Dr. Bernhard Lippmann-Grob ist Facharzt für Innere Medizin mit den Zusatzbezeichnungen Diabetologie und Medizinhygiene. Außerdem ist er ausgebildeter Risikomanager. Für DBW gibt er eine Einordnung zu den Herausforderungen für Menschen mit Typ-1-Diabetes bei einem Krankenhaus-Aufenthalt.
Wenn man ins Krankenhaus muss, ist man meist etwas angespannt: Man ist nicht mehr nur leicht krank, man weiß nicht genau, mit welcher Diagnose man sich auseinandersetzen muss oder wie eingreifend möglicherweise eine Operation werden wird. Hat man noch einen Typ-1-Diabetes als Daueraufgabe, wird die Anspannung noch größer, weil man nicht weiß, wie das Diabetes-Management unter den unbekannten Rahmenbedingungen durchgeführt werden kann.
Unter der Bezeichnung „Diabetes mellitus“ werden mindestens zwei von ihrem Entstehen her völlig unterschiedliche Erkrankungen zusammengefasst, weil sie mit einer Urinzucker-Ausscheidung als gemeinsames Merkmal einhergehen. Die Ursache dafür könnte aber kaum unterschiedlicher sein. Der Typ-2-Diabetes ist den Mitarbeitenden im Gesundheitswesen vertraut, da er fast 10 Prozent der Bevölkerung betrifft und bei mindestens 20 Prozent der Menschen, die im Krankenhaus behandelt werden, als Nebendiagnose vorliegt. Müssen Patienten nüchtern bleiben, kann unter den Bedingungen einer stationären Behandlung oft die Behandlung mit Tabletten oder auch Insulin reduziert oder gar abgesetzt werden, ohne dass die Blutzuckerwerte deutlich steigen.
Typ-1-Diabetes braucht immer Insulin
Beim Typ-1-Diabetes ist die Situation völlig anders: Diese Diabetesform entsteht durch den Insulinmangel, der durch die autoimmune Zerstörung der Insulin-produzierenden Inselzellen ausgelöst wird. Die Behandlung wird mit dem Ersatz des fehlenden Insulins sichergestellt. Dazu sind oft nur kleine Insulinmengen erforderlich, die angesichts der sonst beim Typ-2-Diabetes gemachten Erfahrungen für Überraschung sorgen können. Auch das Risiko einer Stoffwechsel-Entgleisung ist deutlich höher, wenn Insulin reduziert wird. Wird Insulin abgesetzt, ist eine Stoffwechsel-Katastrophe kaum zu vermeiden.
Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen zwar statistisch häufiger als Menschen ohne Diabetes ins Krankenhaus, aber ihr Diabetestyp ist deutlich seltener als der oben dargestellte Typ-2-Diabetes. Deshalb ist die Erfahrung mit diesem Krankheitsbild bei nicht diabetologisch Ausgebildeten im Krankenhaus eher klein.
Aktiv handeln mit Typ-1-Diabetes
Ein weiterer wichtiger Punkt im Hinblick auf die Herausforderungen eines Typ-1-Diabetes als Nebendiagnose einer stationären Behandlung ist, dass das stationäre Umfeld für die Ursachen-Forschung und/oder Reparatur gestörter Körperfunktionen optimiert ist. Die Rolle der Patienten in diesem System ist eher passiv. Beim Typ-1-Diabetes handelt es sich aber um eine chronische Stoffwechselstörung, deren Management im Alltag nur durch aktive Betroffene geleistet werden kann. Bei einer stationären Behandlung ist das Risiko des Konflikts zwischen dem „aktiven Diabetesmanager in eigener Sache“ und dem des „passiven Patienten“, der sich im Krankenhaus behandeln lassen muss, sehr hoch.
Wie man am besten konkret vorgeht, wenn man als Mensch mit Typ-1-Diabetes ins Krankenhaus muss, plus eine Checkliste gibt es auf der DBW-Website.
von Dr. Bernhard Lippmann-Grob
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (8/9) Seite 68