- Soziales und Recht
Änderungsantrag gut überlegen!
4 Minuten
Kommen Beeinträchtigungen hinzu, kann man seinen bisherigen Grad der Behinderung (GdB) neu prüfen lassen. Aber Vorsicht: Auch eine Herabstufung ist möglich!
Änderungsantrag ist mit Risiken verbunden
Wer aufgrund körperlicher oder geistiger Einbußen dauerhaft beeinträchtigt ist, der kann amtlich feststellen lassen, dass eine Behinderung vorliegt. Hierzu wird das Ausmaß der Beeinträchtigung vom Versorgungsamt als Grad der Behinderung (GdB) per Bescheid festgestellt – auf einer Skala zwischen 0 und 100. Ab einem GdB 50 gilt man als schwerbehindert und kann einen Schwerbehindertenausweis erhalten.
Öfter verschlimmert sich der Zustand jedoch im Laufe der Zeit, es kommen Beeinträchtigungen hinzu. Es besteht dann die Möglichkeit, im Wege eines Änderungsantrags (auch Verschlimmerungsantrag) eine Erhöhung des GdB feststellen zu lassen. Viele Betroffene wissen nicht, dass dies auch mit einem Risiko verbunden ist:
Achtung bei Neubewertung: Herabstufung möglich!
Denn unter Umständen kann die Behörde zu einer Neubewertung der Gesamtsituation kommen und sogar eine Herabstufung vornehmen. Dies betrifft vor allem Diabetiker, die aufgrund einer früheren Rechtslage einen Schwerbehindertenausweis erhalten haben.
Jedoch haben sich die Voraussetzungen hierfür geändert; es ist seither deutlich schwieriger, dass allein aufgrund des Diabetes die Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt wird:
- Wer Tabletten (orale Antidiabetika) einnimmt, bei dem wird keine Schwerbehinderung mehr festgestellt – zumindest solange nicht andere, erhebliche Komplikationen vorliegen.
- Auch bei Patienten mit konventioneller Insulintherapie (CT) darf allenfalls ein GdB zwischen 30 und 40 festgestellt werden.
Um zu einer Schwerbehinderung zu kommen, ist also eine intensivierte Insulintherapie (ICT) oder eine Pumpe (CSII) erforderlich. Dies allein reicht aber nicht: Zusätzlich hat man nachzuweisen, dass mit der Krankheit erhebliche Einschnitte verbunden sind, die sich gravierend auf die Lebensführung auswirken.
Allein ein hoher Therapieaufwand (Messen, Spritzen, Nahrungszubereitung) spielt hierfür keine Rolle, es müssen erhebliche zusätzliche Beeinträchtigungen vorliegen. Wir haben hierüber im Diabetes-Journal mehrfach berichtet.
Gesamtbewertung unter Berücksichtigung der kompletten Situation
Wird aufgrund einer Verschlimmerung bzw. hinzugekommener Beschwerden ein Erhöhungsantrag gestellt, dann muss die Behörde grundsätzlich nachprüfen, ob die Voraussetzungen hierfür überhaupt vorliegen. Jede angegebene Gesundheitsstörung wird dazu gesondert bewertet, die Behörde stellt hierfür einen Einzel-GdB fest; diese einzelnen GdB werden dann allerdings nicht zusammengezählt, sondern es wird unter Berücksichtigung der kompletten Situation eine Gesamtbewertung vorgenommen.
Beispiel:
Für den Diabetes wurde in der Vergangenheit eine Schwerbehinderung (GdB 50) zuerkannt. Aufgrund zwischenzeitlich hinzugekommenen Bluthochdrucks und Schwerhörigkeit auf einem Ohr hat der Patient nun einen Erhöhungsantrag gestellt.
Die Behörde hat diese jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet – aber ist im Ergebnis dennoch bei dem bisherigen GdB von 50 geblieben. Die Begründung: Die hinzugekommenen Beeinträchtigungen sind nicht so erheblich, dass sie eine Erhöhung des Gesamt-GdB rechtfertigen würden.
Kein Bestandsschutz für bestehenden GdB
Es gibt keinen Bestandsschutz für einen einmal festgestellten Grad der Behinderung. Denn die Behörde macht ja niemanden zum Behinderten, sondern stellt nur fest, dass (und wie ausgeprägt) jemand behindert ist. Wenn die Voraussetzungen für einen GdB nicht (mehr) vorliegen, dann muss die Behörde eine Herabstufung vornehmen und den bisherigen Bescheid aufheben.
Daran ändert auch nichts, wenn ein Bescheid oder der Schwerbehindertenausweis unbefristet gültig sind. Aus diesem Grund ist man auch verpflichtet, zwischenzeitliche Verbesserungen des Zustands unaufgefordert mitzuteilen; auch führen die Behörden mitunter Nachprüfungsverfahren von Amts wegen durch.
Wer also aufgrund seines Diabetes einen Schwerbehindertenausweis erhalten hat, der muss damit rechnen, dass im Rahmen seines Erhöhungsantrags geprüft wird, ob die Voraussetzungen überhaupt noch vorliegen. Im obigen Beispiel könnte dies dazu führen, dass der bisherige GdB für den Diabetes von 50 auf 40 – oder gar 30 – herabgestuft wird und nur noch ein Gesamt-GdB von 40 bleibt.
Was bringt eine Erhöhung?
Man sollte also genau abwägen, ob man das Risiko eines Erhöhungsantrages eingehen will. Wer bereits einen Schwerbehindertenausweis hat und zum Beispiel eine Erhöhung auf einen GdB 60 oder 70 anstrebt, dem bringt das faktisch nur einen etwas höheren Steuerfreibetrag (Abb. 1).
Bei einem GdB 50 kann man einen Betrag von 570 € geltend machen, bei einem GdB 70 gibt es einen etwas höheren Freibetrag in Höhe von 890 €. Dies bedeutet, dass das zu versteuernde Einkommen vom Finanzamt um den Betrag reduziert wird und man dann nur noch aus dem verbleibenden Betrag seine Steuern bezahlen muss. Da es sich aber um relativ geringe Beträge handelt, würde der Unterschied zwischen GdB 50 und GdB 70 selbst bei Spitzenverdienern nur eine Steuerersparnis von 150 € bringen.
Wer nur geringes Einkommen hat und somit auch wenig Steuern zahlt, dem bringt die Steuerersparnis so gut wie nichts. Und wer gar keine Steuern zahlt, der hat überhaupt nichts von diesem Steuerfreibetrag. Denn es handelt sich bei einem solchen Pauschbetrag nämlich nicht um einen Auszahlungsanspruch, wie manchmal irrtümlich behauptet wird.
Achtung: vorzeitige Rente in Gefahr!
Haben Sie einen Schwerbehindertenausweis und steuern auf vorzeitige Altersrente wegen Schwerbehinderung zu? Dann rate ich dringend von einem Erhöhungsantrag ab; der Ärger wäre groß, wenn es zu einer Herabstufung käme und Ihnen dadurch der Zugang zur vorgezogenen Altersrente versperrt würde.
Anders sieht es aus, wenn bislang schon zu wenig festgestellt wurde, vor allem wenn noch kein Schwerbehindertenausweis zuerkannt ist. Liegen zusätzliche Beeinträchtigungen oder eine Verschlechterung der Gesamtsituation vor, dann ist ein Änderungsantrag sinnvoll. Schlimmstenfalls bleibt es beim bisherigen Zustand – man hat insoweit ja auch nichts verloren.
Fazit
Sie sollten genau überlegen, ob die gewünschte Erhöhung des GdB überhaupt etwas bringt und das damit verbundene Risiko einer Herabstufung rechtfertigt. Sie sollten keinen Erhöhungsantrag stellen, nur um einen höheren GdB auf dem Bescheid/Ausweis stehen zu haben.
von RA Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte
Kontakt:
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart sowie Friedrichstraße 49, 72336 Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de
, Internet: www.diabetes-und-recht.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2014; 63 (8) Seite 60-61
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Behandlung
Diabetische Nephropathie: Die Nieren bei Diabetes im Auge behalten
5 Minuten
- Leben mit Diabetes
t1day 2026 am 25. Januar: Ein Tag für Menschen mit Typ-1-Diabetes
< 1 minute
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 6 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 3 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
-
moira antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
-
-
hexle postete ein Update vor 3 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
-
lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
-
connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 6 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
-


Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig