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Ende Januar war es wieder so weit: Die Community der Menschen mit Typ-1-Diabetes traf sich in Berlin und virtuell zum t1day. Natürlich waren auch Menschen mit anderen Diabetestypen willkommen.
Im Vordergrund dieses t1days stand, wie Moderator Bastian Niemeier betonte, dass es viel Austausch untereinander gibt. Und Moderatorin Shirin Valentine ergänzte strahlend: „Ab jetzt seid ihr Teil der Familie!“ Und Zeit zum Austausch gab es viel – sei es in den t1-camps, bei den Vorträgen und natürlich in den Pausen in der Industrieausstellung und beim Essen.
Zu Beginn gab es spannende Daten, wie Menschen mit Diabetes – Erwachsene und Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes – über Diabetes und Technologie denken. Für den diesjährigen Digitalisierungs- und Technologiereport (dt-Report) gab es Ende letzten Jahres eine Befragung, an der 2.515 Menschen mit Diabetes und Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes teilnahmen. Die Ergebnisse waren spannend, Details gibt es online unter dt-report.de.
Auch die Politik spielte eine Rolle, schließlich waren es zu diesem Zeitpunkt noch vier Wochen bis zur Bundestagswahl. Dr. Jens Kröger, Diabetologe aus Hamburg und Vorsitzender der Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, sagte: „So ein Event ist superwichtig“, um der Politik zu zeigen, was die Menschen bewegt, was ihnen Sorgen bereitet, was sie möchten und brauchen. Viele im Publikum berichteten über Probleme mit der Versorgung mit Diabetes-Hilfsmitteln. Dr. Kröger: „Das macht mich echt betroffen, was gerade hier abgeht bei der Versorgung von Menschen mit Diabetes.“
PD Dr. Dominic Ehrmann vom Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM) stellte fest: „Wir haben eine politische Ignoranz gegenüber dem Diabetes.“ Das bestätigte auch Dr. Kröger: „Die Erkrankung Diabetes ist in der Politik nicht richtig angekommen.“ Das zeigte sich auch beim „Deutschland-Diabetes-Barometer“ am Stand von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.
Auch ein Blick in die Zukunft wurde geworfen: Wie wird sich die Therapie des Typ-1-Diabetes weiterentwickeln? Ziel ist, so sagte Prof. Dr. Othmar Moser aus Bayreuth, vom Hybrid-Closed-Loop-System das „Hybrid“ loszuwerden, also ein wirklich geschlossenes System zu erreichen. Durch neue Möglichkeiten müsse erreicht werden: „Ich habe Typ-1-Diabeets, aber es bedeutet nichts mehr für mich.“
AID-Systeme mit zwei Hormonen (Insulin und Glukagon) können die Therapie auch weiter vereinfachen. Einige Systeme sind bereits in der Entwicklung und Forschung. Zu den Zukunftsaussichten gehört auch, dass Essmengen automatisch erkannt werden.
Smarte Insuline und der Bereich der Inselzelltransplantation spielen beim Blick in die Zukunft natürlich ebenfalls eine Rolle, wie Prof. Dr. Lutz Heinemann vom diateam und damit auch Veranstalter des t1day und Prof. Dr. Barbara Ludwig aus Dresden berichteten. Gerade durch die Inselzelltransplantation lässt sich eine Zeit im Zielbereich (Time in Range, TIR) von fast 100 Prozent erreichen, so Ludwig: „Die glykämische Kontrolle ist natürlich eindrucksvoll.“
Dauerhaftes Problem ist aber, dass Organe fehlen, um die Zellen zu gewinnen. „Wir brauchen alternative Zell-Quellen.“ Auch daran wird gearbeitet. Eine Heilung ist all das aber nicht, dafür müsste das Immunsystem vom Angriff auf die körpereigenen Inselzellen abgehalten werden. Auch hier gibt es Ansätze, die aber „noch nicht sehr vielversprechend“ seien.
Die t1-camps boten die Möglichkeit zum intensiven Austausch. Im t1-camp „Die Kraft der Community: Was kann Community bewirken? Und wo liegen Grenzen und Herausforderungen?“ sagte zum Beispiel Leonie: „Man ist nicht alleine, auch in diesen besonderen Momenten“, und meinte damit z.B., wenn Folgeerkrankungen auftreten. Dass die Community sich nicht nur auf einen Diabetestyp beziehen sollte, war Susanne wichtig: „Wir haben so viele Themen – lasst uns bitte solidarisch sein.“
Und im t1-camp „Stigma ‚Diabetes‘ überwinden“ erzählten viele Teilnehmende, was sie schon alles an Stigmatisierung erlebt haben – und erhielten Tipps von anderen zum Umgang damit. Aber es gab auch positive Beispiele für Situationen, in denen nicht stigmatisiert wurde, sondern inkludiert. Weitere Camps gab es u.a. zu den Themen AID-Systeme, Sport, Essen und Trinken und „Von Frau zu Frau“.
Zum Abschluss ging es um das Thema künstliche Intelligenz (KI). Prof. Dr. Bernhard Kulzer von FIDAM und diateam in Bad Mergentheim warnte eindringlich: „KI kann nur dann funktionieren, wenn die Informationen gesichert sind.“ Er brachte ein Beispiel mit:
Die KI hatte die Information bekommen, dass Patientin Sonja in einer Bar um 21 Uhr einen Blutzucker von 110 mg/dl bzw. 6,1 mmol/l misst und sich einen Caipirinha bestellt. Dieser enthält, weiß sie, 1,5 KE/BE pro 100 ml, aber sie gibt sich dafür kein Insulin. Im Lauf des Abends isst sie 1 KE/BE Salzstangen. Nach dem dritten Cocktail hat sie um 23 Uhr einen Blutzucker von 298 mg/dl bzw. 16,6 mmol/l.
Auf die Frage, wie es zu diesem Blutzuckerwert kommen konnte und wie sich Sonja verhalten soll, antwortete die KI im Beispiel von Prof. Kulzer:
„Sonjas Glukose ist stark angestiegen, weil Alkohol die Freisetzung von Glukose aus der Leber hemmt. Dadurch kann der Blutzuckerspiegel sinken. Um dies zu kompensieren, produziert die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin. Dieses Insulin wirkt aber auch auf den Alkohol, wodurch die Freisetzung von Glukose aus dem Darm gehemmt wird. Dies führt zu einem weiteren Anstieg des Blutzuckerspiegels. Zusätzlich hat Sonja während des Abends nur 2 KE/BE gegessen. Dies ist nicht ausreichend, um die Caipirinha (insgesamt 4,5 KE/BE) zu kompensieren.
Sonja sollte jetzt folgende Maßnahmen ergreifen:
- Sie sollte sofort ihren Blutzuckerspiegel mit einem Blutzuckermessgerät messen.
- Wenn der Blutzuckerspiegel über 250 mg/dl liegt, sollte sie 10-15 Gramm schnell wirkende Kohlenhydrate zu sich nehmen, z.B. Traubenzucker oder einen Fruchtsaft.
- Sie sollte ihren Blutzuckerspiegel in regelmäßigen Abständen messen, bis er wieder im Normbereich liegt.
- Sie sollte sich für den nächsten Tag etwas mehr Kohlenhydrate einplanen, um eine erneute Hyperglykämie zu vermeiden.“
Dass die KI-Antwort von Fehlern strotzt, ist nicht zu übersehen…
Zum Abschluss erfreuten die Kinder aus der Kinderbetreuung alle Anwesenden noch mit einer schwungvollen Hiphop-Breakdance-Formation, für die sie donnernden Applaus erhielten. Und das Moderationsteam blickte bereits ins Jahr 2026: „Wir hoffen, wir sehen euch nächstes Jahr wieder.“
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