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Oliver Ebert ist Rechtsanwalt und ausgewiesener Experte im Thema Diabetes und Recht. Sicherlich kennen Sie alle seine Beiträge in der entsprechenden Rubrik hier im Diabetes-Journal. Wir wollten von Oliver Ebert wissen, wie es überhaupt zu seinem Engagement in diesem Bereich gekommen ist.
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Oliver Ebert: Im Jahr 1992 habe ich ziemlich überraschend die Diagnose Diabetes Typ 1 erhalten. Parallel zu meinem eigentlichen Jura-Studium habe ich dann – zunächst für mich – eine Tagebuchsoftware (“DIABASS”) entwickelt, da mein Arzt mit meinen handschriftlichen Aufzeichnungen nicht zufrieden war. 1994 habe ich dann das Diabetes-Forum (diabetes-forum.de) im Internet gegründet, was noch heute eine der reichweitenstärksten Plattformen zum Thema Diabetes im deutschsprachigen Internet ist.
So wurde ich in der “Diabetes-Szene” schnell ein wenig bekannt. In diesem Zusammenhang wurde ich gefragt, ob ich nicht einmal einen Artikel zum Thema Diabetes und Recht für das Diabetes-Journal schreiben wolle. Und daraus wurde dann schnell eine feste Rubrik. Aufgrund zahlreicher Anfragen und auch im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeiten für Betroffene und Verbände habe ich mich dann immer mehr in das Thema hineingearbeitet.
Oliver Ebert: Die Bandbreite ist sehr groß und deckt quasi das gesamte Leben ab. Rechtliche Fragen in Zusammenhang mit dem Diabetes gibt es beispielsweise zu Kindergarten und Schule, im Arbeitsleben oder wenn es um Führerschein und Rente geht. Auch mit Versicherungen oder der Krankenkasse gibt es häufig viele Probleme. Selbst in Scheidungsverfahren oder Unterhaltsstreitigkeiten kann der Diabetes eine Rolle spielen. Da jeder Fall anders ist, bleibt es immer spannend.
Oliver Ebert: Die am häufigsten angefragten Themen sind die “Klassiker”: Führerschein, Schwerbehindertenausweis, das Durchsetzen von Insulinpumpe und rtCGM oder einer Begleitperson für Kita und Schule.
Oliver Ebert: Ich denke, dass es zwischenzeitlich schon knapp zehntausend Anfragen gewesen sein dürften. In den allermeisten Fällen konnte ich ehrenamtlich bzw. durch entsprechende Tipps und Beratung weiterhelfen, vielmals durfte ich aber auch bei der gerichtlichen Durchsetzung unterstützen.
Oliver Ebert: Die Vorschriften werden immer komplexer, und der Staat muss zunehmend sparen. Dies merkt man beispielsweise daran, dass Leistungen von Ämtern oder Krankenkassen immer öfter einfach abgelehnt werden, obwohl diese den Betroffenen zustehen. Offensichtlich wird darauf spekuliert, dass sich viele Menschen nicht wehren (können).
Zudem gibt es nur relativ wenige Anwälte, die sich für das Thema Diabetes und Recht interessieren bzw. sich damit auskennen. Dies liegt daran, dass solche Mandate nicht sehr lukrativ sind: Solche Fälle sind fast immer mit sehr viel Arbeit verbunden. Trotzdem kann der Anwalt dafür nur recht geringe Gebührensätze abrechnen.
Oliver Ebert: Für Menschen, die aufgrund des Alters oder des Gesundheitszustands stark eingeschränkt sind, kann die Digitalisierung erhebliche Hürden bringen. Nicht jeder ist körperlich in der Lage, ein Smartphone zu bedienen oder komplizierte Apps und Vorgänge zu verstehen. Dies kann zu Ausgrenzung und sozialen bzw. rechtlichen Nachteilen führen.
Viele Betroffene machen sich auch kaum Gedanken darüber, dass die leichtfertige Preisgabe ihrer Gesundheitsdaten böse Konsequenzen haben kann. Bereits jetzt erleiden viele Menschen allein schon durch die Zusammenführung scheinbar harmloser Daten wie Geschlecht, Alter oder Postleitzahl erhebliche Nachteile, beispielsweise bei der Kreditvergabe oder Versicherungstarifen. Ich halte es durchaus für realistisch, dass Krankenkassen anhand der immer umfänglicher vorliegenden Daten künftig genauer prüfen bzw. überwachen werden, ob Patienten sich “vernünftig” bzw. therapiegerecht verhalten.
Angesichts der rasanten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz werden Entscheidungen von Behörden und Gerichten auch immer mehr automatisiert ergehen. Dies wird einige Vorteile bringen, beispielsweise dürften manche Streitigkeiten deutlich schneller abgeschlossen werden können als bislang. Umgekehrt sehe ich aber auch erhebliche Risiken und Nachteile, wenn die menschliche Komponente womöglich nur noch eine untergeordnete Rolle spielt oder gar ganz wegfällt.
Das Interview führte Dr. Katrin Kraatz
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2024; 72 (4) Seite 10-11
5 Minuten
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