Diabetes-Kurz­geschichte: Der kleine Melli tritt in mein Leben

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Diabetes-Kurz­geschichte: Der kleine Melli tritt in mein Leben

Unsere Leserin Lena Schuster hat bezaubernde Kurz­geschichten zum Thema Diabetes verfasst, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten. In der ersten Geschichte lernt die junge Protagonistin Nina den kleinen Melli kennen.

Ich schaue aus dem Fenster und sehe einen kleinen Jungen, der mich wachsam anblickt. Es ist ein ungewöhnlicher Moment, fast schon unheimlich. Kurz wende ich meinen Blick ab, um dann wieder zu dem Jungen zu sehen, doch er ist verschwunden. Durch die Terrassentür husche ich auf den Balkon, um die Straße nach ihm abzusuchen, doch er ist wie vom Erdboden verschwunden. Eine seltsame Begegnung war das. Eine Begegnung, die mich fragend zurücklässt: Wer ist dieser Junge? Und was will er von mir?

Immer wieder im Leben begegnet man Menschen, die anders sind als die Norm. Das kann man feststellen, ohne die Norm je definieren zu wollen. Was ist normal? Und vor allem: Wer ist normal?

Die Diabetes-Kurzgeschichten-Reihe „Der kleine Melli und ich“ – der Hintergrund

Melli ist ein kleiner Junge, der mit Nina, einer jungen erwachsenen Frau, zusammenlebt. Die beiden Protagonisten der Diabetes-Kurzgeschichtenreihe geraten im Alltag immer wieder in Konflikt: beim Essen, beim Sport etc.

Autorin Lena Schuster ist Psychologin und hat seit 2014 Typ-1-Diabetes. Ihr Bruder hat seit der Kindheit ebenfalls Typ-1-Diabetes, deshalb ist ihr auch der Einfluss der Stoffwechselerkrankung auf die Familie gut bekannt. Zu ihren Kurzgeschichten sagt sie: „Für mich ist der Diabetes vergleichbar mit dem kleinen Melli, den man oft zu gerne ignorieren möchte, doch das geht leider nicht. Denn ignoriert man den Diabetes, ist er wie ein schreiendes Kind, das einen nicht zur Ruhe kommen lässt. Kümmert man sich jedoch um den Diabetes, so macht einen das stark – und man erkennt, dass man bereit ist, auch andere Probleme des Lebens zu bewältigen.“

hier gibt es alle Diabetes-Kurzgeschichten mit Nina und dem kleinen Melli

Ein Wiedersehen im Supermarkt

Ein paar Tage später stehe ich im Supermarkt an der Kasse und gehe noch einmal meine Einkaufliste durch. Eingelegtes Putenfleisch, Grillkäse, Feldsalat, Gurken, Auberginen und Kartoffeln liegen auf dem Band. Ich darf nichts vergessen, denn ich bin wie immer eh schon zu spät. Am Abend kommen ein paar Freunde vorbei, und wir werden den Sommerbeginn mit einem gemütlichen Grillabend feiern.

Während ich darauf warte, dass die Kundin vor mir all ihre Sachen in ihrer Tasche verstaut hat, blicke ich reflexartig zum Supermarkteingang und entdecke den kleinen Jungen. Er blickt mir wieder direkt in die Augen, so als ob er versucht, durch mich hindurchzuschauen. Es scheint, als ob er mich durch den Blickkontakt kennenlernen will. Tatsächlich ist sein Anblick ein wenig vertrauter. Plötzlich habe ich das Gefühl, dass dieser Junge mein Leben verändern wird. Und ich sollte Recht behalten.

Der Junge kehrt zurück – für immer

Es vergehen zwei Wochen, in denen ich dem Jungen nicht einmal begegne. Ich stehe am Herd und koche eine Gemüsesuppe, in der Hoffnung, dass ich dadurch wieder zu Kräften kommen werde. Denn seit ein paar Wochen bin ich immer müde und komme kaum noch die Treppen hoch. Plötzlich klingelt es an der Tür, und ich gehe hin und mache auf. Vor mir steht der kleine Junge, schaut mich mit stahlblauen Augen streng, aber gleichzeitig besänftigend an und sagt: „Hallo Nina, ich bin Melli und ab heute bin ich ein Teil deines Lebens.“


Kommentar der Autorin:

Die Diagnose des Diabetes ist wie ein Schlag ins Gesicht. Von heute auf morgen muss man auf seinen Körper achten und vernünftig sein. Es ist vergleichbar mit der Situation, in der Nina die Tür aufmacht und der Junge vor ihr steht. Am liebsten würde sie die Tür wieder zumachen und alles vergessen, doch das geht leider nicht. Der Diabetes ist wie ein kleiner Junge, für den man sorgen muss und der einen achtsamen Umgang braucht.

Ignoriert man den Diabetes, ist er wie ein kleines, schreiendes Kind, das einen nicht zu Ruhe kommen lässt und bei der Arbeit behindert. Kümmert man sich jedoch um den Diabetes, so macht einen das stark, und man erkennt, dass man bereit ist, auch andere Probleme des Lebens zu bewältigen.

So wie Nina Hand in Hand mit dem kleinen Melli durch das Leben geht, so müssen wir Hand in Hand mit dem Diabetes durch das Leben gehen. Nur dann ist unser Körper eine Einheit, nur dann werden wir dem Diabetes gerecht – und er wird uns gerecht.

weitere Diabetes-Kurzgeschichten mit Nina und dem kleinen Melli


von Lena Schuster

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  • gingergirl postete ein Update vor 5 Tagen, 19 Stunden

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

  • hexle postete ein Update vor 6 Tagen, 23 Stunden

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

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