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„Essen Sie gesund und abwechslungsreich.“ Ein gut gemeinter Ratschlag, wenn es um die Ernährung bei Diabetes geht. Doch was heißt das überhaupt? Liegt das nicht im Auge des Betrachters? Oder gibt es zumindest ein paar Dinge, die allgemein empfohlen werden?
Dieser Beitrag ist Teil des Titelthemas der Zeitschrift Diabetes-Journal, Ausgabe 9/2024. Folgende Beiträge sind ebenfalls in der Reihe zum Thema „So halten Essen und Trinken fit“ erschienen:
Unter gesundem Essen verstehen viele Menschen, dass sie kein Fleisch essen dürfen und es dafür nur noch „Grünzeug“ gibt, was gern als Kaninchenfutter tituliert wird. Weder das eine noch das andere ist der beste Weg. So individuell jeder einzelne Mensch ist, genauso individuell ist das, was Menschen als lecker empfinden und gern essen.
Sicher gibt es Gerichte wie Spaghetti mit Tomatensoße, Bratkartoffeln, Klöße mit Braten und Soße, Milchreis, Eiscreme oder Brezel, die in der Gunst vieler Menschen weit oben stehen. All das ist im Grunde genommen nicht ungesund, es kommt einfach darauf an, wie oft solche Leckereien gegessen werden. Auch die Größe der Portionen spielt dabei eine Rolle, ebenso, wie die Gerichte zubereitet wurden und was es noch dazu gibt.
Auf alle Lieblings-Leckereien zu verzichten, macht keinen Spaß. Denn alles, was auf der Verbotsliste weit oben steht, entwickelt eine unglaubliche Attraktivität – bis alle Vernunft-Dämme brechen. Eine viel bessere Möglichkeit ist die 80-zu-20-Methode: 80 Prozent der Gewohnheiten werden beibehalten, 20 Prozent im ersten Schritt verändert.
Denn wenn man weiß, dass beispielsweise zwei- bis drei-mal pro Woche etwas aus dem Land der Leibspeisen möglich ist, üben solche Dinge nicht mehr solch einen großen Reiz aus. Mehr noch: Auf einmal bekommt die Currywurst oder der Döner einen ganz besonderen Stellenwert – und damit verbunden mehr Aufmerksamkeit und bewussten Genuss.
Verbote sind also vom Tisch. Doch es gibt eine Fülle an Lebensmitteln, die eine echte Wohltat für den Körper sind, weil sie zum Beispiel reich an Vitalstoffen, also Vitaminen, Mineralien, sekundären Pflanzen- und Ballaststoffen sind. Wenn sie dazu noch wenige Kalorien haben, spricht man von Lebensmitteln mit hoher Nährstoff-Dichte (siehe Kasten). Diese tun dem Blutzucker gut und bereichern die Vielfalt gesunder Darmbakterien (Darm-Mikrobiom). Der komplette Körper profitiert davon.
Und diese Lebensmittel sollten den Löwenanteil beim Essen ausmachen. Denn sie tragen zum gesunden Essen bei. Solche Lebensmittel tun auch der Seele gut. Denn Speisen aus gesunden Produkten belasten den Körper nicht. Wer sie isst, fühlt sich dabei gut gestärkt und nicht schlapp, matt und vollgegessen, wie es nach sehr energie-, zucker- und fettreichem Essen oft der Fall ist. Wer sich bewusst für ein Plus an Nährstoff-dichten Lebensmitteln entscheidet, wird mit der Zeit ganz von selbst von einigen Lieblings-Gerichten weniger essen. Sie sind zwar nach wie vor lecker, bekommen einem aber meistens nicht mehr so gut wie Mahlzeiten aus dem gesunden Land. Probieren Sie es einfach mal ein paar Wochen aus. Der Körper gewöhnt sich schnell an die positive Umstellung.
An den Tagen, an denen es ein Gericht mit weniger guter Nährstoff-Dichte gibt, versuchen Sie, eine Extra-Runde Bewegung einzubauen. Wie wäre es mit einem abendlichen Spaziergang oder einer Runde auf dem Ergometer zur Nachrichtensendung im Fernsehen? Was sich auch immer gut macht, ist, etwas Frisches wie Gemüse oder Salat zum Leibgericht zu essen.
Alkohol und Zucker sind zwei weitere Dinge, die weder eine Sünde noch verboten sind. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollen es täglich maximal 25 Gramm raffinierter Zucker sein (etwa 2,5 Esslöffel). Praktisch wäre das zum Beispiel die Marmelade auf dem Brot, ein Stück Schokolade, zwei oder drei kleine Kekse oder auch mal ein Stück Kuchen.
Wenig sinnvoll sind dagegen gezuckerte Getränke, Smoothies und Säfte (außer bei einer Unterzuckerung), Shakes, süße Getränke mit und ohne Alkohol. Auch Bonbons, Fruchtgummi oder Lakritz sind Zucker pur und eher nur sinnvoll bei einer Unterzuckerung. Im Hinblick auf Alkohol empfiehlt es sich, individuelle Regeln aufzustellen: zum Beispiel an Wochentagen weder Bier, Sekt, Wein oder Co zu konsumieren, dafür am Wochenende jeweils ein Glas und das am besten zur Hauptmahlzeit.
Kürzlich hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ihre überarbeiteten Empfehlungen für gesundes Essen veröffentlicht. Hier zeigte sich ein eindeutiger Trend zu einem Plus an pflanzlichen Produkten. Es empfehlen sich öfter mal ein vegetarischer Hauptgang und öfter mal Fisch. Besonders Lachs, Makrele, Hering, Kabeljau oder Rotbarsch bieten sich an.
Bei Fleisch und Wurst, insbesondere von Schwein, Rind, Lamm oder Ziege, gilt die Empfehlung, insgesamt nicht mehr als 300 Gramm (roh gewogen) in der Woche zu essen. Wurst, Speck, Würstchen und Hackfleisch zählen dabei mit. Die Experten der DGE empfehlen, lediglich ein Hühnerei pro Woche zu essen. Dazu kommen noch Eier durch beispielsweise Kuchen, Fertigprodukte, Nudeln oder anderes, in dem Eier enthalten sind.
Milch und Milchprodukte bieten sich besonders in der fettarmen Variante an, ebenso wie Käse. Ein bis zwei Milchprodukte täglich sind für die Knochengesundheit sehr wichtig. Werden Milch und Co aufgrund einer Laktoseintoleranz nicht vertragen oder es wird vegan gegessen, empfehlen sich vegane, zuckerfreie Alternativen zu Milch und Käse mit Kalzium-Zusatz. Produkte mit zertifiziertem Öko-Label sind immer ohne Kalzium-Zusatz, herkömmlichen veganen Alternativen darf Kalzium zugesetzt sein.
Bei den pflanzlichen Lebensmitteln können Sie sich nach Lust und Laune aus dem reichen Angebotskorb bedienen. Die Empfehlung „Fünf am Tag“ – kleine Hände, kleine Portion, große Hände, große Portion – ist nach wie vor aktuell. Für Menschen mit Diabetes bietet sich die Teilung in drei Portionen Gemüse und/oder Salat täglich an und dazu zwei Portionen frisches Obst, am besten aus dem Segment der wasserreichen Früchte. Dazu zählen alle Sorten Beerenobst und Wassermelonen. Kommen Früchte aus der Tiefkühlung oder Konserve in die Auswahl, sollten diese ohne Zusätze wie Zucker, Honig oder andere Zucker-Arten sein.
Mindestens drei- bis viermal pro Woche sind Hülsenfrüchte zu empfehlen. Neben den Klassikern wie Erbsen und braunen Linsen können es auch rote oder schwarze Linsen, Kichererbsen, Kidneybohnen, dicke grüne und weiße Bohnen sowie Sojabohnen und Lupinen sein. Sie lassen sich gegen Fleisch tauschen und versorgen die Körperzellen mit hochwertigem Eiweiß. Zum Knabbern, im Müsli, Obstsalat, Brot oder als Kochzutat sind 25 bis 30 Gramm Nüsse täglich sehr zu empfehlen, am besten pur, also ohne Salz oder andere Zusätze.
Auch Kartoffeln, Brot, Getreide, Nudeln und Reis gehören zum gesunden Essen. Bevorzugen Sie die Varianten aus Vollkorn. Bei Hafer- oder anderen Getreideflocken empfehlen sich statt der zarten die kernigen Produkte. Wenn Sie Nudeln und Reis in der Vollkorn-Version nicht so gern essen, kochen Sie einfach etwas Gemüse oder essen einen Salat zu den klassischen Sorten. Und statt Butter, Schmalz oder fertigen Pflanzencremes wählen Sie Öle wie Raps-, Maiskeim-, Sonnenblumen- oder Oliven-Öl sowie Pflanzenmargarine oder auch mal ein ungesüßtes Nuss-Mus ohne Palmöl.
Bereiten Sie Ihre Mahlzeiten mit Ruhe und Liebe zu. Denn das Auge isst mit. Ist etwas appetitlich angerichtet, schmeckt es gleich doppelt so gut. Holen Sie sich Anregungen bei Rezepten, zum Beispiel jeden Monat hier im Diabetes-Journal. Denn immer wieder etwas Neues auszuprobieren, ist eine kulinarische Erfahrung und Sie werden bestimmt neue Lieblings-Gerichte für sich finden. Außerdem bringen neue Gerichte Abwechslung auf den Speiseplan. Dann werden gesunde Lebensmittel und Gerichte zur neuen Gewohnheit und es macht Spaß, gesund und auch lecker zu essen. Das tut der Seele, dem Körper und dem Gaumen gut. Probieren Sie es einfach mal aus.
Dieser Beitrag ist Teil des Titelthemas der Zeitschrift Diabetes-Journal, Ausgabe 9/2024. Folgende Beiträge sind ebenfalls in der Reihe zum Thema „So halten Essen und Trinken fit“ erschienen:
von Kirsten Metternich von Wolff
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (9) Seite 18-20
5 Minuten
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