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Insulinpurging – „Diabetes? Sieht man Dir gar nicht an!“
3 Minuten

„Diabetes? Sieht man Dir gar nicht an!“ Wie oft hören wohl Typ-1-Diabetiker diesen Satz? Dabei erkranken nicht nur übergewichtige Menschen an Diabetes. Schon gar nicht, wenn es um Typ-1-Diabetes geht. Nein, hier spielt das Gewicht keine Rolle. Vor der Diagnose leiden viele sogar an Untergewicht. Denn durch den akuten Insulinmangel wird die Nahrung nicht mehr aufgenommen und verwertet. Man verhungert praktisch bei lebendigem Leib.
Dieses Wissen machen sich auch immer häufiger Diabetiker zunutze, die an Gewicht verlieren wollen.
Insulinpurging ist ein Thema, über das noch oft geschwiegen wird.
Die Medien halten sich häufig zurück, um das Wissen darüber gering zu halten und niemandem Anreize dafür zu geben. Doch das ist falsch! Jeder, der seine Krankheit und seinen Körper kennt, wird auch von ganz allein auf diese Idee kommen. Die Idee, Insulin zu sparen oder sogar ganz wegzulassen, um Gewicht zu verlieren. Viele kennen es von ihrer Diagnose.
Insulinpurging wird auch „Erbrechen über die Nieren“ genannt. Aufgrund des akuten Insulinmangels ist der Blutzuckerlevel so hoch, dass Blutzuckermoleküle und damit Kalorien über die Niere ausgeschieden werden. So verliert man schnell an Gewicht. Die Auswirkungen sind bekannt, werden aber bewusst außer Acht gelassen. Der Wunsch, dünn zu sein, ist stärker als der gesunde Menschenverstand. Falsche Selbstwahrnehmung und ein gestörtes Körpergefühl, ähnlich wie bei der Magersucht.
„Nur noch ein paar Kilo, dann spritze ich wieder normal.“
Das habe ich mir immer wieder gesagt. Die Gedanken an Folgeerkrankungen unterdrückte ich einfach. Doch wie gefährlich das Ganze wirklich ist, habe ich unterschätzt. Die Anzeichen, dass es mir schon vorher immer schlechter ging, ignoriert. Ich besaß kaum noch Kondition, meine Haare wurden dünn und brüchig, genau wie die Nägel. Die Haut blass. Zudem entwickelte ich eine Neurodermitis und Abszesse. Am Ende musste ich mich fast wöchentlich übergeben. Das schob ich immer auf das Essen. Aber kannte ich den wahren Grund doch ganz genau?
Als ich dann eines Morgens aufwachte und nach Luft rang, war es wohl schon zu spät. Ein paar Stunden später rief meine beste Freundin den Krankenwagen. 2 Wochen Krankenhaus. Intensivstation. Durch die Übersäuerung waren mittlerweile Magen und Speiseröhre verätzt. Wochenlang tat jeder Bissen weh. Dazu kam eine Lungenentzündung. Kaum einen Satz konnte ich, ohne nach Luft zu schnappen, vollenden. Als ich, aus dem Krankenhaus raus, wieder mit sportlicher Betätigung anfangen wollte, musste ich ganz von vorne beginnen. Ich kam mir vor, als müsste ich neu Laufen lernen. Jede Treppenstufe war zu der Zeit ein Kampf für mich.
Ketoazidose. Die Folgen kennt jeder. Kann man sie doch überall nachlesen. Davon abgehalten hat mich dies jedoch nicht. Das Wunschgewicht war einfach zu präsent in meinem Kopf. Doch ich hoffe, dass durch einen Erfahrungsbericht vielleicht mehr abgeschreckt werden. Denn war es das wert? Nein, sicherlich nicht! Nachdem mir die Ärzte versicherten, wie knapp ich davongekommen war, wurde mir bewusst, was ich nicht nur mir und meinem Körper, sondern auch meinen Freunden und meiner Familie antat. Sterben, das wollte ich sicher nicht. Aber eine Ketoazidose heraufzubeschwören, ist der erste Schritt in diese Richtung.
Ein Teufelskreis
Es ist nicht einfach, aus dieser Denkweise herauszukommen. Auch ich habe immer wieder Tage, an denen ich in alte Muster verfalle. Wie bei anderen Essstörungen hilft auch hier oft nur eine Therapie. Man muss lernen, wieder regelmäßig zu messen, zu spritzen, und an seiner Körperwahrnehmung arbeiten.
Mir bleibt nur, allen zu raten, die etwas abnehmen wollen, dies mit gesunder Ernährung und Sport zu tun. Dann fühlt Ihr Euch auch gesund. Denn gesund gefühlt, das hatte ich mich schon sehr lange Zeit vor dem Krankenhaus nicht mehr.
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nina33 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes Typ 3c vor 2 Tagen, 3 Stunden
Hallo guten Abend ☺️
Ich heiße Nina, bin 33j jung und Mama von drei zauberhaften Mädels.
Und vor kurzem bekam ich die Diagnose Diabetes Typ 3c. Nach 5 Jahren – 11 Bauchspeicheldrüsen Entzündungen und schwangerschaftsdiabetes 2024, hat meine Drüse nun fast aufgegeben.. Ich bin irgendwie froh diese Schmerzen nicht mehr zu haben, aber merke wie schwer der Alltag wird. denn hinzukommt noch dass ich alleinerziehend bin.
Aktuell komme ich überhaupt nicht klar mit der ganzen Situation, täglich habe ich hunderte Fragen die niemand beantworten kann. Dass ist mehr als verrückt.
Wie habt ihr euch gefühlt in dem Moment als es diagnostiziert wurde?Ich freue mich sehr auf einen netten Austausch und eure Erfahrung.
Liebe Grüße, schönen Abend
Nina 🙂-
wolfgang65 antwortete vor 1 Tag, 13 Stunden
Willkommen Nina, …
da hast du ja sich schon einiges hinter Dir. Wie schaut es bei Dir mit Mutterkindkur aus, auch in hinblick einer Diabetesschulung. Hast du guten Diabetologen, Teilnahme DMP, Spritzt du selber oder Pumpe, auch hier gibt es viele Fragen. Wie sieht es mit Selbsthilfegruppen bei Euch aus. …
Oder Forum? Gerade am Anfang, wo noch alles neu ist, – ist es schon eine tägliche Herausforderung, – da kann es hilfreich sein kleine Ziele sich zu setzen. Dabei finde ich die Aktzeptanz am wichtigsten, oder auch sich selber spritzen zu müssen, oder das Weg
lassen bzw. bändigen des Naschen … etc. Kleine Schritte …Viele Fragen bekommst du auch in eine Diabetes-Schulung beantwortet,
falls noch nicht gemacht, spreche das bei Deinem Diabetologen an!Über weiteren Austausch bin ich auch erfreut, schildere ruhig deine Bausstellen, … doch letztendlich sollte Dein Arzt das beurteilen.
LG
Wolfgang
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swalt postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 3 Tagen, 8 Stunden
Hallo zusammen. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Ich bin “noch” 59 Jahre, und habe wahrscheinlich seit 2019 Diabetes. Ich würde mir wünschen, endlich angekommen zu sein. Wahrscheinlich seit 2019, weil ich in einem Arztbrief an meinen damaligen Hausarzt zufällig auf den Satz: “Diabetes bereits diagnostiziert” gestoßen bin. Ich habe meinen Hausarzt dann darauf angesprochen und wurde mit “ist nicht schlimm” beschwichtigt.
Lange Rede. Ich habe einen neuen Hausarzt und einen sehr netten Diabetologen, bei dem ich jetzt seit 4 Jahren in Behandlung bin. Ich vertrage die orale Therapie nicht und spritze ICT. Dennoch bin ich in diesem Thema immer noch absoluter Neuling. Natürlich habe ich viermal im Jahr ein Gespräch mit meinem Diabetologen. Das hilft aber im täglichen Umgang nicht wirklich. Auch die anfangs verordnete Schulung war doch sehr oberflächlich und das war es. Ich kenne nicht die Möglichkeiten, die mir zustehen. Ich habe mir alles, was ich zu wissen glaube aus Büchern angelesen. Irgendwie fühle ich mich allein gelassen, irgendwie durchgerutscht. Ich kenne niemanden in meinem Bekanntenkreis, der Diabetes hat und die nächste Selbsthilfegruppe ist über 50 km entfernt.
Und so bin ich jetzt hier gelandet. Ich möchte wissen, wie ihr das handhabt, damit ich verstehe, was ich richtig mache und was falsch. Damit ich weiß, dass ich nicht allein damit lebe.-
lena-schmidt antwortete vor 2 Tagen, 11 Stunden
Hallo Dia-Newbie 🙂 Schön, dass du den Weg zum Diabetes Anker gefunden hast. Ich bin Lena, die Community-Managerin hier und bis sich ein paar Community-Mitglieder bei dir melden, kannst du die Zeit vielleicht mit diesem Artikel überbrücken (https://diabetes-anker.de/behandlung/behandlung-des-diabetes-diese-buecher-und-materialien-helfen-weiter/). Vielleicht findest du noch wichtige Infos für dich, um deinen Alltag zu vereinfachen. 🙂 Ansonsten findest du beim Diabetes-Anker auch fundiertes Wissen zum Thema ICT von Expert:innen aber auch von Menschen mit Diabetes…Viele Grüße Lena
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