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Janis und ich sind nicht nur seit fast fünf Jahren ein Paar, sondern mittlerweile auch ein Jahr verheiratet.
Unsere Hochzeit war wunderschön und doch stellenweise ziemlich herausfordernd – denn: Auch der Diabetes war natürlich mit von der Partie.
Ich bin ein Mensch, der einen ziemlich nervösen Magen hat. Schon am Morgen unserer Hochzeit war mir speiübel. Ich würgte trotzdem ein halbes Brötchen hinunter, denn es war klar: So schnell würde ich nicht wieder etwas zwischen die Zähne bekommen. Meine Angst vor einer Unterzuckerung während der Trauung war riesig!
Mein Hochzeitskleid war ein Traum aus Tüll mit einer ziemlich engen und festen Korsage, die keinerlei Platz für irgendetwas „drunter“ ließ – also weder BH noch Korsage oder gar ein Pumpenband.
Ich hatte zuvor wirklich lange darüber nachgedacht, wie ich die Insulinpumpe an unserem großen Tag am besten verstauen könnte. Die Überlegung, meine Pumpe für den Tag abzulegen, verwarf ich relativ schnell wieder. Es war mir deutlich wichtiger, durch den Sensor vor Unterzuckerungen etwas geschützt zu werden und den Diabetes ein bisschen mehr „nebenher“ laufen lassen zu können.
Viele Bräute mit Diabetes lassen sich eine Tasche in ihren Rock einnähen. Aufgrund des weichen Tülls war das bei meinem Kleid leider keine Option – die Pumpe hätte den Stoff permanent verzogen.
Ich probierte auch spezielle Unterhosen mit Pumpentasche aus. Erstens fand ich das leider schrecklich unbequem und zweitens stellte es sich als schlichtweg unpraktikabel heraus. Einen schweren, 6-lagigen bodenlangen Rock bis über die Hüfte hochzuraffen, um auf die Pumpe schauen zu können, sieht nicht nur ulkig aus, sondern ist auch quasi unmöglich zu bewerkstelligen.
Letztendlich war die Lösung so einfach wie praktikabel: Ich steckte die Insulinpumpe mit dem Clip nach außen schlichtweg in den (extrabreiten) Gummibund meiner halterlosen Strümpfe. Zur Sicherheit, um den Strumpf zusätzlich vom Rutschen abzuhalten, trug ich einen Strapshalter unter meinem Kleid.
Dieses Konstrukt saß die ganzen 20 Stunden der Hochzeit(sfeier) bombenfest und ließ sich dennoch relativ gut bedienen.
Mein Mann trug seine Pumpe elegant im Rücken. Dort verschwand sie einfach im Kummerbund.
Einige werden sich jetzt vielleicht fragen, wieso wir so viel Wert darauf legten, die Pumpen nicht offen zu tragen. Denn auch unsere Sensoren saßen an diesem Tag nicht offen am Arm, sondern unsichtbar am Bein.
Ganz einfach: An diesem Tag sollte es nur um uns und unsere Liebe zueinander gehen. An diesem Tag hatte der Diabetes einfach mal keinen Platz in unserem Leben!
Zum ersten Mal seit der Diagnose machte mich der Diabetes traurig, wütend und irgendwie auch machtlos. Ich hätte unsere Hochzeit so gern wie jedes andere Paar ohne Sorgen und ohne besondere Beachtung dieser blöden Krankheit gefeiert. Unbeschwert eben.
Naja – was soll das Gejammer. Wir konnten es ja ohnehin nicht ändern.
Leider lief der Tag dann bei mir diabetestechnisch auch so überhaupt nicht rund. Dank der Aufregung und des (positiven) Stresses konnte ich kaum etwas essen. Mir war permanent ein bisschen schlecht und ich fürchtete mich wahnsinnig vor einer Hypoglykämie. Zu dieser Zeit hatte ich besonders große Hypoängste! Nach wenigen Bissen musste ich unser eigentlich wirklich sehr leckeres Essen beiseiteschieben. Da wir ja auch lange auf den Beinen waren, hatte ich vorsorglich die Basalrate ein bisschen reduziert und spritzte für die winzige Kartoffelspalte und das Stückchen Möhre, das ich gegessen hatte, lieber gar nicht. Auch für das Glas Rotwein und den Aperitif ließ ich mein Insulin weg. Ich war schließlich permanent auf Achse und wollte auch ordentlich tanzen!
Das stellte sich im Laufe des Abends dann leider als schwerer Fehler heraus. Kurz vor Mitternacht wurde mir wahnsinnig schlecht und ich hatte das Gefühl, schwer Luft zu bekommen. Ein Blick auf die Insulinpumpe zeigte mir dann auch den Grund: Mein Blutzucker war klammheimlich auf über 400 mg/dl (22,2 mmol/l) geklettert.
Janis nahm mich am Arm, drückte mir ein großes Glas Wasser in die Hand und schleuste uns erst einmal von der Hochzeitsgesellschaft weg. Ab nach draußen an die frische Luft und schnell mit dem Pen korrigiert.
Mein Magen beruhigte sich ziemlich schnell und Janis und ich hatten endlich auch mal kurz die Gelegenheit, innezuhalten. So hatte selbst dieser Ausrutscher etwas Gutes – denn mein frisch vermählter Mann und ich hatten einen kleinen privaten Moment nur für uns, der im Trubel der Feier einfach richtig guttat.
Anschließend waren wir sowas von bereit für den Anschnitt der Hochzeitstorte, die meine Mutter liebevoll und wahnsinnig professionell selbst gebacken hatte. Innerlich triumphierte ich ein bisschen. „Das hast du es, du saublöde Mistkrankheit! Wir sind glücklich und zufrieden – trotz dir!“
Ich tanzte den letzten Rest des hohen Blutzuckers einfach weg und beschloss endgültig, mir diesen Tag durch absolut nichts verderben zu lassen.
Morgens um 4 Uhr fielen wir dann todmüde, erschöpft, aber glücklich ins Bett. Wir wollten einfach nur noch schlafen. Natürlich mischte sich auch hier der Diabetes ein – als ich mich glücklich in meine Decke einkuschelte, riss ich mir mit Wumms den Katheter aus dem Bein. Na klasse!
Genervt knipste ich das Licht wieder an und sah erst jetzt das volle Ausmaß: Das weiße Bettlaken hatte sich bereits richtig schön mit Blut vollgesaugt.
Während die Sonne sich langsam am Himmel zeigte, erledigten wir unsere erste Haushaltspflicht als Mann und Frau.
Was soll man sagen. Der Diabetes ist eben immer für eine Überraschung gut. Sogar für eine Hochzeitsnacht der etwas anderen Art 😉
Heiraten mit Diabetes: Traumkleid, Traumtag, Traumzucker! – so lief die Hochzeit von #BSLounge-Autorin Antje!
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