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Das Echt essen-Gasthaus im März: Die “Krone” im südpfälzischen Herxheim-Hayna ist eine gelungene Mischung aus Sterne- und Gasthausküche sowie einladendem Hotel. Die “Pfälzer Stuben” sind einer der Eckpfeiler der gehobenen Regionalküche. Dort gibt es auch den berühmten Saumagen.
Es gibt Restaurants, die sind mehr als Restaurants: Sie sind kulinarische Institutionen. Dazu gehören in Baiersbronn im Schwarzwald das Hotel “Bareiss” und im Ahrtal Steinheuers “Zur Alten Post”. In diese Riege gehört aber auch die Krone im alten Tabakdorf Herxheim-Hayna. Mitten im schmucken Ortskern gegenüber der Kirche liegt die Krone mit ihrem Gourmetrestaurant und den rustikal eingerichteten “Pfälzer Stuben”. Dazu gehört ein Wellness- und Tagungshotel mit 66 Zimmern.
Ein echter Familienbetrieb ist die “Krone”: Aufgebaut hat das Gastroreich Karl Kuntz, der im vergangenen Jahr knapp 90-jährig gestorben ist. Seine Tochter Karin kümmert sich um das Hotel, sein Sohn Karl-Emil hat sich in die erste Liga der Spitzenküche gekocht. Natürlich arbeitet auch dessen Frau im Betrieb und die beiden Kinder sind mit soliden gastronomischen Ausbildungen Garanten dafür, dass die Familientradition erfolgreich fortgeführt werden kann.
Natürlich hätten mich von der Gourmetkarte auch Gänseleber, Jakobsmuschel, Steinbutt und vor allem die Taube gereizt. Aber noch mehr interessieren mich die Klassiker unserer Heimatküche – und die gibt es in der “Pfälzer Stuben” (die aus mehreren Räumen besteht) in exzellenter Qualität. Drei Gerichte habe ich ausgesucht: Saumagen, Rindsroulade und Kässpätzle. Eine gewagte Kombination, ich weiß, aber die souverän-freundliche Bedienung ließ sich ihr Erstaunen nicht anmerken. Auch meine drei Freunde, die mich gottseidank gut kennen, sagten nichts.
Richtig begeistert hat mich dieser Gruß aus der Küche. Versammelt er doch einige unserer Klassiker: Oben die orange Paprikaterrine, daneben eine ungeheuer intensive Fischzubereitung. Schlotzig gut auf einem herrlichen Sauerkraut der Mini-Saumagen. Unten die saftige Sülze und in der Mitte eine sämige Kartoffelsuppe. Heimat, deine Küchensterne!
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Nicht weit von den ausgezeichneten Pfälzer Weinlagen liegt Hayna – und diese Nähe macht sich bei der Kalkulation der edlen Tropfen angenehm bemerkbar. Gastfreundliche 22 Euro kostet der 2012er Grauburgunder vom Weingut Hensel in Bad Dürkheim. Trocken, elegant und trotzdem ein ordentliches “Maul voll Wein”, so präsentieren sich die 13 Prozent Alkohol dieses idealen Essensbegleiters. Lange hielt der Tropfen nicht vor – und wir bestellten rasch eine zweite Flasche, angesichts des vernünftigen Preises fällt die Entscheidung da leicht.
Kaum ein Gericht polarisiert so sehr, wie der Pfälzer Saumagen – obwohl die meisten, die darüber urteilen, noch nie einen gegessen haben. Sie haben etwas verpasst, denn die Mischung aus Schweinefleisch, Brät (gewolftes Fleisch für die Wurstherstellung) und Kartoffeln, was in Schweinemägen gefüllt und in heißem Wasser gegart wird, kann ausgezeichnet schmecken. Karl-Emil Kuntz hat hier den Saumagen in feine Scheiben geschnitten und kross gebraten – und serviert das Ganze auf lauwarmem Weißkraut. Dazu gibt es Linsen, fein gewürfelte Kartoffeln, knackigen Chicorée und eine Kümmelvinaigrette, leichte Zutaten, welche die Wucht des Schweinernen klug gegen balancieren. Das alles schmeckt fein nussig, kostet 13,50 Euro. Rundum gelungen ist das Gericht bis auf die Sprossen oben drauf, die wohl eine Reminiszenz an den Zeitgeist sind.
Als Vorspeise habe ich den Saumagen bestellt. Er steht aber auch klassisch auf der Karte, nämlich auf einem cremigen Apfel-Rieslingsekt-Sauerkraut, wahrscheinlich das so großartige Kraut vom Vorspeisenteller. Ganz spannend ist eine Zubereitungsart, die es aber nur im Herbst gibt: Nämlich statt mit Kartoffeln mit Esskastanien. Spannend, weil Kastanien basisch sind – und so die Säure des Schweinefleisches exzellent puffern. Außerdem sinkt der glykämische Index, was dem Blutzucker gut tut. Ich hoffe, dass ich Karl-Emil Kuntz einmal besuchen darf, und er mich in die Geheimnisse des Saumagens einweiht.
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Auf jeden Fall wird der Saumagen in der Maronen-Variante Eingang in mein Buch “Heimatküche für Diabetiker” finden, das im Herbst herauskommt, und wo ich auch die “Krone” vorstellen werde.
Auch ein Klassiker – und zwar einer, mit dem ich groß geworden bin. Gefüllte Rindsroulade. Eine Mischung aus Gurken und Speck schlummert im Inneren der mit Niedertemperatur gegarten Roulade. Herrlich mürb das Fleisch, klassisch-intensiv die Burgundersauce. In einem separaten Schälchen wird ein feiner Karotten-Kartoffelstampf serviert. Ein gelungenes Gericht, das seine 18,70 Euro allemal wert ist.
Alles gut also? Fast. Das Fleisch war zwar mürbe, aber gerade außen auch einen Hauch zu trocken. Aber vielleicht bin ich da auch durch die sensationelle Rindsroulade meines Bruders Dieter auch verwöhnt. Die ist so saftig, dass ich auch schon einmal zwei Rouladen verdrückt habe.
Hört der Schwabe “Kässpätzle”, gern auch Kasspatzen oder Knöpfle genannt, verdreht er die Augen, schaut gen Himmel und lächelt selig. Sicher, ich ess die auch gerne, aber diese kultische Verehrung werde ich nie ganz nachvollziehen, wobei es ungefähr so viele Rezepte gibt, wie es Schwaben gibt. Nun, Sterne-Koch Kuntz nennt seine Version klugerweise “Meine Pfälzer Kässpätzle”. Die kommen natürlich nicht pietistisch-schlicht daher wie in Schwaben, sondern pfälzisch üppig.
Da wird nicht an der braunen Butter, an der Sahne gespart und eine ordentliche Portion geschmolzener Allgäuer Bergkäse adelt die Spatzen, die von herrlich krossen Röstzwiebeln gekrönt werden. Gut, dass ein echter Schwabe mit am Tisch saß, der sofort fachmännisch diese süffige Pfälzer Version mit der schlichten und natürlich originalen Variante seiner Mutter verglich. Seltsam nur, statt sich auf seine perfekt gegarte Pfälzer Landentenbrust zu konzentrieren, war ununterbrochen seine Gabel in meinen Spatzen – und am Schluss seufzte der Freund: “Auch wenn´s keine echten sind, saugut schmecken tun sie schon”.
Stimmt, aber für meine “Heimatküche” wird es eine verschlankte Version geben.
Ein Kämpfer ist Karl-Emil Kuntz: Voller Hochachtung sprechen seine Kollegen von seinem sportlichen Elan. Berichten, wie er bei den gemeinsamen Radtouren bewusst das langsamste Rad auswählt – und trotzdem vor allen anderen am Ziel ist. Drahtig-schlank ist der 57-jährige, hellwach und immer in Bewegung – nur nach dem Stress in der Küche sitzt er in sich ruhend inmitten seiner Familie und inmitten des noch gut mit Gästen gefüllten Restaurants und isst.
Aber sonst gibt er gerne Vollgas, läuft Marathon, nach dem Motto: “Morgens Marathon, mittags wieder am Herd”. Tja, bei den Fabelzeiten, die er läuft, geht das. Voller Lob sind seine Kochkollegen auch über seine Kochkünste: “Der könnte locker auf Drei Sterne kochen”, meint einer, der mal bei ihm war. Wird er aber hoffentlich nicht machen, denn diese Mischung aus bodenständiger und Spitzenküche, die vom Wanderer bis zum Gourmet jeden begeistern kann, ist das eigentliche Erfolgsgeheimnis.
Beigetragen zum Erfolg hat natürlich auch das in den Familiengenen liegende Talent als begnadeter Gastgeber. Überall hängen Dankesschreiben von Kanzlern, von ausländischen Staatsmännern, die sich persönlich für seine Küchenkünste bedanken. Überall hängen Fotos, die Kuntz inmitten der Mächtigen zeigen – und die beweisen, dass wir Deutschen auf unsere heimatlichen Spezialitäten stolz sein dürfen.
Fazit: Ein Hort der verfeinerten Regionalküche und nach Einschätzung der Essensführer auch der Spitzenküche. Was ich mir noch wünschen würde: Hinweise, von welchen Produzenten die verwendeten Produkte stammen.
“Hotel Krone”, Hauptstraße 62-64, 072 76/50 80. Die Pfälzer Stuben sind täglich mittags und abends geöffnet. Das Gourmetrestaurant ist von Donnerstag bis Sonntag abends geöffnet. www.hotelkrone.de
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
, Internet: www.lauber-methode.de
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