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Ein gutes Leben mit und trotz Diabetes ist eines der wichtigsten Ziele der Diabetestherapie. Denn wofür nehmen Menschen mit Diabetes die täglichen Mühen der Therapie auf sich? Prof. Dr. Bernhard Kulzer ordnet die Ergebnisse einer Umfrage zur Lebensqualität bei Diabetes ein und gibt Tipps fürs Glücklichsein.
Um ihre Lebensziele erreichen zu können und nicht durch Akut- oder Folgekomplikationen daran gehindert zu werden, nehmen Menschen mit Diabetes die Mühen der Therapie auf sich. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass das Leben mit Diabetes Spuren hinterlässt und die Lebensqualität bei Menschen mit Diabetes, unabhängig vom Diabetestyp, im Durchschnitt etwas schlechter ist als in der Allgemeinbevölkerung. Daher wollten wir in der Umfrage wissen, wie Menschen mit Diabetes ihre Lebensqualität einschätzen.
Fast 60 Prozent der Befragten schätzen ihre Lebensqualität ähnlich ein wie Menschen ohne Diabetes. Das passt zu den Aussagen der Befragten: „Ich schaffe nichts ‚trotz‘ Diabetes. Es ist halt ein Teil meines Lebens und ich mache alles mit meinem Diabetes.“ „Diabetes hindert mich nicht, was auch immer zu schaffen.“ Allerdings geben 39 Prozent an, dass sie ihre Lebensqualität vergleichsweise schlechter einschätzen.
Erahnen, warum das so ist, lässt sich das durch Äußerungen wie: „Ich empfinde immer noch jeden Messwert, der von meiner berechneten Erwartung abweicht, als Enttäuschung bzw. Niederlage.“ „Verschiedene Folgeerkrankungen. Am Beginn meines Diabetes war die ärztliche Betreuung menschlich gut, aber medizinisch schwach.“ Nicht zu vergessen: 3 Prozent schätzen ihre Lebensqualität besser ein als Menschen ohne Diabetes.
Vielleicht waren dies Teilnehmer, die geantwortet haben: „Ich würde eher sagen, ‚wegen‘ des Diabetes: Ich laufe Halbmarathon und bin sportlich so aktiv, wie ich es vor dem Diabetes nicht gewesen bin, und das mit großer Freude am Sport.“ „Unternehmen gegründet, die halbe Welt bereist, Höhen erklommen und bis zu 24 m tief getaucht.“
„Möglichst am Leben mit allen Sinnen teilzunehmen“ lautet die Antwort eines Teilnehmers auf die Frage nach dem wichtigsten Ziel der Diabetestherapie. Einerseits beinhaltet diese Antwort den Wunsch nach einem bewussten, intensiven Leben. Gleichzeitig schwingt die Sorge mit, aufgrund von Folgeerkrankungen wichtige Sinneseindrücke zu verlieren bzw. Einschränkungen zu erleiden.
Die Frage nach dem „Warum“ führt zu einer entscheidenden Frage: Was ist das Ziel, warum bemühen sich Menschen mit Diabetes jeden Tag um gute Therapie-Ergebnisse? Gute Glukosewerte sind ja nur Mittel zum Zweck, um Lebensziele zu erreichen oder keine Einschränkungen in der eigenen Lebensplanung zu erfahren. Aus der Motivationsforschung ist bekannt, dass persönlich bedeutsame, attraktive Ziele eine ganz wichtige Quelle der Motivation sind.
Viele Teilnehmende dieser Umfrage haben diese Frage bereits für sich beantwortet und uns zahlreiche Berichte über die für sie persönlich wichtigsten Ziele zukommen lassen. Einige wichtige Ziele sind im folgenden Kasten zusammengefasst.
Wir wollten auch wissen, was Lebensqualität mit Diabetes für sie persönlich bedeutet, was ihr größter persönlicher Erfolg mit Diabetes ist, worauf sie stolz sind. Die Antworten waren so bunt und vielfältig wie das Leben.
Besonders stolz waren Teilnehmende, die schon sehr lange an Diabetes erkrankt sind und trotzdem keine Folgeerkrankungen haben: „55 Jahre Diabetes (mein Alter ist 69) ohne Komplikationen“, „81 Jahre, davon 54 mit Diabetes Typ 1“ oder „48 Jahre mit Diabetes überlebt“, „bin schon 15 Jahre älter als vorhergesagt“ sind typische Antworten. Oder auch ganz knapp: „Ich lebe noch!“
Auch in Bezug auf eine gelungene Diabetestherapie waren Teilnehmende stolz: „Dass ich es trotz anstrengender Schulungen geschafft habe, meine zu hohen Werte in Griff bekommen zu haben“, „HbA1c-Wert 5,9 – alle anderen Blutwerte immer in Ordnung“, „von 112,5 kg auf jetzt 100 kg“, „ich laufe jeden Tag mindestens 20 000 Schritte“.
Als befriedigend erleben es nicht wenige Teilnehmende auch, aufgrund des Diabetes keine bzw. nur wenige berufliche Einschränkungen zu erleben: „Studium und Tätigkeit bis zur Rente trotz nahezu 50 Jahren Diabetes“, „Mein berufliches und privates Leben ohne besondere Einschränkungen geschafft“, aber auch „Keinen Tag im Arbeitsleben diabetesbedingt krank gewesen zu sein“.
Besonders stolz waren Teilnehmende, die trotz Hürden oder Einschränkungen ihren beruflichen Werdegang geschafft haben: „Meine Karriere als Generalstabsoffizier der Bundeswehr trotz der damals ahnungslosen Bundeswehr-Sanitäts-Offiziere“, „Studium, meine Arbeit in der Raumfahrt und über 35 Jahre Feuerwehr“, „Verbeamtung“, „Busführerschein“, „Diabetesberater zu werden“.
Auch, Beruf und Kindererziehung trotz Diabetes gut geschafft zu haben, ist für nicht wenige eine Quelle für Stolz: „Beruf, Kinder und Familie unter einen Hut zu bekommen“, „Familie mit Kindern, Pflegekindern“, „2 Kinder erfolgreich ins Erwachsenenleben entlassen“.
Aufgrund des Diabetes keine Grenzen aufgezeigt zu bekommen, ist auch wichtig: „Ich fühle mich durch Diabetes an nichts gehindert“, „Ein ‚normales‘ Leben führen zu können trotz bzw. mit den gegebenen Einschränkungen“, „Wanderurlaube rund um die Welt ohne schlimmen Unterzucker“, „Ich war mit unseren 12 Huskys jahrelang aktiv im Schlittenhundesport“.
Aus den Antworten einiger Personen ist zu entnehmen, dass sie stolz sind, auch Hindernisse erfolgreich gemeistert zu haben: „Das Leben intensiver wahrzunehmen und aktiv zu bleiben“, aber auch „Ein fast normales Leben zu führen, keiner sieht, wie viel Energie mich das kostet“.
Das Leben gut zu meistern, trotz Herausforderungen, ist nicht einfach. Nicht umsonst spricht man von „Lebenskunst“. Dennoch gibt es wissenschaftliche Ergebnisse, die klar zeigen, welche Konzepte mit einem zufriedeneren und glücklicheren Leben verbunden sind. Hier sind die wichtigsten:
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2024; 72 (10) Seite 10-13
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