4 Minuten
Jedes Mal, wenn ich Bewerbungen schreibe, denke ich erneut darüber nach, ob ich meinen Diabetes angeben soll oder nicht. Bisher habe ich es immer gemacht und ich finde es auch sehr wichtig, offen zu sein, jedoch kann man auch mal damit auf die Nase fallen.
Bei meinen ersten Bewerbungen habe ich es angegeben und es gab überhaupt keine Probleme. Allerdings waren das auch nur Bewerbungen für mein FSJ. Die Organisation, über die ich das FSJ gemacht habe, hatte damit überhaupt keine Probleme und meinte, dass ich selber schauen muss, wie das dann mit der Platzsuche klappt. Da ich mein FSJ aber in einer Kita machen wollte, die von der Mama einer sehr guten Freundin geführt wird, war das auch dort kein großes Problem.
Als ich dann anfing, Bewerbungen für die Zeit nach dem FSJ zu schreiben, gab ich den Diabetes tatsächlich auch an, denn ich dachte, dass es wieder kein Problem sein würde. Ein wenig enttäuscht wurde ich dann aber schon. Bei einigen Bewerbungen gab es nicht mal eine Absage, bei anderen wurde ich zum Gespräch eingeladen und dann abgelehnt und einmal durfte ich sogar einen Einstellungstest machen, wurde danach zu einem Gespräch eingeladen und am Ende gab es eine Absage. Dazu muss ich sagen, dass die Absagen immer sehr seltsame Begründungen hatten und Bekannte und Freunde meinten, dass das eigentlich kein Absagegrund wäre. Ob der Diabetes letztendlich Schuld an den Absagen hatte, weiß ich nicht genau, aber es könnte eventuell sein.
Am Ende bekam ich zwar keinen Ausbildungsplatz, dafür aber einen Studienplatz, der mir auch viel lieber war, und einen Nebenjob für die Zeit zwischen FSJ und Studium. Bei meinem Nebenjob war der Diabetes auch überhaupt kein Problem und ich konnte ganz offen damit umgehen.
Während meines Studiums habe ich lange Zeit nebenbei als Babysitterin gearbeitet. Als ich in Berlin studiert habe, war das mit dem Diabetes auch beim Babysitten kein Problem. Ich habe die Eltern im Voraus darüber aufgeklärt, gesagt, dass ich gut eingestellt bin und dass es schon Ewigkeiten keine großen Probleme mehr gab. Wir haben dann abgesprochen, was ich tun kann, wenn ich doch mal meine, Hilfe zu brauchen oder abgelöst werden muss, und so fühlten wir uns alle sicher. Ein Pluspunkt war vielleicht, dass ich ja schon die Erfahrung aus der Kita mitbrachte und dass ich auch zu Hause, neben dem Abitur, schon Babysitterin war.
Nach einem Jahr Berlin ging es dann für mich nach Flensburg und dort gestaltete sich das mit dem Babysitten dann schon schwerer. Ich stellte eine Anzeige in eine Facebook-Gruppe, in der Eltern nach Babysittern suchen können, und schrieb in die kurze Anzeige erstmal den Diabetes nicht rein. Recht schnell kamen Anfragen, aber sobald ich erwähnte, dass ich Diabetikerin bin, bestand plötzlich kein Interesse mehr oder angeblich hatte sich jemand anderes schneller zurückgemeldet.
Irgendwann fand sich dann doch eine Familie, die mich trotz Diabetes auswählte. Sie haben mich so akzeptiert, wie ich nun mal bin. Darüber bin ich unheimlich froh, denn es ist eine ganz tolle Familie und ich freue mich schon auf den Herbst, wenn ich endlich wieder in Flensburg bin und sie hoffentlich wiedersehe.
Momentan wohne ich wieder in der Heimat und habe es auch hier, über eine Plattform für Babysitter und Eltern, mit der Suche nach einer Familie probiert. Leider bekommt man hier irgendwie nie eine Antwort auf Bewerbungen oder das Interesse verfliegt, sobald man den Diabetes erwähnt.
Wahrscheinlich sind diese Personen unwissend, können mit Diabetes nicht so viel anfangen oder haben einfach Angst, dass doch irgendwas passiert. Natürlich kann ich das auch verstehen, aber schön wäre es doch, wenn man sich erstmal darüber unterhält, bevor man abgelehnt wird. Dafür habe ich einen anderen tollen Job als Schulbegleitung bekommen und dort war der Diabetes auch überhaupt kein Problem, sondern eher ein Vorteil.
Aufgrund der ganzen Ablehnungen habe ich zwischenzeitlich überlegt, meinen Diabetes zukünftig in Bewerbungen nicht mehr anzugeben, außer man wird direkt gefragt, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass das keine gute Idee ist. Schließlich möchte ich, dass mein Arbeitgeber ehrlich zu mir ist, also sollte ich auch offen und ehrlich zu ihm sein. Außerdem möchte ich auch keinen Arbeitgeber, der eigentlich ein Problem mit meiner Krankheit hat und mich ablehnen würde, wenn er es wüsste.
Daher bleibt der Diabetes auch weiterhin in meiner Bewerbung stehen. Ich kann aber auch die Leute verstehen, die ihn aus Angst, dass sie keinen Job bekommen, nicht angeben und es erst nach einiger Zeit oder nie ihrem Arbeitgeber erzählen. Mir persönlich ist es nur wichtiger, dass alle Beteiligten von Anfang an Bescheid wissen, für den Fall, dass doch mal etwas passiert, auch wenn man sowas zu vermeiden versucht.
Mein Tipp an euch: Macht es so, wie ihr euch damit am wohlsten fühlt. Gebt es an, wenn es euch lieber ist, oder lasst es weg, wenn die Angst vor Ablehnung größer ist. Man kann vorher nie sagen, was besser ist und ob die Angabe des Diabetes zu einer Absage führt oder nicht.
Den Diabetes in der Bewerbung oder im Vorstellungsgespräch angeben? Olivia schildert, welche Erfahrungen sie gemacht hat.
Auch Stephanie hat einige Tipps und Tricks zum Umgang mit Diabetes im Beruf aufgeschrieben, ebenso Carolin (“Mit Diabetes in der Ausbildung”).
4 Minuten
3 Minuten
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Beliebte Themen
Ernährung
Aus der Community
Push-Benachrichtigungen