ihre Hosentaschen zu greifen und diese auszuleeren. Dann macht es sich gut, wenn ein „Hypohelfer“ auftaucht, um nicht vorwurfsvollen Blicken der Gruppe oder der Schulungsleitung ausgesetzt zu sein.
Doch ebenso wichtig wie die jederzeitige Verfügbarkeit eines „Hypohelfers“ ist es zu unterscheiden, in welcher Situation ein „Hypohelfer“ gegebenenfalls benötigt wird. Bin ich zu Hause oder in meiner gewohnten Umgebung, habe ich andere Anforderungen und Verfügbarkeiten als beispielsweise unterwegs, auf Reisen oder beim Sport. Dann gewinnen Haltbarkeit, Temperaturempfindlichkeit, Gewicht und Transportfähigkeit an Bedeutung. Zum Glück gibt es hierzu eine große Auswahl, um die Bedürfnisse jedes Einzelnen, ob „flüssig oder fest“, „hart oder weich“, „naturbelassen oder chemisch hergestellt“, „verpackt oder unverpackt“, „klein oder groß“, „wasserdicht oder nicht“ oder „lecker oder sehr süß“, zu erfüllen.
Doch wie fühlt sich die „Hypo“ jetzt an?
Die Situation während einer „Hypo“ ist die, dass der Körper „jetzt“ im Stress ist. Ich spüre das zum Beispiel daran, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können. Ich lese einen Absatz in einem Text mehrmals und frage mich, warum ich den Inhalt nicht verstehe. Oder ich schweife immer wieder in Gedanken ab. Auch Gegenstände, die ich während einer „Hypo“ ablege, finden sich öfter an Orten wieder, wo ich sie im normalen Zustand mit Sicherheit nicht abgelegt hätte. Dazu können bei mir noch Symptome wie zum Beispiel erhöhte Reizbarkeit oder Aggressivität kommen und ich sage in dem einen Moment vielleicht Dinge in einer Art oder einem Tonfall, die mir später leidtun.
Körperlich merke ich oft ein starkes Schwitzen oder Schwindel, ein verstärktes Zittern der Hände und gegebenenfalls ein „sprachliches Lallen“, vergleichbar mit einem kleinen Schwips auf einer Party. In anderen Situationen oder Tagen hingegen kündigt sich die „Hypo“ durch eine gewisse „Langsamkeit“ bis hin zur „Kraftlosigkeit“ an. Grade wenn ich in Bewegung bin, habe ich dann oft das Gefühl, auf der Stelle zu treten, und jeder weitere Schritt und jede weitere Bewegung fällt mir schwerer. Mir zieht es buchstäblich die Kraft aus dem Körper, während mein Kopf es noch nicht mitbekommen hat, was grade im Körper passiert und in gleichem Tempo eigentlich immer weiterwill.
Die Erlebnisse während einer „Hyporeise“ sind schwer zu verstehen und einzuordnen. Während ich überlege, was das eigentlich für Symptome sind und woher die grade kommen, bleibt mein Blutzucker bestenfalls auf niedrigem Niveau, schlimmstenfalls rauscht er weiter in den Keller. Während ich eigentlich in Aktion treten und handeln sollte, um den Blutzucker zu stabilisieren und wieder auf ein normales Niveau zu bringen, bin ich weiter in einer Gedankenspirale gefangen und sinniere darüber, was eigentlich grade mit mir und meinem Körper los ist und warum das jetzt alles.
Die Situation, jetzt nach einem „Hypohelfer“ suchen zu müssen oder mir diesen gar erst in einem Geschäft, einer Apotheke oder Bar kaufen zu müssen, ist die denkbar schlechteste in diesem Moment. Um aus der Gedankenspirale jetzt rauszukommen, ist es für mich hilfreich, den „Hypohelfer“ irgendwo, am besten in der Hostentasche, auch zu „spüren“ oder auf einem Tisch oder Regal zu „sehen“. Denn in der Situation einer „Hypo“ heißt es zu handeln und abzuwarten. Auch auf das Blutzuckermessen in einer „Hypo“ sollte verzichtet werden. Der Blutzucker ist jetzt tief. Wie tief genau, ist jetzt im Moment nicht wichtig, zumal die Messwerte bei tiefen Blutzuckerwerten weniger genau sein können im Vergleich zu einer Messung bei Werten im Normbereich. Das Messen kann gerne hinterher erfolgen.
Obwohl der der Blutzucker sich nach der Einnahme des „Hypohelfers“ vergleichsweise schnell normalisieren sollte, kann es vorkommen, dass die eigene Leistungsfähigkeit noch etwas auf sich warten lässt.
Während ich in meinen Anfangsjahren den Stress einer „Hypo“ nicht gespürt habe, währenddessen weitergearbeitet und den Traubenzucker quasi nebenbei gegessen habe, merke ich jetzt häufiger, dass mein Körper nach der „Hypo“, in der er im Stress war und im Hochmodus gearbeitet hat, nach Ruhe und Erholung verlangt. Auch wenn vielleicht die körperlichen Symptome wie das Zittern oder Schwitzen verschwunden sind und ich wieder klarer denken kann, bin ich dann einfach nur noch müde. Ich fühle mich körperlich erschöpft und habe das Gefühl, einen intensiven sportlichen Work-out hinter mir zu haben. Doch die Möglichkeit dazu habe ich nicht immer. Hier bin auch oftmals vom Alltag oder meinen eigenen Ansprüchen mir gegenüber zu fremdbestimmt.
Jede Reise ist anders – die eine dauert länger, die andere ist intensiver und wiederum eine scheint beendet, bevor sie unmittelbar noch weitergeht. Auch der Diabetes und der eigene Stoffwechsel verändern sich mit den Jahren. Für die „Hypo“ gilt das Gleiche wie beispielsweise für die Insulingabe – was einmal gut funktioniert habt, bedeutet nicht, dass es immer so bleiben wird. Auch die Wahrnehmungen der „Hypo“ und die damit verbundenen Symptome ändern sich und werden sich ändern. Doch eines ist allen gleich – es gibt auf jeder Reise etwas zu lernen und die persönlichen Erfahrungen nehmen zu.
Zwischen Menschen mit und ohne Diabetes steht immer wieder die Frage: Sind DiabetikerInnen selber schuld an ihren „Hypos“? – Heike hat sich Gedanken zu dem Thema gemacht und in ihrem Umfeld nachgefragt.
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