Treffen der Diabetes-Community am t1day: Austausch, Informationen, Überraschendes

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Treffen der Diabetes-Community am t1day: Austausch, Informationen, Überraschendes – | Foto: MedTriX/Katrin Kraatz
Foto: MedTriX/Katrin Kraatz
Treffen der Diabetes-Community am t1day: Austausch, Informationen, Überraschendes

Ende Januar war es wieder so weit: Die Community der Menschen mit Typ-1-Diabetes traf sich in Berlin und virtuell zum t1day. Natürlich waren auch Menschen mit anderen Diabetestypen willkommen.

Im Vordergrund dieses t1days stand, wie Moderator Bastian Niemeier betonte, dass es viel Austausch untereinander gibt. Und Moderatorin Shirin Valentine ergänzte strahlend: „Ab jetzt seid ihr Teil der Familie!“ Und Zeit zum Austausch gab es viel – sei es in den t1-camps, bei den Vorträgen und natürlich in den Pausen in der Industrieausstellung und beim Essen.

Daten zu Technologie im Digitalisierungs- und Technologiereport

Zu Beginn gab es spannende Daten, wie Menschen mit Diabetes – Erwachsene und Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes – über Diabetes und Technologie denken. Für den diesjährigen Digitalisierungs- und Technologiereport (dt-Report) gab es Ende letzten Jahres eine Befragung, an der 2.515 Menschen mit Diabetes und Eltern von Kindern mit Typ-1-Diabetes teilnahmen. Die Ergebnisse waren spannend, Details gibt es online unter dt-report.de.

„Wir haben eine politische Ignoranz gegenüber dem Diabetes“

Auch die Politik spielte eine Rolle, schließlich waren es zu diesem Zeitpunkt noch vier Wochen bis zur Bundestagswahl. Dr. Jens Kröger, Diabetologe aus Hamburg und Vorsitzender der Organisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, sagte: „So ein Event ist superwichtig“, um der Politik zu zeigen, was die Menschen bewegt, was ihnen Sorgen bereitet, was sie möchten und brauchen. Viele im Publikum berichteten über Probleme mit der Versorgung mit Diabetes-Hilfsmitteln. Dr. Kröger: „Das macht mich echt betroffen, was gerade hier abgeht bei der Versorgung von Menschen mit Diabetes.“

PD Dr. Dominic Ehrmann vom Forschungsinstitut der Diabetes-Akademie Bad Mergentheim (FIDAM) stellte fest: „Wir haben eine politische Ignoranz gegenüber dem Diabetes.“ Das bestätigte auch Dr. Kröger: „Die Erkrankung Diabetes ist in der Politik nicht richtig angekommen.“ Das zeigte sich auch beim „Deutschland-Diabetes-Barometer“ am Stand von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

Diskussion mit dem Publikum: Was wünschen sich die Anwesenden von der Industrie und der Politik?
Shirin Valentine und Bastian Niemeier moderierten auch in diesem Jahr wieder den t1day.

Wie wird sich die Therapie des Typ-1-Diabetes weiterentwickeln?

Auch ein Blick in die Zukunft wurde geworfen: Wie wird sich die Therapie des Typ-1-Diabetes weiterentwickeln? Ziel ist, so sagte Prof. Dr. Othmar Moser aus Bayreuth, vom Hybrid-Closed-Loop-System das „Hybrid“ loszuwerden, also ein wirklich geschlossenes System zu erreichen. Durch neue Möglichkeiten müsse erreicht werden: „Ich habe Typ-1-Diabeets, aber es bedeutet nichts mehr für mich.“

AID-Systeme mit zwei Hormonen (Insulin und Glukagon) können die Therapie auch weiter vereinfachen. Einige Systeme sind bereits in der Entwicklung und Forschung. Zu den Zukunftsaussichten gehört auch, dass Essmengen automatisch erkannt werden.

Auch in der Industrie-Ausstellung war viel los und Gelegenheit für Gespräche und Austausch.
Am Stand von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe gab es ein „Deutschland-Diabetes-Barometer“.

Inselzelltransplantation: vielversprechende Ansätze

Smarte Insuline und der Bereich der Inselzelltransplantation spielen beim Blick in die Zukunft natürlich ebenfalls eine Rolle, wie Prof. Dr. Lutz Heinemann vom diateam und damit auch Veranstalter des t1day und Prof. Dr. Barbara Ludwig aus Dresden berichteten. Gerade durch die Inselzelltransplantation lässt sich eine Zeit im Zielbereich (Time in Range, TIR) von fast 100 Prozent erreichen, so Ludwig: „Die glykämische Kontrolle ist natürlich eindrucksvoll.“

Dauerhaftes Problem ist aber, dass Organe fehlen, um die Zellen zu gewinnen. „Wir brauchen alternative Zell-Quellen.“ Auch daran wird gearbeitet. Eine Heilung ist all das aber nicht, dafür müsste das Immunsystem vom Angriff auf die körpereigenen Inselzellen abgehalten werden. Auch hier gibt es Ansätze, die aber „noch nicht sehr vielversprechend“ seien.

Die Kraft der Community: „Man ist nicht alleine“

Die t1-camps boten die Möglichkeit zum intensiven Austausch. Im t1-camp „Die Kraft der Community: Was kann Community bewirken? Und wo liegen Grenzen und Herausforderungen?“ sagte zum Beispiel Leonie: „Man ist nicht alleine, auch in diesen besonderen Momenten“, und meinte damit z.B., wenn Folgeerkrankungen auftreten. Dass die Community sich nicht nur auf einen Diabetestyp beziehen sollte, war Susanne wichtig: „Wir haben so viele Themen – lasst uns bitte solidarisch sein.“

Und im t1-camp „Stigma ‚Diabetes‘ überwinden“ erzählten viele Teilnehmende, was sie schon alles an Stigmatisierung erlebt haben – und erhielten Tipps von anderen zum Umgang damit. Aber es gab auch positive Beispiele für Situationen, in denen nicht stigmatisiert wurde, sondern inkludiert. Weitere Camps gab es u.a. zu den Themen AID-Systeme, Sport, Essen und Trinken und „Von Frau zu Frau“.

Lebhaft diskutiert wurde im t1-camp zum Thema Community, ausgerichtet vom Diabetes-Anker.
Zum Abschluss präsentierten die Kinder aus der Kinderbetreuung eine eine Hiphop-Breakdance-Show.

Vorsicht beim Einsatz künstlicher Intelligenz: unzuverlässige KI

Zum Abschluss ging es um das Thema künstliche Intelligenz (KI). Prof. Dr. Bernhard Kulzer von FIDAM und diateam in Bad Mergentheim warnte eindringlich: „KI kann nur dann funktionieren, wenn die Informationen gesichert sind.“ Er brachte ein Beispiel mit:

Die KI hatte die Information bekommen, dass Patientin Sonja in einer Bar um 21 Uhr einen Blutzucker von 110 mg/dl bzw. 6,1 mmol/l misst und sich einen Caipirinha bestellt. Dieser enthält, weiß sie, 1,5 KE/BE pro 100 ml, aber sie gibt sich dafür kein Insulin. Im Lauf des Abends isst sie 1 KE/BE Salzstangen. Nach dem dritten Cocktail hat sie um 23 Uhr einen Blutzucker von 298 mg/dl bzw. 16,6 mmol/l.

Auf die Frage, wie es zu diesem Blutzuckerwert kommen konnte und wie sich Sonja verhalten soll, antwortete die KI im Beispiel von Prof. Kulzer:

„Sonjas Glukose ist stark angestiegen, weil Alkohol die Freisetzung von Glukose aus der Leber hemmt. Dadurch kann der Blutzuckerspiegel sinken. Um dies zu kompensieren, produziert die Bauchspeicheldrüse mehr Insulin. Dieses Insulin wirkt aber auch auf den Alkohol, wodurch die Freisetzung von Glukose aus dem Darm gehemmt wird. Dies führt zu einem weiteren Anstieg des Blutzuckerspiegels. Zusätzlich hat Sonja während des Abends nur 2 KE/BE gegessen. Dies ist nicht ausreichend, um die Caipirinha (insgesamt 4,5 KE/BE) zu kompensieren.

Sonja sollte jetzt folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Sie sollte sofort ihren Blutzuckerspiegel mit einem Blutzuckermessgerät messen.
  • Wenn der Blutzuckerspiegel über 250 mg/dl liegt, sollte sie 10-15 Gramm schnell wirkende Kohlenhydrate zu sich nehmen, z.B. Traubenzucker oder einen Fruchtsaft.
  • Sie sollte ihren Blutzuckerspiegel in regelmäßigen Abständen messen, bis er wieder im Normbereich liegt.
  • Sie sollte sich für den nächsten Tag etwas mehr Kohlenhydrate einplanen, um eine erneute Hyperglykämie zu vermeiden.“

Dass die KI-Antwort von Fehlern strotzt, ist nicht zu übersehen…

Schwungvolle Formation zum Abschluss

Zum Abschluss erfreuten die Kinder aus der Kinderbetreuung alle Anwesenden noch mit einer schwungvollen Hiphop-Breakdance-Formation, für die sie donnernden Applaus erhielten. Und das Moderationsteam blickte bereits ins Jahr 2026: „Wir hoffen, wir sehen euch nächstes Jahr wieder.“


von Dr. Katrin Kraatz

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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