- Ernährung
Freigabe konzentrierter Fructose: „Es gab massiven Lobbydruck“
3 Minuten
Der unbegrenzte Einsatz von hochkonzentrierter Fructose führt zu einer dramatischen Zunahme von Adipositas und Diabetes, warnt der renommierte Nephrologe Dr. med. Kai Hahn.
Hans Lauber: Warum kam diese Entscheidung so plötzlich?
Dr. med. Kai Hahn: Das hat mich auch überrascht. Zwar war die Aufhebung der Quote von fünf Prozent für die Isoglucose in Lebensmitteln schon vor Jahren beschlossen worden. Aber dann wurde die Umsetzung an das Freihandelsabkommen TTIP gekoppelt. Nun wurde aber ohne TTIP abzuwarten, die Regelung praktisch über Nacht mit dem 1. Oktober auch umgesetzt – wobei es im Vorfeld einen ungeheuer massiven Lobbydruck gegeben hat.
Weshalb ist die Industrie so „heiß“ darauf?
Die Isoglucose, eine Mischung in der Regel aus 55 Prozent Fructose und 45 Prozent Glukose, wird unter Verwendung von gentechnisch veränderten Mikroorganismen vor allem aus Mais hergestellt. Bedenklich ist hier, dass sowohl die umwandelnden Enzyme wie möglicherweise auch der Mais gentechnisch verändert sind – ohne, dass dies deklariert werden muss. Dieser hochkonzentrierte Zucker, dessen Produzenten meist in den USA sitzen, ist bis zu 40 Prozent billiger, und es ist zu erwarten, dass die Industrie diese Stoffe massiv in den Lebensmitteln einsetzen wird. Viele Experten rechnen mit einer Verdreifachung des Einsatzes. Wobei teilweise die Isoglucose sogar bis zu 90 Prozent aus Fructose bestehen kann.
Welche Folgen drohen?
Das ist eine extrem unselige und gesundheitsschädliche Entscheidung. Denn die massive Nutzung von solchen Konzentraten ist entscheidend für das drastische Adipositas-Problem in den USA – und es zu befürchten, dass dieser Fructose-Tsunami auch nach Europa überschwappen wird. Das wird in einigen Jahren zu einem massiven Anstieg von Übergewicht und Diabetes auch bei uns führen.
So schnell wird also nichts passieren?
Kurzfristig wahrscheinlich nicht. Aber wenn wir nicht aufpassen, verlieren wir eine ganze Generation junger Leute an die Zuckerindustrie. Denn wenn sich die Kids erst einmal an das süße Gift gewöhnt haben, können wir sie kaum noch zurückholen. Das wirkt dann ähnlich wie Drogen, weil Zucker im Gehirn das Belohnungssystem aktiviert.
Solche Zusammenhänge werden ja immer wieder bestritten?
Natürlich, aber das sind geldgesteuerte Lobbyisten. Denen ist die Gesundheit der Menschen völlig egal. So ist vor kurzem herausgekommen und sogar in der wichtigsten ärztlichen Publikation JAMA nachlesbar, dass die Zuckerindustrie jahrelang Wissenschaftler bestochen hat, damit sie von den Gefahren des Zuckers ablenken und dafür auf das Cholesterin hinweisen. Es wird höchste Zeit, dass diese Leute endlich einmal für ihr gesundheitsgefährdendes Verhalten angeklagt werden.
Warum ist Fructose besonders schlimm?
Der Fruchtzucker führt ja erst einmal nur zu einer geringen Ausschüttung von Insulin, weshalb die Fructose bis vor kurzem fatalerweise als „guter“ Zucker von vielen Experten empfohlen wurde. Allerdings führt die Fructose leider nicht zur Ausschüttung des Sättingungshormons Leptin – und viel schlimmer noch: Das Hungerhormon Ghrelin steigt an. So stopfen an sich gesättigte Menschen, weil ihnen der Körper immer noch Hunger signalisiert, Unmengen in sich hinein, etwa ganz viele Burger. Ein teuflischer Dickmach-Mechanismus. Hinzu kommt noch eine weitere fatale Mechanik: Fructose hat einen ganz eigenen Stoffwechsel, der Entzündungen der Inselzellen begünstigt, die so tückische Insulinresistenz fördert, welche ganz stark für das Ansteigen des Typ-2-Diabetes verantwortlich ist. Und Fructose ist die Hauptursache für die nichtalkoholische Fettleber gerade bei Jugendlichen.
Wo wird die Isoglucose besonders eingesetzt werden?
Ganz stark in gesüßten Getränken, Softdrinks, Süßigkeiten, aber auch Ketchups. Schlimm ist auch die Verwendung in Milchprodukten, wie etwa Joghurts. Wobei das alles unter vielerlei Bezeichnungen verbrämt wird. Und selbst wenn da ungesüßt drauf steht, können die süßen Fluten drin sein. Es ist katastrophal, wie das Lebensmittelrecht gebeugt wird. Da kann ich nur raten, Finger weg von diesen süßen Verführern.
Was erwarten Sie von der Politik?
Leider wenig. Immer noch gibt es in den Kindergärten und den Schulen kein Fach gesunde Ernährung. Auch werden alle Versuche abgeblockt, endlich eine Lebensmittel-Ampel oder massive Steuern für die süßen Dickmacher einzuführen, was nachweislich wirkt. So müssen sich die Verbraucher mühsam durch kaum verständliches Kleingedrucktes kämpfen, wobei die Industrie für Zucker ein breites Arsenal an alternativen Bezeichnungen wie Isomaltose einfallen lässt. Das überfordert den Einzelnen und ist auch gewollt. Traurig auch, wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestags in den Empfehlungen für die Abgeordneten die Gefahren des Zuckers ganz bewusst immer im Konjunktiv beschreibt.
Was ärgert Sie am meisten?
Als engagierter Sportler bin ich entsetzt, wie manipulativ Firmen wie Coca Cola das Thema besetzen. Sie sagen, Übergewicht kommt hauptsächlich von Bewegungsmangel. Da ist ja was dran, aber die fördern dann gezielt Sport, der Durst macht – und was sollen die Kids trinken: Coca Cola natürlich. Zynischer geht’s nicht.
Bereits am 25. April 2016 habe ich mit Dr. Hahn über die Fructose-Problematik gesprochen. Das ausführliche Interview finden Sie hier:
Über die von Dr. Hahn angesprochene Cholesterin-Thematik habe ich vor einiger Zeit einen Artikel geschrieben, den Sie hier lesen können:
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
Website: www.lauber-methode.de
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 21 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 16 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig