- Soziales und Recht
Hilfsmittel verordnen: So funktioniert es
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Hilfsmittel zu verordnen, scheint ganz einfach zu sein: Hilfsmittel auf das Rezept schreiben – und fertig. Ganz so einfach ist es leider nicht. Das Verordnen "auf dem Bierdeckel" geht nicht.
Diagnose muss auf dem Rezept stehen
Es gibt Sonderformulare für Hör- und Sehhilfen. Diese bedürfen einer besonderen Indikation und können nur von entsprechenden Fachärztinnen und -ärzten ausgestellt werden. Dies können bei deutlichen Sehstörungen Hilfsmittel wie vergrößernde Gläser oder spezielle Brillen sein.
Die übrigen Hilfsmittel werden bei Krankenkassen-Rezepten auf einem Muster-16-Formular ausgedruckt, dem bekannten rosafarbenen Rezept. Hier muss das Kästchen "Hilfsmittel" markiert sein. Zusätzlich muss eine Diagnose auf dem Rezept vermerkt werden. Darin unterscheidet sich das Hilfsmittel-Rezept von Rezepten für Medikamente. Aus diesem Grund dürfen zum Beispiel Lanzetten nicht zusammen mit Blutzucker-Teststreifen auf einem Rezept stehen. Blutzucker-Teststreifen sind keine Hilfsmittel und müssen auf einem Medikamenten-Rezept stehen. Bei Privatversicherten handelt es sich um das bekannte "blaue" Rezept oder das übliche Privatrezept. Auch hier muss jedoch die Diagnose stehen, die die Verordnung begründet.
Die genannte Diagnose sollte zu dem verordneten Hilfsmittel passen und im Idealfall die Notwendigkeit der Verordnung erklären und begründen. Wenn also Injektionskanülen zur Insulininjektion verordnet werden, ist die Diagnose Diabetes mellitus bereits erklärend. Es wird dann davon ausgegangen, dass eine Insulintherapie erfolgt.
Manchmal muss mehr begründet werden
Bei manchen Hilfsmitteln muss die Begründung ausführlicher sein und weiter ausgeführt werden. Bei der Verordnung eines Systems zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM) sollte neben der Diagnose "Diabetes mellitus" die Art der Therapie (intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT), Insulinpumpen-Therapie (CSII)) vermerkt sein. Zusätzlich sollte bei der Erstverordnung der Vermerk stehen, dass das Therapieziel anderweitig nicht erreicht wurde – so lassen sich unter Umständen Rückfragen vermeiden.
Hilfsmittel zum Verbrauch oder nicht
Es wird unterschieden zwischen zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln und nicht zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln.
Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel sind zum Beispiel Lanzetten zum Gewinnen von Blut, Kanülen und Einmalspritzen zur Insulininjektion, Insulin-Fertigpens sowie das Verbrauchsmaterial für Insulinpumpen wie Katheter, Kanülen, Reservoire etc. – also Hilfsmittel, die nur einmal benutzt werden können oder sollen.
Nicht zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel sind zum Beispiel Blutzucker-Messgeräte, Stechhilfen, Insulinpumpen, Insulinpens, aber auch Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) – also Hilfsmittel, die öfter oder dauerhaft genutzt werden.
Häufig Prüfung bei teureren Hilfsmitteln
Die nicht zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel sind oftmals teurer und unterliegen somit häufig einer Prüfung, ob die Verordnung notwendig ist. Dies ist zum Beispiel bei Insulinpumpen und CGM-Systemen der Fall, kann aber auch andere Hilfsmittel wie Spezialbetten betreffen. Hierbei wird meistens ein Fragenkatalog an die Patienten beziehungsweise die Verordnenden gestellt. Die Antworten auf diese Fragen sind an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu senden. Dieser entscheidet nach Auswertung der Informationen über eine Empfehlung zur Kostenübernahme. Gegebenenfalls können Antworten auf spezielle Fragen nachgefordert werden.
In speziellen Fällen, zum Beispiel der behindertengerechten Einrichtung der Wohnung mit Pflegebett, Rollstuhl, Duschgriffen etc., kann es auch Termine vor Ort geben. Diese dienen nicht nur zur Kontrolle der Notwendigkeit der Hilfsmittel, sondern oft auch zur Beratung, damit die Versorgung optimal ausfällt.
Bei Ablehnung Widerspruch möglich
Sollte die Krankenkasse die Übernahme der Kosten für das verordnete Hilfsmittel ablehnen, kann Widerspruch eingelegt werden. Dieser muss entsprechend begründet werden und sollte der Krankenkasse darlegen, warum es medizinisch notwendig ist, dieses Hilfsmittel zu genehmigen. Die Krankenkasse prüft erneut und kann dann die Übernahme der Kosten für das Hilfsmittel genehmigen oder ablehnen. Sollte es bei einer Ablehnung bleiben, Behandler und Patient jedoch der Meinung sind, dass es eine begründete Notwendigkeit gibt, kann unter Umständen eine Entscheidung durch ein Sozialgericht notwendig sein. Dies ist zum Glück sehr selten notwendig. Häufig reicht bereits der entsprechende Austausch zwischen Patient, Behandler und Krankenkasse.
Feste Summen für Verbrauchs-Hilfsmittel
Die zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel sind oft im Preis günstiger. Manchmal stehen sie auch im Zusammenhang mit bereits genehmigten Hilfsmitteln, wie beim Zubehör für eine bereits genehmigte Insulinpumpe. Kleinere Artikel werden dabei im Regelfall ohne weitere Prüfung genehmigt.
Immer öfter vereinbaren die Krankenkassen mit Dienstleistern, die Hilfsmittel verkaufen, Generalverträge. Hier erhält das Unternehmen eine fest vereinbarte Summe für die Versorgung der Patienten mit den entsprechenden Hilfsmitteln, wie Kathetern für Insulinpumpen. Das wirtschaftliche Risiko wird dabei von den entsprechenden Geschäften getragen.
Hilfsmittel belasten nicht das viel zitierte Budget der Verordnenden. Die Verordnung ist also wirtschaftlich unproblematisch für die Verordnenden, sie könnte lediglich mehr Arbeit bereiten.
Richtlinien für die Verordnung
Es gibt für viele Hilfsmittel Richtlinien, wann welches Hilfsmittel verordnet werden darf. Im Fall der CGM-Systeme sind es zum Beispiel die Diagnose Diabetes mellitus, Durchführen einer ICT oder CSII sowie das Nichterreichen des individuell vereinbarten Therapieziels. Zusätzlich muss der Verordnende Facharzt für Endokrinologie oder Diabetologie sein. Der MDK hat das Recht, neben diesen Informationen zum Beispiel Blutzucker-Tagebücher anzufordern, um den Sachverhalt besser einordnen zu können.
Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Ablehnung erfolgt. Es wird jedoch deutlich schwieriger, die Verordnung genehmigt zu bekommen. Patient und Behandler müssen dann begründen und die Krankenkasse überzeugen, warum es aus medizinischer Sicht als Einzelfall-Entscheidung in diesem Fall notwendig ist, das Hilfsmittel zu genehmigen.
Im Fall eines CGM-Systems wird dann sicher nicht das lästige Piksen in die Finger als Begründung überzeugen. Mögliche Begründungen könnten jedoch schwere Unterzuckerungen nach Operation zur Gewichtsreduktion sein oder ein gelähmter Arm, weshalb notwendige Messungen nicht möglich sind.
Im Zweifel sollte man mit den Ansprechpartnerinnen und -partnern bei der Krankenkasse sprechen. Diese müssen sich zwar auch an die Bestimmungen und Regeln halten, können aber im Einzelfall beraten, unter welchen Umständen welche Verordnung akzeptiert werden könnte.
Generell besteht eine Zuzahlungspflicht. Die Zuzahlung zu den Hilfsmitteln beträgt 10 Prozent des Verkaufspreises, wobei eine Zuzahlung von 10 Euro pro Monat nicht überschritten werden darf.
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