Insulinpurging – „Diabetes? Sieht man Dir gar nicht an!“

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Insulinpurging – „Diabetes? Sieht man Dir gar nicht an!“

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Diabetes? Sieht man Dir gar nicht an!“ Wie oft hören wohl Typ-1-Diabetiker diesen Satz? Dabei erkranken nicht nur übergewichtige Menschen an Diabetes. Schon gar nicht, wenn es um Typ-1-Diabetes geht.
 Nein, hier spielt das Gewicht keine Rolle.
 Vor der Diagnose leiden viele sogar an Untergewicht. Denn durch den akuten Insulinmangel wird die Nahrung nicht mehr aufgenommen und verwertet. Man verhungert praktisch bei lebendigem Leib.

Dieses Wissen machen sich auch immer häufiger Diabetiker zunutze, die an Gewicht verlieren wollen.

Insulinpurging ist ein Thema, über das noch oft geschwiegen wird.

Die Medien halten sich häufig zurück, um das Wissen darüber gering zu halten und niemandem Anreize dafür zu geben.
 Doch das ist falsch!
 Jeder, der seine Krankheit und seinen Körper kennt, wird auch von ganz allein auf diese Idee kommen. Die Idee, Insulin zu sparen oder sogar ganz wegzulassen, um Gewicht zu verlieren. Viele kennen es von ihrer Diagnose.

Insulinpurging wird auch „Erbrechen über die Nieren“ genannt. Aufgrund des akuten Insulinmangels ist der Blutzuckerlevel so hoch, dass Blutzuckermoleküle und damit Kalorien über die Niere ausgeschieden werden. So verliert man schnell an Gewicht. 
Die Auswirkungen sind bekannt, werden aber bewusst außer Acht gelassen. Der Wunsch, dünn zu sein, ist stärker als der gesunde Menschenverstand. Falsche Selbstwahrnehmung und ein gestörtes Körpergefühl, ähnlich wie bei der Magersucht.

„Nur noch ein paar Kilo, dann spritze ich wieder normal.“

Das habe ich mir immer wieder gesagt.
 Die Gedanken an Folgeerkrankungen unterdrückte ich einfach.
Doch wie gefährlich das Ganze wirklich ist, habe ich unterschätzt. Die Anzeichen, dass es mir schon vorher immer schlechter ging, ignoriert.
 Ich besaß kaum noch Kondition, meine Haare wurden dünn und brüchig, genau wie die Nägel. Die Haut blass. Zudem entwickelte ich eine Neurodermitis und Abszesse.
 Am Ende musste ich mich fast wöchentlich übergeben. Das schob ich immer auf das Essen.
 Aber kannte ich den wahren Grund doch ganz genau?

Als ich dann eines Morgens aufwachte und nach Luft rang, war es wohl schon zu spät.
Ein paar Stunden später rief meine beste Freundin den Krankenwagen.
 2 Wochen Krankenhaus. Intensivstation. Durch die Übersäuerung waren mittlerweile Magen und Speiseröhre verätzt. Wochenlang tat jeder Bissen weh. Dazu kam eine Lungenentzündung. Kaum einen Satz konnte ich, ohne nach Luft zu schnappen, vollenden.
Als ich, aus dem Krankenhaus raus, wieder mit sportlicher Betätigung anfangen wollte, musste ich ganz von vorne beginnen. Ich kam mir vor, als müsste ich neu Laufen lernen. Jede Treppenstufe war zu der Zeit ein Kampf für mich.

Ketoazidose. Die Folgen kennt jeder. Kann man sie doch überall nachlesen.
 Davon abgehalten hat mich dies jedoch nicht. Das Wunschgewicht war einfach zu präsent in meinem Kopf.
 Doch ich hoffe, dass durch einen Erfahrungsbericht vielleicht mehr abgeschreckt werden.
 Denn war es das wert?
 Nein, sicherlich nicht!
Nachdem mir die Ärzte versicherten, wie knapp ich davongekommen war, wurde mir bewusst, was ich nicht nur mir und meinem Körper, sondern auch meinen Freunden und meiner Familie antat.
Sterben, das wollte ich sicher nicht. Aber eine Ketoazidose heraufzubeschwören, ist der erste Schritt in diese Richtung.

Ein Teufelskreis

Es ist nicht einfach, aus dieser Denkweise herauszukommen. Auch ich habe immer wieder Tage, an denen ich in alte Muster verfalle.
Wie bei anderen Essstörungen hilft auch hier oft nur eine Therapie. Man muss lernen, wieder regelmäßig zu messen, zu spritzen, und an seiner Körperwahrnehmung arbeiten.

Mir bleibt nur, allen zu raten, die etwas abnehmen wollen, dies mit gesunder Ernährung und Sport zu tun. Dann fühlt Ihr Euch auch gesund. Denn gesund gefühlt, das hatte ich mich schon sehr lange Zeit vor dem Krankenhaus nicht mehr.

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  • Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.

    • Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.

      So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
      Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.

      Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
      Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.

      Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
      https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
      Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷‍♂️

      Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
      Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
      (Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)

    • @ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.

    • @bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
      Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
      Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).

  • loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 14 Stunden

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 5 Tagen, 11 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

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