Erforschung der Versorgungs-Realität: winDiab will die Qualität verbessern

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Erforschung der Versorgungs-Realität: winDiab will die Qualität verbessern

Das Wissenschaftliche Institut der niedergelassenen Diabetologen (winDiab) sieht sich die Realität der Versorgung von Menschen mit Diabetes an – und kommt zu wichtigen und überraschenden Erkenntnissen.

Das Wissenschaftliche Institut der niedergelassenen Diabetologen (winDiab) wurde im Januar 2008 von 11 Diabetologinnen und Diabetologen gegründet. Die Zielsetzung war und ist, die Qualität der Behandlung zu verbessern. Dafür sollen Bedürfnisse der Menschen mit Diabetes erfasst und Daten aus der Behandlungs-Realität der ambulanten diabetologischen Versorgung erhoben werden. Zudem sollen die Leistungsfähigkeit der ambulanten Diabetologie dargestellt und die Aus- und Weiterbildung von Diabetologinnen und Diabetologen gefördert werden. Finanziert wird winDiab durch Beiträge der Partnerpraxen, öffentliche Förderprojekte, die Unterstützung der Deutschen Diabetes Gesellschaft und Spenden.

Institut für die Versorgungs-Forschung

Als Patientin bzw. Patient glaubt man gern, dass bei so viel Bürokratie im Gesundheitswesen alle nötigen Daten und Erkenntnisse jederzeit und umfänglich erfasst werden. Leider ist dem nicht so. Ein Mangel an Versorgungs-Forschung wird häufig beklagt, die Entwicklung ist allerdings sehr zögerlich. Deshalb wurde mit winDiab ein Institut zum Durchführen von Versorgungs-Forschung in der ambulanten Diabetologie gegründet.

Folgende Maßnahmen wurden ergriffen:

  • Erstellung eines Jahresberichts über die Behandlungs-Aktivitäten der Partnerpraxen,
  • Unterstützung der Partnerpraxen beim Durchführen von Studien in der Behandlungs-Realität,
  • Durchführen von Kurzerhebungen in den Partnerpraxen (SPOTs),
  • langfristige Datenerhebungen, z. T. seit 2008,
  • Organisation von Symposien bei Kongressen,
  • Fortführen des GestDiab-Registers zu Diabetes und Schwangerschaft seit 2008.

Alle Ergebnisse werden veröffentlicht im Internet unter www.windiab.de/publikationen-und-vortraege sowie in Zeitschriften und Vorträgen. Dies ist wichtig, um die Ergebnisse zu verbreiten und zur Diskussion zu stellen. In 16 Jahresberichten wurden die Aktivitäten von winDiab dargestellt und offen Daten aus den Partnerpraxen veröffentlicht. Dies ist in unserem Gesundheitswesen immer noch eher ungewöhnlich mutig.

Kurze Erhebungen

Es gibt auch nur kurze Erhebungen (SPOTs). Beispiele dafür sind:

  • 2023 wurde eine Erhebung mit 6500 Menschen mit Typ-1-Diabetes veröffentlicht. Das Ergebnis in aller Kürze: Die Betroffenen haben sich in für Diabetes zertifizierten Kliniken besser behandelt gefühlt, was vorher so noch nicht erhoben wurde.
  • 2008 ermittelte winDiab, dass mit Insulin behandelte Menschen im Durchschnitt täglich 68 Einheiten Insulin brauchen und nicht 40 Einheiten, wie offizielle Stellen annahmen. Dies war wichtig für Verhandlungen.
  • 2010 zeigte sich: Überweisende Ärztinnen und Ärzte geben oft nicht alle nötigen Unterlagen mit für die Behandlung in der diabetologischen Schwerpunktpraxis.

Datenbank: Diabetes und Schwangerschaft

Das GestDiab-Register ist die größte Datenbank für Diabetes und Schwangerschaft in Deutschland mit jetzt über 60 000 Fällen. Durch dieses Register ist nun u. a. bekannt, dass

  • ca. 30 Prozent der Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes mit Insulin behandelt werden,
  • nur ca. 40 Prozent nach der Schwangerschaft mit Schwangerschaftsdiabetes zum Test auf Diabetes und dessen Vorstufen kommen,
  • ca. 40 Prozent der Frauen nach der Schwangerschaft eine Diabetesvorstufe aufweisen und bei ca. 5 Prozent ein Diabetes vorliegt.
  • Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist: Nur, wenn man hinsieht, kann man auch etwas sehen.

Teilnahme an Projekt GestDiNa

Die GestDiab-Arbeitsgruppe hat von 2019 bis 2023 am Innovationsfonds-Forschungsprojekt GestDiNa zur Nachsorge nach Schwangerschaftsdiabetes teilgenommen. Die mit 14 Partner-Organisationen gewonnenen Erkenntnisse werden derzeit in einem Schlussbericht zusammengefasst und werden in einem Abschlussbericht veröffentlicht. Es wurden Patientinnen und Behandelnde befragt, Daten aus GestDiab neu gerechnet und Daten von Krankenkassen neu ausgewertet. Die Ergebnisse bieten eine stabile Grundlage für einen Vorschlag zum Verbessern der Versorgung.

Entbindungs-Daten ausgewertet

In Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut hat winDiab die offiziellen Daten von fast 5 Millionen Entbindungen analysiert. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift “Deutsches Ärzteblatt” veröffentlicht. Die Komplikationsrate bei Schwangerschaftsdiabetes ist unter der Behandlung geringfügig erhöht. Bei Schwangerschaften von Frauen mit Typ-1-Diabetes ist die Komplikationsrate aber trotz der bisherigen Bemühungen noch zu hoch.

Beim jährlichen Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft bekommt winDiab seit 2008 die Möglichkeit, eine Vortragsveranstaltung durchzuführen. Diese wird genutzt, um Ergebnisse zu zeigen und wichtige Themen zur Diskussion zu stellen.

WinDiab hat gelernt, aus den Daten wichtige Erkenntnisse für die Behandlung zu gewinnen.Dies ist nicht selbstverständlich. Daten aus dem Alltag sind oft vielfältig und unvollständig, da auch das Leben in der medizinischen Versorgung nicht immer nach Plan läuft. So ist winDiab zuversichtlich, Erkenntnisse aus dem GestDiab-Register in die Leitlinie für Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) einfließen lassen zu können. Besser ist Versorgungs-Forschung nicht vorstellbar.


von Dr. Matthias Kaltheuner

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Erschienen in: Diabetes-Anker, 2023; 72 (11) Seite 16-23

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