Mehr als Marathon mit Jubel und CGM

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Mehr als Marathon mit Jubel und CGM

Nach der Absage des NYC Marathons im vergangenen Jahr am Freitagabend waren alle Marathonis, die natürlich schon vor Ort waren, unglaublich enttäuscht, traurig, fassungslos. Aber ein echter Marathonläufer lässt sich, nachdem wir uns vom ersten Schock erholt hatten, von so einer Absage nicht vom Marathon abbringen: „Don’ stop me now“ oder „Keep on running!“ Also haben sich Tausende von Marathonläufern am Marathonmorgen im

Verpflegung im Gepäck

Dort fand 1970 der allererste NYC Marathon statt. Damals zahlten 127 Läufer ein Startgeld von einem Dollar und umrundeten den

Tausende von anderen Marathonläufern aus aller Welt hatten den gleichen Spirit, die gleiche Überzeugung, den Enthusiasmus, den nur echte Marathonis aufbringen können: Was stört mich eine Absage? Ich bin hier, um den Marathon zu laufen. Natürlich bedeutet das nicht, dass wir nicht tiefes Mitgefühl gegenüber den Opfern von Sandy gehabt hätten; wir haben versucht, vor Ort zu helfen, wo es möglich war, haben alle unser Startgeld und jegliche Verpflegung den Opfern gespendet.

Stolze Amerikaner

Schon auf der Brücke wurde ich von entgegenkommenden Joggern begrüßt, abgeklatscht und angefeuert: „Go, marathoner, go – Just do it!“ Im

Aber auch die Amerikaner vor Ort zeigten ihren unvergleichlichen amerikanischen Spirit, ebenso wie im Jahr 2001, als der NYC Marathon nach 9/11 trotzdem stattgefunden hatte, nach dem Motto: Jetzt erst recht – wir Amerikaner lassen uns weder von Terroristen noch von Naturgewalten unterkriegen – wir sind stolz auf unser Land!

Ein Beispiel dafür: An der 5th Avenue stand eine junge Amerikanerin, gesegnet mit einer unglaublichen Stimme, mit der rechten Hand auf ihrem Herzen und sang aus tiefster Überzeugung für alle vorbeilaufenden Marathonläufer die amerikanische Nationalhymne – Gänsehaut pur!

Mit Halloween-Süßigkeiten improvisiert

Je später der Vormittag wurde, desto mehr New Yorker kamen, um die Marathonläufer zu unterstützen. Sie brachten Wasser, Elektrolytgetränke, Obst, übriggebliebene Süßigkeiten von den abgesagten Halloweenpartys mit und verpflegten die Massen von Läufern im Park, so gut es eben völlig improvisiert ging. Einige bildeten sozusagen ein Spalier, indem sie sich an den Händen hielten und die Läufer unter diesen hindurch liefen – begleitet von ohrenbetäubenden Anfeuerungsrufen und Beifallsstürmen. Yes – we can!

Es ging nicht um Bestzeiten

Für mich war dies der ursprünglichste aller Marathonläufe, im echten Spirit des „dabei sein ist alles“! Es ging nicht um irgendwelche Bestzeiten, Stunden, Minuten oder Sekunden, sondern um den wirklichen Sport – die Freude an der gemeinsamen Bewegung, die Begeisterung des Dabeiseins – und des Ankommens.

„run anyway marathon“

Da ich allerdings zu den wenigen Laufexoten gehöre, die ganz ohne Uhr laufen, also auch ohne moderne GPS-Steuerung, hatte ich ein kleines Problem: Im Vorfeld hatte man mir gesagt, dass die Strecke um den

Ich wurde getragen von der Welle der Begeisterung entlang der Strecke, ob jetzt ein schottischer Dudelsackspieler, Schweizer Kuhglocken, afroamerikanische Trommelgruppen, der aus vollstem Herzen geschmetterten amerikanischen Nationalhymne, dem Jubel und den Anfeuerungsrufen der entgegenkommenden Marathonläuferinnen und -läufer, denn der

Nicht höhenerprobt?

Aber irgendwann, zu Beginn der vierten Runde des extrem hügeligen

Also musste ich alles, was ich auch für meine Diabetesversorgung im Notfall brauchen würde, mit mir tragen: ein Blutzucker- und Blutketonmessgerät mit Blutzucker- und Blutketonmessstreifen, Insulin, Einmalspritzen, Ersatzkatheter für die Insulinpumpe, meinen

Glücklicherweise gab es dann ja doch Verpflegung, vor allem


Laaaaangsam fortbewegen

Ich versuchte, mich Kilometer für Kilometer voranzuquälen, nach dem Motto: noch einen Kilometer für Mama, einen für Papa, einen für Brigitte, einen für Angelo, einen für Professor Berger, einen für Claudia, einen für Andreas, einen für Bernhard und den Heinrich-Sauer-Preis usw. Irgendwann kam eine ganz steile Passage bergab, am Fuße des Hügels standen Dutzende von Amerikanern, die ein umtosendes Jubelszenario veranstalteten – also: gut aussehen!

Nochmal alles geben, ich erhöhte mein Tempo, und plötzlich schoss ein irrer Krampf durch mein linkes Bein. So etwas hatte ich bis dato erst bei anderen Läufern gegen Ende einer Marathonstrecke gesehen, wenn diese dann schmerzverzerrt versuchten, sich irgendwo verzweifelt zu dehnen; ich hatte das auch im Buch

Er beschrieb, wie ihn ein solcher Krampf gegen Ende des Berlin-Marathons ereilte und er für die letzten zwei bis drei Kilometer hüpfend und schleichend über 30 Minuten gebraucht hatte – „Weichei“, hatte ich im Flugzeug noch überheblich gedacht! Nun ereilte mich selbst dieses Desaster. Ich wusste gar nicht mehr, wie ich auftreten, geschweige denn, noch weitere Kilometer bis ins Ziel laufen sollte. Ganz laaaaaaaaaaaaaaaaangsam ging ich einige Schritte und hatte Glück – der Krampf löste sich und ich konnte weitergehen.

Hoher Blutzucker? Wassermangel?

Was war los? War ich etwa zu schlecht trainiert? Rächte es sich, dass ich am Vortag über 25 Kilometer durch New York gegangen war? Da wusste ich ja noch nicht, dass der alternative Marathon am nächsten Tag doch stattfinden würde, ich hatte am Abend vorher schon richtig schwere Beine. War ich bei der für einen Marathon deutlich zu geringen Wasserzufuhr jetzt doch dehydriert? Rächte sich der über Stunden deutlich zu hohe Blutzuckerwert jetzt gegen Ende des Marathons?

Oder lag es daran, dass ich als Verpflegung nur auf diese „immens wohlschmeckenden“ Gels zurückgreifen konnte, etwas, was ich bei meinen früheren Marathonläufen oder im Training nie in einem solchen Maß konsumiere. Folgerichtig habe ich diese dann auch gegen Ende des Laufes wieder den Büschen im

„Marathon plus“

In dem Moment lief eine deutsche Läuferin an mir vorbei, ich humpelte hinter ihr her und fragte sie, ob sie eigentlich eine Ahnung hätte, wie lang eine dieser Runden denn wirklich sei. Klar, sagte sie, eine Mitläuferin hätte die Strecke mit einem Fahrradtacho ausgemessen, es wären knappe zehn Kilometer pro Strecke. Was?! Zehn Kilometer! Ich hatte gedacht, sieben.

Ja, sieben Kilometer war die historische Strecke durch den Park, aber seit 1970 war der

Damit hatte ich also den Marathon längst geschafft, ich war ja circa sieben Kilometer vom Hotel in den

Ich war überglücklich, wahnsinnig stolz, unfassbar erleichtert und ging ganz entspannt die letzten Kilometer bis ins Ziel, genoss einfach die Stimmung, machte Fotos – ich hatte es geschafft!

Diabetesausrüstung

3.000 Höhenmeter

Nachtrag: Nach meiner Ankunft im Hotel (ich bin den Rückweg nicht mehr gelaufen, sondern habe mich ganz bequem mit dem Taxi fahren lassen) haben wir uns noch mit den anderen Läufern von der deutschen Tourgruppe zusammengesetzt. Die meisten von ihnen waren nur eine Runde um den Park gelaufen und hatten den Rest des Tages mit Sightseeing in New York verbracht. Ein Mitläufer hat dann per GPS meine Strecke nachgemessen: Ich bin also „unwissend“ nicht nur einen vollen Marathon gelaufen, sondern hatte fast 50 Kilometer mit insgesamt 3.000 Höhenmetern in den Beinen.

Ich bin bei einem Marathonlauf mitgelaufen, der in dieser Art wohl einzigartig in der Geschichte der New York City Marathonläufe sein wird und habe mir damit meine Finishermedaille, die vom

Fazit

Ulrike Thurm

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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