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Bei meiner Diagnose hat mir niemand davon erzählt, welchen Unterschied es für mich und meine Therapie machen kann, wenn ich auch noch andere Menschen mit Diabetes kenne und in meinem Alltag verankert habe. Vermutlich hätte ich zu diesem Zeitpunkt aber auch nicht geglaubt, dass es jemals so kommen könnte und dass es mir in meinem Leben mit Diabetes auch tatsächlich helfen kann. Nie hätte ich erwartet, dass ich durch meine chronische Krankheit neue Freundschaften finden könnte. Und auch, dass eine gute Beziehung zu Diabetologin und Diabetesberaterin einen großen Einfluss auf meine Diabetestherapie hat, ist mir erst mit den Jahren bewusst geworden.
Dass das alles großartig und wichtig ist, darüber gibt es schon einige Artikel im Netz. Heute möchte ich euch aber in neun Punkten zusammenfassen, warum Diabetesbeziehungen auch im neuen Jahr und für alle Zeit wichtig sind!
Der erste Punkt ist beinahe selbsterklärend. Nur Menschen mit Diabetes können erahnen, wie andere Menschen mit Diabetes sich fühlen. Ich kann einer gesunden Person immer wieder erklären, wie sich eine Unter- oder Überzuckerung anfühlt – ob diese Person es aber durch meine Erklärung wirklich nachvollziehen kann, bleibt fraglich. Wenn ich mit einer Freundin mit Diabetes spreche und wir beide eine schlechte Nacht hatten, weil die Werte verrücktspielten, können wir es beide zu 100% verstehen und nachvollziehen. Und das ist sehr besonders.
Das Gefühl, der einzige Mensch mit Diabetes zu sein, hatten vermutlich die meisten von uns. Natürlich ist das unlogisch, aber wenn man bei der Diagnose noch niemanden kennt, der einen bei diesem Thema zu 100% versteht (siehe Punkt 1), dann kann dieses Gefühl einen doch schon sehr schnell einnehmen und sich schlecht und schuldig fühlen lassen, egal ob es ein logischer Gedanke ist oder nicht. Eine gute Beziehung zu einem Menschen, der Diabetes hat, einen versteht, mit dem man sich austauschen kann – das wirkt dann schon Wunder.
Unterwegs mit Freunden, plötzlich zittern die Hände. Mist, Unterzuckerung. Tasche auf. Mist, keinen Traubenzucker mehr dabei. Und die Taschen der anderen sind auch leer. Sowas passiert selten, wenn man in Gruppen mit Menschen mit Diabetes die Stadt unsicher macht. Irgendjemand hat immer noch einen Riegel, eine Rolle Traubenzucker oder eine Caprisonne am Start und versteht sofort, wenn mal eben ’ne Pause gemacht werden muss. Und nächstes Mal kann man sich revanchieren.
Mir passiert es ganz oft, dass ich im stressigen Alltag gar nicht mitbekomme, wenn meine Lieblingsband eine neue Platte herausgebracht hat oder der Film, auf den ich so lange gewartet habe, im Kino ist. Dann freue ich mich sehr, dass ich musik- oder filmaffine Freunde habe, die mich im Falle des Falles daran erinnern. Ähnlich ist es bei Freundschaften mit Diabetes. „Hast du schon von der neuen Pumpe oder dem neusten Insulin gehört?“, „Diese Studie brachte total interessante Ergebnisse hervor!“, „Spricht deine Diabetologin eigentlich über Zyklus mit dir?“. Dadurch, dass wir uns austauschen können, erfahren wir schneller von den neusten Neuigkeiten und Verbesserungen. Das ist cool!
Möglicherweise ist das eine recht neue Entwicklung, die wir den sozialen Medien und dem Internet zu verdanken haben, aber gerade wenn man online Diabetesbeziehungen pflegt, hat man schnell in ganz Deuschland, Europa oder auf der ganzen Welt Freunde, die sich genau mit den gleichen Dingen herumschlagen müssen. Die kann man besuchen, oder sie besuchen einen, und es macht unsere Welt plötzlich ganz klein und bringt uns alle mehr zusammen.
Ich habe schnell gemerkt, dass ich mich allgemein wohler fühle, wenn ich mich auch bei meiner Diabetologin wohl fühle. Zwar haben wir pro Quartal nur rund 15 Minuten Zeit. Trotzdem machen diese 15 Minuten oft viel aus. Ich möchte von meiner Diabetologin verstanden werden und nicht mit Schuldgefühlen die Praxis verlassen. Der Diabetes ärgert mich im Alltag schon genug. Das führt auch direkt zum nächsten Punkt…
Die DiabetesberaterInnen sehen wir stellenweise öfter und länger. Sie haben generell mehr Zeit für uns als die DiabetologInnen. Wenn wir uns gut und klar mit ihnen verstehen, können wir noch viel mehr aus dieser Zeit mitnehmen. Unsere DiabetesberaterInnen sollen sich in uns hineinversetzen können und mit uns stärker an der Therapie arbeiten. Das funktioniert besser, wenn die Beziehung passt.
Zurück zu den Freundschaften. Wenn man verzweifelt an der Therapie feilt und gerade kein Termin in der Praxis bevorsteht, können einem andere Menschen mit Diabetes im Gespräch helfen, gute Lösungsansätze oder direkt Lösungen für das Problem zu finden und umgekehrt. Wir sind Profis in unserer Therapie und erleben den Alltag mit Diabetes tagtäglich. Dennoch gibt es ab und an Momente in der Therapie, wo wir nicht weiterwissen. Aber manchmal reicht schon eine neue Perspektive innerhalb einer Diabetesfreundschaft aus, um das Problem zu lösen.
Ich kann meine Freunde immer mit Insulin, Teststreifen, Nadeln etc. versorgen und umgekehrt. Auch wenn wir vielleicht nicht ganz genau die gleichen Dinge benutzen: Im Notfall kommen wir gemeinsam über die Runden, und das ist ein tolles Gefühl!
Kennt ihr noch andere Gründe, warum gute Diabetesbeziehungen im Alltag wichtig sind? Ich bin gespannt!
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