- Soziales und Recht
Aktuelles Urteil zur Kostenübernahme von CGM-Systemen
4 Minuten
Gesetzlich versicherte Menschen haben Anspruch auf medizinisch notwendige Behandlungsleistungen sowie auf Versorgung mit den dafür erforderlichen Hilfsmitteln. Allerdings kann grundsätzlich nur eine in diesem Sinne "ausreichende" Versorgungverlangt werden. Leistungen, die über das Maß des Erforderlichen hinausgehen, dürfen gemäß § 12 SGB V nicht von den Krankenkassen übernommen werden.
Blutzuckermessgeräte sowie die benötigten Teststreifen sind bei insulinpflichtigen Diabetikern zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnungsfähig – in medizinisch notwendigem Umfang und ohne Mengenobergrenze. Bei Systemen zum kontinuierlichen Gukosemonitoring (CGM-Systemen) ist es dagegen schwieriger:
Sind CGM-Systeme notwendig und wirtschaftlich?
Diese sind nach Auffassung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA, er regelt den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen) als Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode(NUB) anzusehen. Gemäß § 135 SGB V dürfen solche nur erbracht werden, wenn der diagnostische und therapeutische Nutzen anerkannt ist, eine medizinische Notwendigkeit hierfür besteht und auch die Kriterien der Wirtschaftlichkeit erfüllt sind.
Der G-BA hat daher ein gesetzlich vorgesehenes Methodenbewertungsverfahren eingeleitet: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat im Auftrag des G-BA die Datenlage untersucht und überprüft, inwieweit ein Nutzen von CGM anhand von Studien und Praxisberichten nachgewiesen ist. Der Abschlussbericht liegt seit Mai 2015 vor, die endgültige Entscheidung des G-BA dürfte frühestens Ende diesen Jahres fallen.
Man kann wohl davon ausgehen, dass es keine generelle Kostenübernahme geben wird; ein kategorisches Nein ist aufgrund der Datenlage allerdings auch nicht mehr zu befürchten.
Kein kategorisches Nein erwartet!
Zwar ist ein CGM nicht für alle Diabetiker sinnvoll bzw. bringt nicht jedem etwas – aber wenigstens für einige Konstellationen sieht das IQWiG den Nutzen eines CGM als hinreichend belegt. So ist zu erwarten, dass es für Diabetiker mit schweren Unterzuckerungen (also solchen, die eine Hilfe anderer erforderlich machen) in Zukunft wahrscheinlich einfacher wird, ein CGM-System auf Krankenkassenkosten zu erhalten. Auch bei Kindern werden die Hürden wohl geringer gesetzt werden.
Wer allerdings keine nennenswerten Unterzuckerungen hat bzw. gut und stabil eingestellt ist, der wird wahrscheinlich auch künftig wohl kein CGM-System bekommen. Denn wie gesagt: Die Krankenkasse zahlt nur, wenn etwas "notwendig" ist. Reiner Komfort oder eine Verbesserung der Lebensqualität allein sind nachrangig.
Bis zur Entscheidung des G-BA dürfen Krankenkassen auch weiterhin nur in begründeten Ausnahmefällen die Kosten für solche Systeme übernehmen. Es muss daher nachgewiesen werden können, dass der Einsatz eines CGM-Systems aus medizinischen Gründen zwingend notwendig ist und der gleiche Zweck nicht bereits durch eine deutlich höhere Anzahl von Selbstmessungen erreicht werden kann (die bei entsprechender Notwendigkeit erstattet werden).
Es ist allerdings nicht unumstritten, dass der G-BA die CGM-Systeme als "neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode" ansieht. Wenn ein CGM-System nur ein "Hilfsmittel" wäre – also vergleichbar mit einem Blutzuckermessgerät –, dann lägen die Hürden deutlich niedriger.
Am 8. Juli nun hatte das Bundessozialgericht in Kassel über die Klage einer Diabetikerin gegen ihre Krankenkasse (DAK) zu entscheiden (AZ: B 3 KR 5/14 R).
Diabetikerin klagt vor Bundessozialgericht
Die Klägerin wollte dort die Erstattung der Kosten für ihr selbst beschafftes "Continuous Glucosemonitoring System" nebst Verbrauchsmaterialien (Sensoren) durchsetzen. Sie machte geltend, dass es sich beim CGM-System nicht um eine NUB handele, denn es komme lediglich zum Einsatz als ergänzendes Messgerät im Rahmen der etablierten Diabetestherapie; diese werde auch nicht wesentlich dadurch verändert, dass die Glukosemessung kontinuierlich im Unterhautfettgewebe erfolge und nicht wie bei der Selbstmessung im Vollblut oder Plasma.
Die Vorinstanzen hatten die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es sich beim Einsatz eines CGM schonum ein anderes neues Konzept im Rahmen einer vertragsärztlichen Behandlungsmethode handele. Die Glukosekonzentration werde nicht im Blut gemessen, sondern in der Gewebeflüssigkeit im Unterhautfettgewebe. In diesem Bereich liege eine leicht erniedrigte Zuckerkonzentration vor, so dass der mittels des CGM-Systems bestimmte Wert nicht demjenigen der Blutzuckerkonzentration entspreche.
Zudem ergebe die konventionelle Blutzuckermessung Momentaufnahmen, während Ziel der CGM-Systeme sei, den Glukoseverlauf über einen längeren Zeitraum abzubilden und damit langfristig die Stoffwechsellage von Diabetikern zu verbessern. Das Bundessozialgericht kam zum Schluss, dass Systeme zur "kontinuierlichen Messung des Zuckergehalts im Unterhautfettgewebe" (CGM) kein Hilfsmittel seien, sondern als NUB anzusehen seien.
Anspruch erst bei positiver Empfehlung durch Bundesausschuss
Diese unterschieden sich "im Hinblick auf die diagnostische Wirkungsweise sowie mögliche Risiken und Aspekte der Wirtschaftlichkeit erheblich von der herkömmlichen Blutzuckermessung" und stellten daher eine "neue, bisher nicht anerkannte Untersuchungsmethode" dar. Solange der Gemeinsame Bundesausschuss hierzu keine positive Empfehlung abgegeben habe, bestehhe daher kein Anspruch auf Versorgung mit den Hilfsmitteln, die für die kontinuierliche Blutzuckerbestimmung erforderlich seien.
Das Urteil ist bedauerlich, aber im Ergebnis nicht unerwartet. Sich den Blutzucker im Finger zu messen, um aufgrund eines solchen Echtzeitwertes sofort reagieren zu können, ist nämlich schon etwas anderes, als einen im Unterhautfettgewebe gemessenen Wert bzw. Trend abzulesen, der vor etwa 20 Minuten im Blut vorlag. Und die Datenmenge, die ein CGM-System liefert, erlaubt ganz andere Einblicke und diagnostische Möglichkeiten als nur sporadische Selbstmessungen.
Es ist daher nicht vollkommen überraschend, dass nach den Vorinstanzen auch das Bundessozialgericht ein CGM und die damit eröffneten Therapiemöglichkeiten als NUB eingestuft hat. Welche grundsätzlichen Voraussetzungen das Bundessozialgericht aufstellt und ob die Entscheidung auch Auswirkungen auf die Erstattung von Messgeräten wie FreeStyle Libre (wir berichteten mehrfach) hat, wird man seriöserweise aber erst dann abschätzen können, wenn die Urteilsbegründung vorliegt.
Generell kein CGM auf Kassenkosten? "Nein!"
Eines kann man aber jetzt schon sagen: Das Urteil heißt nicht, dass es generell kein CGM auf Krankenkassenkosten gibt! Es wird nun halt noch einige Monate länger dauern, bis die Voraussetzungen geklärt sind: Ob Krankenkassen eine NUB bezahlen dürfen, hängt u. a. davon ab, ob deren medizinischer Nutzen nachgewiesen ist. Der dafür zuständige G-BA hat dazu ein Methodenbewertungsverfahren eingeleitet; das Ergebnis lag im Mai 2015 vor und war durchaus positiv.
So gut wie sicher ist aber trotz dieses Urteils, dass ein CGM künftig in bestimmten Fällen verordnet werden darf, vor allem wohl bei Problemen durch häufige bzw. schwere Unterzuckerungen. Umgekehrt ist aber auch klar: Es wird nicht für jeden ein CGM geben. Die Entscheidung des G-BA wird gegen Ende des Jahres erwartet.
Man kann nun darüber spekulieren, dass das Urteil möglicherweise auch deshalb so ausfiel, weil die Klägerin nicht optimal argumentiert bzw. auch nicht alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Auch wäre es für ein solches Verfahren vor dem höchsten Sozialgericht zwingend geboten gewesen, Stellungnahmen der ärztlichen Fachgesellschaft einzuholen und in den Prozess einzubringen.
Denn andere Gerichte haben in vergleichbaren Fällen durchaus anders, positiver entschieden:
Ob und inwieweit diese Rechtsprechung nun durch das Urteil des Bundessozialgerichts komplett überholt ist, wird man erst dann abschätzen können, wenn die Urteilsbegründung vorliegt.
Eine Aussicht …
Und dann bleibt ja auch noch die Aussicht, dass der G-BA die Verordnung von CGM zumindest in bestimmten Fällen empfehlen bzw. zulassen wird.
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 3 Wochen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 2 Wochen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 3 Wochen, 1 Tag
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 3 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig