Aktuelles Urteil wirft Fragen auf

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Aktuelles Urteil wirft Fragen auf

Mit Beschluss vom 21.01.2013,

Ein junger Lehrer …

Konkret ging es um einen jungen Lehrer mit Diabetes, der die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe beantragte. Dies wurde vom Land Nordrhein-Westfalen mit der Begründung abgelehnt, dass er die für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis erforderliche gesundheitliche Eignung nicht mitbringe. Gestützt wurde dies auf eine hohe Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen, welche bei Diabetes besteht und die womöglich dazu führe, dass der Bewerber schon vor Erreichen der Altersgrenze dienstunfähig wird.

Nachdem er bereits in der Vorinstanz unterlegen war, hat das OVG Münster nun auch seine Berufung abgelehnt. Zur Begründung führt es an, dass eine Ablehnung gerechtfertigt sei, wenn bereits “die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen“ werden könne. Folgeerkrankungen sowie das damit einhergehende Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit seien aber bei Menschen mit Diabetes besonders wahrscheinlich.

„Argument unbeachtlich“

Unbeachtlich sei das Argument des Bewerbers, dass solche Folgen bzw. Risiken bei weiterhin guter Blutzucker- und Blutdruckeinstellung sowie gesundheitsbewusstem Lebensstil reduziert werden können: Das Gericht betonte, dass bei der Prognose der zukünftigen Dienstfähigkeit nicht davon ausgegangen werden muss, dass sich Bewerber tatsächlich gesundheitsbewusst verhalten bzw. der Stoffwechsel dauerhaft gut eingestellt ist. Im Übrigen gelte beim Beamtenverhältnis auf Probe kein anderer gesundheitlicher Maßstab wie bei einer Verbeamtung auf Lebenszeit.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgericht entspricht den geltenden gesetzlichen Regelungen sowie der bis dahin ergangenen Rechtsprechung. Sicherlich wird man diskutieren, ob der faktische Ausschluss chronisch Kranker eine unzulässige Diskriminierung ist.

Recht, Hürden einzubauen

Andererseits ist der Staat grundsätzlich berechtigt, die Verbeamtung an gewisse Hürden zu knüpfen: So ist die Einrichtung einer Altersgrenze zulässig, auch wenn dadurch einem großen Bevölkerungsanteil pauschal der Zugang zur Verbeamtung nicht möglich ist. Ein Mensch mit chronischer Krankheit hat ein erhöhtes Risiko, irgendwann Folgeerkrankungen oder Komplikationen zu erleiden – die Gefahr besteht bei einem Gesunden so nicht.

Sicherlich wird der Staat auch diese Risiken minimieren dürfen – ob es aber grundgesetzlich und europarechtlich zulässig ist, allein schon das Vorliegen einer chronischen Krankheit als Ausschlussgrund für die Verbeamtung zu nehmen, wird sicherlich wohl noch anderweitig gerichtlich geklärt werden.

Ungeachtet dessen:


Schwerbehindert?

Tatsächlich darf nur verbeamtet werden, wer die Gewähr bietet, dauerhaft und bis zum Erreichen der Altersgrenze dienstfähig zu sein; die vorliegende Entscheidung bezieht sich jedoch nur auf solche Beamtenanwärter, die zwar erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen haben (wie Diabetes), sich aber nicht zugleich auf einen Schwerbehindertenstatus berufen können. Für Diabetiker, bei denen eine Schwerbehinderung festgestellt wurde, ist eine Verbeamtung nämlich relativ unproblematisch möglich, sofern keine erheblichen Folgeerkrankungen oder Beeinträchtigungen vorliegen.

Dies liegt daran, dass die Gleichbehandlung bzw. Förderung behinderter Menschen Verfassungsrang genießt: Gemäß

Nachteilsausgleiche

Ist ein Bewerber schwerbehindert im Sinne von §

Wie lange diese Prognose in die Zukunft reicht, ist bundesweit unterschiedlich geregelt; in vielen Bundesländern ist die Prognose auf einen Zeitraum von 5 Jahren befristet oder lediglich auf die Probezeit beschränkt. So gibt es auch in Nordrhein-Westfalen keine solche Frist – also in dem Land, in dem der Kläger hier eine Verbeamtung anstrebte.

Dies ist geregelt in § 13 Abs. 1 der Laufbahnverordnung (LVO) NRW, dort heißt es: „Bei der Einstellung von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen darf nur das für die Laufbahn erforderliche Mindestmaß körperlicher Eignung verlangt werden.“ Für die Einstellung von Schwerbehinderten darf also in NRW nur ein für die konkrete Laufbahn erforderliches Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt werden.

Nach Ziffer 4.4.1 der Richtlinien im öffentlichen Dienst im Land NRW ist dabei das erforderliche Mindestmaß körperlicher Eignung „bereits dann als gegeben anzusehen, wenn schwerbehinderte Menschen nur bestimmte Dienstposten ihrer Laufbahn wahrnehmen können. Dabei sind Möglichkeiten der behinderungsgerechten und barrierefreien Arbeitsplatzgestaltung (z. B. mit technischen Arbeitshilfen) nach dem SGB IX auszuschöpfen.“

Vorzeitig dienstunfähig?

Gemäß Ziffer 4.2.2 dürfen Schwerbehinderte auch dann als Beamte eingestellt werden, wenn „als Folge ihrer Behinderung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist“. Eine konkrete Prognose, dass in den kommenden 5 Jahren nicht mit einer Dienstunfähigkeit zu rechnen ist, wird in Nordrhein-Westfalen nicht einmal gefordert.

Im Klartext: Hätte der Kläger einen Schwerbehindertenausweis gehabt, dann wäre er trotz Diabetes verbeamtet worden. Eine relativ aktuelle Entscheidung des OVG Lüneburg (Urteil vom 25.01.2011,

Dort war beim Bewerber ein

Benachteiligungsverbot!

Das Gericht leitet dies aus dem allgemeinen Benachteiligungsverbot behinderter Menschen aus Art. 3 GG ab, was nicht nur Schwerbehinderte schütze. Vor dem Hintergrund ist klar, dass es für Diabetiker oder andere chronisch Kranke natürlich immer noch möglich ist, eine Verbeamtung zu erreichen. Um die hohe Hürde der Gesundheitsprognose zu meistern, ist es aber ratsam, sich vorab um die Feststellung einer (Schwer-)Behinderung zu bemühen.

Im vorliegenden Verfahren war der Antragsteller daher möglicherweise nicht optimal beraten: Menschen mit insulinpflichtigem Diabetes können nach derzeitiger Rechtslage in vielen Fällen des Schwerbehindertenstatus feststellen lassen; es müssen hierzu auch keine Folgeschäden vorliegen. Weitere Informationen finden Sie in der


Autor: RA Oliver Ebert, Stuttgart/Balingen

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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