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Kann Stress die Entstehung des Diabetes beeinflussen? Aber auch: Wie wirkt sich Stress z. B. auf die Zuckerwerte und den Insulinbedarf aus? Darum ging es in Teil 1 von “Stress lass nach”. Die Themen im zweiten Teil: Stressfaktoren und Strategien zum Umgang mit Stress.
Wie entsteht Stress? In der Abbildung rechts ist ein einfaches Stressmodell dargestellt, das die Wechselwirkung zwischen der Person und ihrer Umwelt veranschaulicht. Stress entsteht, wenn von außen kommende Belastungen (Stressoren) auf uns einwirken.
Stressoren können physikalischer Natur sein (z. B. bei Lärm, großer Hitze oder körperlichen Belastungen). Viel häufiger handelt es sich jedoch um psychosoziale Bedingungen wie Termindruck, Konflikte mit Kind oder Partner, Doppelbelastung durch Beruf und Familie oder hohe Verantwortung beispielsweise für das tägliche Therapiemanagement.
Die Stressoren lösen nicht per se Stress aus. Ihre Wirkung hängt davon ab, wie die Person die Stressoren und ihre eigenen Fähigkeiten bewertet: Ist der Stressor für mich relevant? Stellt er eine Gefahr da? Habe ich Möglichkeiten, mit dem Stressor umzugehen?
Nur wenn ein Stressor als bedrohlich und schwer zu bewältigen eingestuft wird, kommt es zur Stressreaktion. Dies erklärt, warum einige Menschen scheinbar mühelos mit Belastungen umgehen und andere nicht.
Aber natürlich gibt es Situationen, die so belastend sind, dass fast alle Menschen zunächst mit Überforderung darauf reagieren – z. B. wenn man eine schwere Krankheitsdiagnose erhält. Zudem kommt es auf die Menge an: Ein einmaliges Ereignis überfordert wahrscheinlich noch nicht, kommt es häufiger vor oder kommen mehrere Belastungen zusammen, wird es schnell zu viel.
Durch die Abbildung des Stressmodells wird deutlich, dass Stressbewältigung auf mehreren Ebenen ansetzen kann. Damit es gar nicht erst zu massiven Stressreaktionen kommt, kann man versuchen, die Stressoren zu reduzieren. Außerdem kann man an seinen eigenen Einschätzungen und Fähigkeiten arbeiten, mit Stressoren umzugehen, so dass von außen einwirkende Belastungen als weniger bedrohlich erlebt werden.
Zu guter Letzt geht es um den Ausgleich für bestehende Belastungen, wenn die Stressreaktion bereits eingetreten ist. Die wichtigsten Strategien sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Erhöhen der eigenen Widerstandskraft
Ausgleich für bestehende Belastungen
Wenn Sie sich belastet fühlen, sollten Sie auf die Suche nach den Ursachen und Auslösern für die Stressbelastung gehen. Sind es spezielle Situationen wie Katheterwechsel oder Auseinandersetzungen innerhalb der Familie? Sind es eigene Ängste (z. B. vor Glukosewerten außerhalb des Zielbereichs) oder Gedanken (z. B. “Kein anderer kann gut für mein Kind sorgen”)? Oder ist es einfach zu viel, was in einer bestimmten Zeit geleistet werden muss?
Wenn die persönlichen Verursacher gefunden sind, sollte man überlegen, was man dagegen tun kann: Hilft ein klärendes Gespräch? Brauche ich mehr Informationen, um das Risiko bei Nicht-Erreichen der Therapieziele realistisch einzuschätzen? Gibt mir eine erneute Einweisung in die Insulinpumpe oder das CGM-System mehr Sicherheit? Brauche ich Beratung, wie ich mit schwierigen Situationen besser umgehen kann? Gibt es Tätigkeiten, die ich reduzieren oder weglassen kann? Wer könnte mich unterstützen und entlasten?
Sie werden nicht alle Stressquellen ausschalten können, aber häufig bringt es schon Erleichterung, das eine oder andere etwas zu reduzieren.
Um in Stresssituationen gelassener zu bleiben, sollten Sie sich die Frage beantworten: “Wer oder was kann mir in der Stresssituation helfen?”
Zu den Ressourcen gehören:
Zu den Ressourcen gehören auch das Wissen und die Fähigkeit zu einer kompetenten Diabetestherapie und ein sicherer Umgang mit sich verändernden Glukosewerten. Seine Ressourcen sollte man gut pflegen und wenn möglich weiter ausbauen.
Zusätzlich beeinflussen unsere Grundeinstellungen unsere Widerstandskraft. Menschen, die alles schwarz malen, geraten schneller unter Druck als Menschen, die mit Optimismus in die Zukunft blicken. Weitere den Stress verschärfende Einstellungen und Verhaltensweisen sind Perfektionismus, nicht Nein sagen können und geringes Selbstvertrauen.
Auch wenn es nicht einfach ist, sollten wir daher an uns arbeiten.
Je positiver und gelassener wir an die Dinge herangehen, desto besser ist es für uns und unsere Umwelt:
Wenn wir im Stress sind, verzichten wir häufig auf Aktivitäten, die uns als Ausgleich dienen. Aber gerade in diesen Situationen ist es wichtig, auf andere Gedanken zu kommen und den Stress körperlich abzubauen. Statt sich auf das heimische Sofa zurückzuziehen, sollten Sie also lieber rausgehen, sich bewegen, nette Leute treffen oder andere Dinge machen, die Ihnen Freude bereiten. Sie werden sich hinterher gelöster fühlen und haben neue Kraft, den Alltag zu meistern.
Um besser gegen Stress gewappnet zu sein und gelassener zu bleiben, sollte man zudem regelmäßige Entspannungs- und Erholungspausen einplanen. Dazu gehören tägliche kleine Auszeiten wie eine in Ruhe genossene Tasse Kaffee – aber Sie sollten auch regelmäßige längere Erholungsphasen einplanen (z. B. Sport- oder Saunabesuche, Urlaub). Indem Sie etwas für sich tun, tun Sie auch etwas für Ihr Kind. Mehr als alles andere braucht Ihr Kind gesunde und ausgeglichene Eltern!
Nicht nur die Umwelt, sondern wir selbst mit unseren Fähigkeiten, Stimmungen und Grundeinstellungen haben Einfluss auf die Art und Weise, wie wir Stress erleben! Wer mehr zu dem Thema erfahren möchte, kann sich bei seiner Krankenkasse, Volkshochschule oder im Sportverein über Angebote zum Stressmanagement und zu Entspannungsverfahren informieren. Auch Apps, Bücher und CDs können Sie nutzen, um Entspannungstechniken zu erlernen.|
von Dipl.-Psych Dr. Gundula Ernst
Medizinische Psychologie, Medizinische Hochschule Hannover
E-Mail: ernst.gundula@mh-hannover.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 11 (2) Seite 14-16
5 Minuten
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