„100 Jahre Insulin“: Insulin, DMP und das Diabetesleben

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© diabetesDE/MIKA-fotografie-Berlin
„100 Jahre Insulin“: Insulin, DMP und das Diabetesleben

„Und täglich pump’ ich Insulin“, mit diesen Worten brachte Matthias Steiner, früherer Gewichtheber mit Typ-1-Diabetes, seinen Alltag mit der Insulinpumpe auf den Punkt. Was heute kaum mehr vorstellbar ist: Vor 100 Jahren verlief der Diabetes noch tödlich. „100 Jahre Insulin“, diesen runden Geburtstag feierte diabetesDE im Juli in Berlin.

Gänsehaut-Momente – während des Festakts gab es sie immer wieder – ob bei den lebendigen Erzählungen zur Historie des Insulins oder den persönlichen Geschichten aus eigener Betroffenheit, wie von Matthias Steiner. Er berichtete über amüsante, aber auch beängstigende Situationen, die er im Rahmen seiner Insulinpumpentherapie schon erlebt hat (z. B. über eine nächtliche Odyssee von Apotheke zu Apotheke, weil das benötigte Zubehör fehlte). Sie machten alle deutlich: Auch ein professionalisiertes Diabetes-Management hat immer seine menschliche Seite.

Olympiasieger Matthias Steiner beim Festakt „100 Jahre Insulin“ in Berlin.

Eher trocken kam da die Politik daher, genauer Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, was wohl auch an seinem Dauerthema lag: der Umgang mit der Corona-Pandemie, der die politische Agenda in den zurückliegenden Monaten bestimmt und diverse Ressourcen gebunden habe, auch in seinem Ministerium, so Spahn. Natürlich ging es dann auch um den Diabetes: Für „sehr wichtig“ hält er hier das Disease-Management-Programm (DMP) Adipositas, das vor Kurzem gesetzlich verankert wurde.

Den zur Umsetzung der Nationalen Diabetes-Strategie notwendigen Schritt hatte der Bundestag im Juni beraten. Die Einführung eines strukturierten Behandlungsprogramms für Menschen mit starkem Übergewicht (Adipositas) konnte so noch vor der Sommerpause auf den Weg gebracht werden – mit dem Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG).

2002: erstes Jahr für die DMPs, erstes Jahr MdB für Jens Spahn

„Ich weiß noch, als wir zum ersten Mal über Disease-Management-Programme gesprochen haben, da hieß es immer: Rezeptbuchmedizin und Leitlinien braucht kein Mensch“, erinnerte Spahn und schob augenzwinkernd hinterher, dass er hier „etwas übertreibe“. 2002 wurden die DMPs in Deutschland eingeführt, genau in dem Jahr übrigens, als der heutige Bundesgesundheitsminister mit gerade mal 22 Jahren für die CDU in den Bundestag einzog.

Die viel diskutierten Behandlungsprogramme sollten die Diabetesversorgung verbessern, so der Plan, u. a. durch das Recht der Patient:innen auf Schulung und regelmäßige Kontrolltermine (Augenarzt, Fußkontrolle, Nierentest). Nach aktuellen Zahlen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) waren im zurückliegenden Jahr 4,5 Mio. Typ-2-Diabetes-Patient:innen in ein DMP eingeschrieben.

Die Debatte um das Für und Wider der DMPs sei in den letzten Jahren weitergegangen, erklärte Spahn, die Therapieentscheidung jedoch immer individuell geblieben. „Aber ein DMP macht für Patienten wie für Behandelnde einen Unterschied.“ Das zeigt auch eine kürzlich publizierte Analyse zur „Versorgungssituation und Mortalität von Patienten in Deutschland innerhalb und außerhalb des DMP Typ-2-Diabetes“, in der krankenkassenübergreifende Daten untersucht wurden.

Die Autoren kamen hier zu dem Schluss, dass die Übersterblichkeit von Patient:innen mit Typ-2-Diabetes in Deutschland, die in ein DMP eingeschlossen waren, niedriger ausfiel als bei den nicht eingeschriebenen Personen. Zudem hätten die Programme „vor dem Hintergrund neuerer Erkenntnisse für die Zukunft erhebliches Verbesserungspotenzial“.

Disease-Management-Programme: kontroverse Diskussion

Derzeit werden die DMPs im Bundestag wieder kontrovers diskutiert und Forderungen einzelner Politiker:innen laut, neben dem neuen DMP Adipositas noch weitere wie etwa für Patient:innen mit Bluthochdruck einzuführen. Geht es nach Spahn, sollte man die Programme aber eher „breiter ziehen“, da es hier häufig Parallelen gebe, etwa beim Thema „Bewegung und Ernährung“.

Matthias Steiner hatte da noch einen weiteren Vorschlag: frühzeitige Präventionsprogramme etablieren, die klassische Volksleiden wie Typ-2-Diabetes oder Adipositas gar nicht erst entstehen lassen.


Autorin:

Angela Monecke
Redaktionsbüro Angela Monecke
Kopenhagener Str. 74, 10437 Berlin

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2021; 70 (9) Seite 46-47

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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