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Der normale Diabetiker
3 Minuten
Normal sein. So wie alle anderen sein. Durch den Diabetes nicht eingeschränkt sein. Wie meine Freunde auch auf Klassenfahrt fahren. Dem Sportverein beitreten. In der U-Bahn nicht um den Sitzplatz bitten, weil ich unterzuckert bin. Bloß nicht auffallen. Die Insulinpumpe im Sommer unter dem Kleid verstecken und den Dexcom-Sensor mal nicht sichtbar am Arm platzieren, weil man keine Lust auf unangenehme Fragen hat.
Unbedingt „normal“ sein
In meiner Kindheit mit Diabetes habe ich es häufig zu spüren bekommen: Als Kind darfst du nicht anders sein, musst unbedingt normal sein. So sehr ich es auch wollte, normal war ich als Kind nicht. Auf der ersten Klassenfahrt schlief ich bei meiner Mutter im Zimmer, damit sie nachts auf meine Blutzuckerwerte schauen konnte. In den Schulpausen konnte ich mir nicht spontan eine Laugenstange am Kiosk holen, weil es nicht in meinen Spritzplan passte. Beim Sportunterricht musste ich wegen Unterzuckerungen häufig Pause machen. Bei Kindergeburtstagen wurde ich manchmal gar nicht erst eingeladen, damit „die anderen Kinder mir nichts voressen würden“. Und bei der sechsstündigen Abiturprüfung durfte ich häufiger auf Toilette als alle anderen, weil mein Blutzucker hoch und ich tierisch durstig war. Dieselbe – „normale“ – Bewertung habe ich dennoch bekommen.
Diabetes war für mich nicht „normal“
Lange Zeit war es mir aufgrund meiner Erlebnisse unangenehm, meinen Diabetes offen zu zeigen. Nichts wünschte ich mir in der Pubertät mehr, als einfach normal zu sein. Normal bedeutete für mich alles – nur eben, keinen Diabetes zu haben. Auch jetzt, als junge Erwachsene, ertappe ich mich noch dabei, dass ich sauer auf den Diabetes bin, weil er mich nicht „normal“ sein lässt. Doch was ist eigentlich „normal“? und was ist „nicht normal“? Wieso wollen wir überhaupt einer Norm entsprechen, die jemand anderes angeblich festgelegt hat?
Ich denke, jeder Mensch weiß, wie diese Gedanken sich ab und zu in den Kopf setzen können und für einige Zeit nicht wieder gehen. Der Mensch hat eine natürliche Angst davor aufzufallen – und doch bestehen wir jeder auf unsere Individualität. Wir vergleichen uns mit unseren Mitmenschen und wollen aber doch immer selbst bestimmen, ob wir normal sind oder nicht. Das ganze Leben streben wir danach, eine Balance zu halten zwischen Anderssein und Gleichsein.

Auf der Suche nach einer Balance
Gleichsein bedeutet, man bekommt keine unangenehme Aufmerksamkeit. Steht nicht im Mittelpunkt, durch Dinge, die wir anders machen als andere. Keine unangenehmen Fragen beantworten. Mitziehen mit der Masse. Anderssein bedeutet, man hebt sich von anderen ab. Macht sein eigenes Ding. So, wie es einem gefällt. Man fällt auf, wird vielleicht zum Gesprächsthema. Und man kann Aufklärung leisten, Dinge hinterfragen und Menschen inspirieren.
Wo ordne ich mich denn als Mensch mit Diabetes ein?
Ich bin anders als andere Menschen. Muss ich mich doch jeden Tag darum kümmern, dass meine Insulinpumpe läuft. Statt Schokolade esse ich eine Möhre, wenn ich Lust auf Süßes habe. Und in meinem Schrank zu Hause ist eine Schublade mit unzählig vielen Kanülen gefüllt. Ganz zu schweigen von den ganzen Arztterminen – die Kollegen sind viel weniger krank.
Ich bin gleich wie andere Menschen. Jeden Morgen stehe ich auf, gehe duschen und zur Arbeit. Neben der Arbeit studiere ich auch noch. Drei bis vier Mal die Woche treibe ich Sport. Am Wochenende gehe ich mit meinem Freund ins Kino oder mit meinen Freundinnen etwas trinken. Und wenn ich traurig bin, muntert mich Schokolade eigentlich viel besser auf als eine Möhre.
Herrlich normal nicht normal
Und nun? Wer sagt überhaupt, ob ich damit jetzt normal bin? Ob ich gleich oder anders als andere Menschen bin? Und warum soll der Diabetes daran Schuld haben? Jede und jeder von uns Diabetikern und Nicht-Diabetikern ist anders und gleich zur selben Zeit. Der Diabetiker sieht sich in einer Gruppe voller Nicht-Diabetiker vielleicht als nicht normal. In einer Gruppe voller Diabetiker hingegen ist er immer noch derselbe Mensch – aber normal. Wir sind alle individuelle Menschen mit eigenen Zielen, Träumen und Wünschen. Herrlich normal nicht normal. Erlebnisse, Erinnerungen und Erfahrungen prägen unsere ganz eigene Norm, welche die einzige ist, die für uns ein Maßstab sein sollte.
Wenn wir alle anders sind, sind wir dann nicht auch irgendwie gleich? Wenn jeder danach strebt, gleich zu sein, macht ihn das nicht anders? Niemand außer uns selbst kann entscheiden, ob wir normal sind, es sein wollen, oder nicht. Ein Vergleich mit anderen findet immer auf subjektiver Ebene statt, doch die hohe Kunst ist es, sich selbst zu akzeptieren. Dann bin ich schnell normal, wenn ich möchte. Ganz für mich selbst. Und an anderer Stelle bin ich anders, so wie ich es möchte. Hauptsache, ich akzeptiere und liebe mich selbst. So wie ich bin. Mit Diabetes und ohne.
Die Kindheit und Jugend mit Diabetes ist nicht immer leicht. Kathy hat über die Schulzeit ihrer Tochter berichtet: Aus dem Schulalltag mit Diabetes Typ 1 – Diabetes Mobbing
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig