Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt: #35 | Winterblues oder schon Depression?

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Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt: Warum sollte ich mich für meinen Diabetes schämen?
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Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt: #35 | Winterblues oder schon Depression?

Der Herbst und Winter stellt Sommerliebhaber auf die harte Probe. Die Tage erscheinen uns kürzer, denn es wird früher dunkel und morgens auch später hell. Und mit Hinblick auf die bevorstehende Weihnachtszeit bzw. den anstehenden Jahreswechsel, wird auch die ein oder andere Seele melancholisch und schwelgt in alten Erinnerungen. Nicht selten in Kombination mit einer chronischen Erkrankung, wie Diabetes (die immer nervenzerrend ist), kann diese Zeit ganz schön aufs seelische Wohlbefinden schlagen. Auch genannt als Winterblues oder -depression. Doch was ist der Unterschied und was kann man aktiv dagegen tun?

Was ist der Unterschied?

Das man etwas nachdenklicher am Ende des Jahres wird und sich eventuell etwas mehr zurückzieht, um mit seinen Gedanken für sich zu sein, ist eine ganz normale Reaktion. Ich finde, gerade Film, Fernsehen und auch Social Media verleiten uns in dieser Zeit, unser Leben — mit all seinen Facetten — zu überdenken. Bin ich wirklich da, wo ich sein will? Habe ich das finanzielle Einkommen, was ich mir wünsche? Wann kommt endlich mein Märchenprinz oder -prinzessin?

Und dann wären da auch noch die unzähligen Jahresrückblicke, die uns den Anschein geben, dass das Gras von Anderen immer grüner ist, als das eigene. Wie soll man also in dieser Zeit nicht nachdenklich werden? Ich glaube, der entscheidende Faktor, was einen Blues von einer Depression unterscheidet, ist, dass man trotz all der Gedanken das Leben dennoch genießen kann. Sprich, man freut sich auf das Date für den Weihnachtsmarkt, eine Runde Schlittschuhlaufen mit Freunden oder das gemeinsame Plätzchen backen mit der Familie.

Sasha Freemind – unsplash.com

Als Winterdepression bezeichnet man eine Phase im Herbst und Winter, die sich über längeren Zeitraum erstreckt und mit typischen Depressions-Symptomen, wie u. a. Antriebslosigkeit, Dauer-Müdigkeit oder Niedergeschlagenheit einhergeht. Man fühlt sich häufiger müde durch die höhere Ausschüttung von Melatonin aufgrund der länger anhaltenden Dunkelheit oder leidet sogar vermehrt an Heißhungerattacken, welche über kurz oder lang zur Gewichtszunahme führen kann.

Ein weiteres Anzeichen für eine (Winter-)Depression kann sein, dass man sich von seinem sozialen Umfeld abschottet und sich isoliert. Mit der Zeit nimmt die Motivation vor die Tür zu gehen immer weiter ab und endet nicht selten in einem absoluten Stimmungstief.1

Die Ursachen bzw. der Auslöser für eine Winterdepression ist so vielschichtig, wie die Entstehung von Typ-2-Diabetes. Doch mit eine entschiedene Rolle für eine Winterdepression ist u. a. ein Melatonin-Überschuss, Serotonin-Mangel sowie ein Vitamin D-Defizit. Tatsächlich sind Frauen statistisch gesehen 3- bis 4-mal häufiger von einer Winterdepression betroffen, als Männer. Und je weiter der Wohnort vom Äquator entfernt ist — da dort weniger Tageslicht herrscht — desto häufiger treten diese auf. In Deutschland leiden etwa 10 bis 20 Prozent an einer milden und 5 Prozent an einer schweren Winterdepression.2

Diabetes und Depression

Der Umgang bzw. das Leben mit Diabetes kann im Laufe der Zeit schon mal aus Gemüt schlagen. Denn sind wir ehrlich: Wen wurmt es nicht, wenn man innerhalb des Diabetes Managements sein Bestes gibt, aber die Blutzuckerwerte dann doch was ganz anderes sagen. Ich würde nicht sagen, dass Menschen mit einer chronischen Erkrankung eher an Depression erkranken, als Gesunde. Doch ich glaube die Neigung ist vielleicht etwas höher. Dabei ist Diabetes und Depression eine sehr gefährliche Kombination. Denn im Falle einer Depression kann es dazukommen, dass Betroffene einfach keine Motivation oder Antriebslosigkeit empfinden, an sich und guten Blutzuckerwerten zu arbeiten, was wiederum zu Folgeerkrankungen führen und somit weiteren psychischen Druck bzw. Stress erzeugen kann. Rund ein Viertel aller Menschen mit Diabetes leiden an einer depressiven Verstimmung und etwa jeder Zehnte an Depression.3

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass man sich absolut nicht für sich und seine Stimmungen schämen sollte. Ich weiß, es gibt viele Menschen da draußen, die sich nicht eingestehen möchten, dass sie eventuell Hilfe brauchen. Doch nach Hilfe zu fragen oder Hilfe anzunehmen, ist absolut kein Zeichen von Schwäche. Ganz im Gegenteil.

Mehr zum Thema
➤ Körper und Seele ganzheitlich betrachten: Diabetes und Depression begünstigen sich gegenseitig

Wenn Du Hilfe suchst, aber keine finden kannst — bitte hör nicht auf zu suchen! Unser Gesundheitssystem hat da leider immense Defizite. Doch Hartnäckigkeit und Ausdauer wird belohnt! Frage auch gerne mal bei Deiner Krankenkasse, bei Deiner Hausärztin bzw. Deinem Hausarzt oder Deiner Diabetologin bzw. Deinem Diabetologen nach einem Therapieplatz.

Was kannst Du gegen den Winterblues oder gegen eine Winterdepression unternehmen?

1.) Gehe am Tag raus und beweg Dich bei Tageslicht! Auch die Mittagspause bietet sich dafür wunderbar an. Schnapp Dir einfach Dein:e Lieblingskolleg:in und spaziert eine Runde um den Block!

2.) Pflege Deine sozialen Kontakte! Verabrede Dich nach Feierabend, plane mindestens ein Treffen am Wochenende mit einer Freundin oder einem Freund, besuche Deine Familie oder nehm’ einfach den Hörer in die Hand und rufe Deine Herzensmenschen an.

3.) Gute Gespräche sind Balsam für die Seele! Schütte Dein Herz Deinem: r Freund: in aus und erzähle, wie es Dir wirklich geht. Es ist und bleibt ein schönes Gefühl sich jemanden anvertrauen zu können.

Foto: Rinke Dohmen – unsplash.com

4.) Treibe regelmäßig Sport und plane fixe Trainingstage. Durch den Sport schüttest Du Glückshormone aus, tust nicht nur was Gutes für Deinen Körper, sondern auch zeitgleich für Deinen Blutzucker und Dein Gemüt. Die fixen Trainingstage sollen Dir Struktur und ein Tagesziel geben. No excuses!

5.) Nimm Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmittel zu Dir.

6.) Achte auf einen geregelten Schlafrhytmus und versuche (auch am Wochenende) zu ähnliches Uhrzeiten ins Bett zu gehen und ausreichend zu schlafen.

7.) Do what makes you happy! Du hast Lust ein gutes Buch zu lesen? Oder vielleicht doch eine Runde an Deiner Playstation zu spielen? Do whatever makes you happy!

8.) Gehe raus in die Natur, tanke Kraft und sammle Schritte!

9.) Höre Musik, die Dich in eine glückliche Stimmung versetzt. Und wenn Du noch eins drauflegen willst — dreh so richtig auf und tanze mit. Auch eine Idee für das nächste Blutzuckersenkungs-Workout, oder?

10.) Koche Dir leckeres Soulfood! Soulfood muss nicht immer gleich mit Junk Food gleichgesetzt werden. Ganz im Gegenteil! Esse worauf Du Lust hast. Und wenn Du weißt, dass es Deinem Blutzucker nicht zu Gute kommt, dann versuche eine gesündere Alternative zu kochen oder gehe im Anschluss Dich 20 Minuten bewegen.

Du hast es in der Hand, wie Du Dich fühlst. Wenn Du Motivationschwierigkeiten hast bzw. antriebslos bist, dann beauftrage Jemanden, der Dich motiviert und „an die Hand nimmt“. Wie heißt es so schön: You’ll never walk alone.

Quellen:

  1. www.aok.de
  2. www.oberbergkliniken.de
  3. www.gesundheitsforschung-bmbf.de

Caros Kolumne

Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt

Caros Kolumne „Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt“

Hallo, mein Name ist Caro! Ich wurde als 27-Jährige mit einem Typ-2-Diabetes diagnostiziert. Erfahrt in meiner Kolumne „Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt“ alles über meine außergewöhnliche Reise als junge Frau mit Diabetes. Viel Spaß beim Lesen!

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  • cesta postete ein Update vor 19 Stunden, 40 Minuten

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

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