- Aus der Community
Von ungewollten Wegbegleitern und neunmalklugen Besserwissern
3 Minuten
Wenn der Diabetes erst mal da ist, will er nicht mehr gehen. Mist – endlich ist man den unliebsamen Mitbewohner der letzten WG los und Herrscher der eigenen vier Wände, nistet sich schon der nächste ein. Diesmal sogar, ohne Miete zu zahlen. Schlimmer kann es doch eigentlich gar nicht mehr kommen.
Dass man den neuen Begleiter nicht mal eben so annehmen kann, wundert niemanden. Eine solch drastische „Umgewöhnung“ ist schwierig und braucht Zeit. Sie verändert das ganze Leben.
Was mir damals sehr geholfen hat, war, darüber zu reden. Mit 4 Jahren habe ich sicherlich noch nicht die ganze Tragweite einer solchen Erkrankung begriffen, aber ich wusste sehr wohl, dass in den Finger gepikt und gespritzt werden weh tut. An manchen Stellen mehr, an anderen weniger. Und es hört nie ganz auf, auch wenn es mit der Zeit besser wird.
Nein, ich bin nicht schuld!
Viele Diabetiker werden es kennen, dass ihnen wegen ihrer Erkrankung Vorwürfe gemacht werden, manchmal sogar von ihrer eigenen Familie. Fast jeder Diabetiker wird schon solche Sätze gehört haben wie: „Du bist doch selbst schuld an deiner Erkrankung, hättest eben nicht so viele Süßigkeiten essen dürfen!“
Wenn ich solche Sätze höre, platzt mir inzwischen fast die Hutschnur. Nein, ich kann nichts für meine Krankheit und meine Eltern haben mich als Kind auch nicht gemästet! Nein, ich habe nicht zu viel genascht und mit Light-Produkten hat Diabetes auch nichts zu tun! Nein, ich habe nicht zu wenig Sport getrieben und mich ungesund ernährt!
Genau diese Sätze könnte ich diesen Besserwissern – die in Wirklichkeit eigentlich so gar keine Ahnung von der ganzen Materie haben – antworten. Aber das würde wohl nichts nützen, weil viele dieser Leute schon eine vorgefertigte Meinung haben, sobald sie das Wort Diabetes nur hören. In solchen Fällen hilft bei mir dann nur, tiiief durchzuatmen und langsam bis zehn zu zählen. Und auf meinen imaginären Boxsack einzuprügeln.
Ja, ich brauche mein Insulin!
Habe ich bei einer solchen Begegnung der unangenehmeren Art genügend Zeit und Muße, setze ich zu einem Vortrag über die Entstehung der verschiedenen Diabetestypen und den Unterschied zwischen Diabetes Typ 1 und Typ 2 an – wenn ich schon aufkläre, dann richtig. Natürlich haben sich auch die Typ-2-Diabetiker ihre Erkrankung nicht ausgesucht und Typ 2 hat auch nicht immer etwas mit falscher Ernährung und zu wenig Sport zu tun, aber bei Typ-1ern, wie ich einer bin, helfen Sport und gesunde Ernährung allein meiner Bauchspeicheldrüse eben auch nicht mehr. Ich muss nun mal spritzen, ohne Insulin würde ich sterben.
Wer sich dann wirklich meinen kompletten Vortrag von A bis Z angehört hat – die meisten verschwinden nämlich spätestens bei der detailgenauen Erklärung, wie das so mit dem Blut und den Nadeln funktioniert –, dem sind die schlauen Sprüche meist vergangen. Oft kommt dann nur noch die Bemerkung, dass sie das ja niiie könnten – aber meine Entgegnung („Dann musst du halt sterben.“) verkneife ich mir in der Regel.
Viele Diabetiker, mit denen ich mich schon über das Thema Aufklärung von Unwissenden unterhalten habe, sagen, dass sie sich gar nicht mehr die Mühe machen, andere Menschen aufzuklären. Weil es ja doch nichts nützen würde. Also wozu sich den Stress machen?
Ich denke aber, irgendwer sollte es doch machen. Und würde ich das nicht machen, würde ich mich wohl mehr darüber ärgern, dass ich es nicht wenigstens versucht habe, das Un- oder Halbwissen von Nicht-Diabetikern zu verbessern. Vielleicht wird dann ja der nächste Diabetiker nicht blöd von der Seite angeredet.
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 5 Tagen, 6 Stunden
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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stephanie-haack postete ein Update vor 6 Tagen, 3 Stunden
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
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lena-schmidt antwortete vor 6 Tagen, 2 Stunden
Ich bin dabei 🙂
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
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Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike