Der Tag, der mein Leben verändert hat!

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Der Tag, der mein Leben verändert hat!

Es war Juli und ich war im Urlaub. Genauer gesagt in Italien, doch der Ort und das Land spielen bei dieser Geschichte keine Rolle. Italien gehört mitunter zu meinen Lieblings-Reiseländern, zu schade, dass genau hier, in diesem traumhaften Urlaub, in dieser traumhaften Umgebung, Erinnerungen für die Ewigkeiten entstanden sind. Leider keine positiven, doch genau aus diesen Fehlern lernt man. Man entwickelt sich weiter, wird schlauer, überlegter und schätzt das Leben umso mehr.

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Bevor wir jetzt weiter zum Text gehen, möchte ich kurz erwähnen, dass die Story nicht brandaktuell ist. Es ist passiert, ja, aber es ist Zeit vergangen. Die Zeit, die ich brauchte, um letztendlich darüber zu schreiben. Wichtig ist mir auch zu erwähnen, dass ich zu diesem Zeitpunkt der Geschehnisse schon 18 Jahre alt war, ich hatte meinen Diabetes schon 8 Jahre.

Seit dem Tag, meiner Diabetes Typ 1 Diagnose, bin ich selbstständig damit umgegangen, habe jegliche Unterstützung von meiner Familie bekommen, die ich wollte, und konnte gut mit meiner Krankheit umgehen. Meine Eltern haben mit diesen Geschehnissen nichts zu tun, es gab vorher keinerlei Probleme (in Bezug auf meinen Diabetes) und es hat immer alles gut geklappt. Meine Familie hat mir in dieser Situation geholfen und hat keine Schuld daran. Das wollte ich nur gerne anmerken. 😉

Jetzt aber weiter im Text:

Italien & meine liebe Ungeduld

So saß ich also in Italien, bestes Wetter, toller Tag, Sommer-Feeling pur. Ich war glücklich. Meine Lieben waren um mich herum, denn es war ein Familienurlaub. Zu meiner Familie gehören meine Eltern und mein Bruder.

Wir waren noch nicht lange vor Ort, erst kürzlich angereist, in unserer schönen Ferienwohnung in der obersten Etage eines Hauses. Es wurde später, es wurde dunkel, man nennt es auch Abend. Wir saßen beisammen, unterhielten uns und meine Blutzuckerwerte machten, was sie wollten. Nicht ungewöhnlich bei mir. Neue Umgebung, anderes Klima, die lange Anreise mit dem Auto, auch das steckte noch irgendwo in mir drinnen und trug irgendwie dazu bei. Ich brauche immer ein paar Tage, um mich umzugewöhnen, mich zu akklimatisieren und,  ja, ganz simpel ausgedrückt, in den „Urlaubs-Modus“ zu schalten. So erging es auch meinen Blutzuckerwerten. Mich wunderte also nichts. Nur hohe Werte nerven mich ab einem gewissen Zeitpunkt und zwar dann, wenn sie schon über Stunden hinweg „dort oben“ festhängen. Und genau das war es, was mir im Nachhinein beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte.

Meine eigene Ungeduld. Ich bin kein geduldiger Mensch, das gebe ich zu. Wenn ich etwas möchte, dann am liebsten sofort, ich hasse es abzuwarten.

Sei es beim Essen, beim Ins-Bett-Gehen oder eben darauf, dass die Blutzuckerwerte sinken.

Hoher Blutzucker und Übermüdung

Mein Blutzucker war also bei 16 mmol/l (288 mg/dl), er war hoch, keine Frage. Aber ich hatte leider auch schon höhere Ausrutscher. Mir ging es gut, nur: Ich war müde. Ich wollte ins Bett, es war gegen 22 Uhr. Die Wärme hatte mich müde gemacht und, wie schon erwähnt, hatte ich mit der allgemeinen Umstellung noch zu kämpfen.

Doch ist musste wach bleiben, sollte wach bleiben, so wie der gut gemeinte Rat lautet, wenn die Blutzuckerwerte nun einmal zu hoch sind . Also wollte ich mich beschäftigen, bekam Lust auf einen Schokoladen-Riegel, der 1 BE hatte. Durch den Frust, nicht ins Bett gehen zu können, und die schlechte Laune auf den zu hohen Blutzuckerwert bolte ich anstatt einer Einheit Insulin (für den Schoko Riegel) drei Einheiten Insulin. Also zwei Einheiten mehr, als ich brauchte.

Ich wollte, dass der Blutzucker sank, schließlich hing er schon seit Stunden dort oben und nichts passierte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch aktives Insulin und mein Messgerät hatte eigentlich keine weitere Korrektur vorgeschlagen. Doch das ignorierte ich, schließlich war ich ungeduldig und sehr müde.

Endlich! → 30 Minuten später mein Blutzuckerwert bei 12 mmol/l (216 mg/dl). Glücklich teilte ich meiner Familie mit, „Ich gehe ins Bett”, denn der Blutzucker war gesunken und ich konnte endlich schlafen – Juchhe!“. Schneller als erwartet lag ich im Bett, glücklich und zufrieden, und war auch sofort eingeschlafen.

Dann nahm alles seinen Lauf…

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Ich teilte mir ein Zimmer mit meinem älteren Bruder. Das störte mich nicht, ihn auch nicht, er ist ja schließlich mein Bruder. Dass dieses gemeinsame Zimmer ein wichtiger Schritt bei der Geschichte war, fiel mir erst später auf.

Dann kam es, wie es kommen musste, denn schließlich hatte ich unvorsichtig gehandelt. Meine Blutzuckerwerte fielen und fielen und fielen. Ich schlief tief und fest, so tief, dass ich nicht mitbekam, was gerade mit meinen Werten und mit mir passierte.
Ich bekam eine Hypo, eine tiefe Hypo und wachte einfach nicht auf.

Sie muss so tief gewesen sein, dass mein Körper alles versuchte, um noch Zucker zu gewinnen und den Blutzucker wieder höher zu bekommen. So fing ich an, in einer Art und Weise zu zittern und zu krampfen. Durch das Zittern und Krampfen schlug ich mit meiner Hand gegen die Wand, die sich neben meinem Bett befand. Mein Bruder wurde wach und wusste im Unterbewusstsein sofort, was Sache war. Er eilte zu meinen Eltern, gab Bescheid, dass ich eine tiefe Unterzuckerung habe, und meine Eltern eilten zur Hilfe.

Ich biss mir unbewusst in die Wange, drohte teilweise, meine Zunge zu verschlucken. Meine Eltern taten alles, dass dies nicht geschah. Ich bekam die Notfall-Spritze verabreicht, welche schon kurze Zeit später half, sodass ich zu krampfen aufhörte.

Ich wurde ruhiger und wachte auch kurze Zeit später auf. Da war ich wieder, unter den Lebenden sozusagen. Ich erinnere mich nicht mehr an viele Details, vielleicht habe ich geweint, das weiß ich nicht. Kopfschmerzen hatte ich, schreckliche Kopfschmerzen, Muskelkater und aufgebissene Wangen.

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Der Morgen danach

Die restliche Nacht verbrachte ich schlafend neben meiner Mama. Mein Papa schlief in meinem Bett. Am nächsten Morgen sah ich in verweinte Gesichter, Gesichter, die zu wenig Schlaf bekommen hatten und ganz besorgt aussahen. Dass ich der Grund dafür war, war mir nicht klar. Meine Erinnerung an diese Nacht war vorerst nicht vorhanden. Ich hatte Muskelkater, ziemlichen Muskelkater und aufgebissene Wangen (also von innen).

Irgendwann war mir klar, dass etwas nicht stimmte. Schließlich waren wir doch im Urlaub. Nachdem man mir erzählt hatte, was passiert war, war ich erschüttert. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass diese blöde Krankheit so schrecklich sein kann. Dass man Spätfolgen von seinem Diabetes haben kann, war mir immer bewusst, weswegen ich auch sehr auf ein gutes HbA1c achte. Ich war nie negativ bei meinen Ärzten aufgefallen, immer gut eingestellt, bestrebt, alles richtig zu machen, und dann DAS!

Gedanken, die mir durch den Kopf schossen: „Was habe ich getan?“, „Oh mein Gott, meine arme Familie!“, „Sie haben mir das Leben gerettet.“, „Was wäre passiert, hätte mich niemand gehört?“. Im dortigen Krankenhaus haben wir uns am nächsten Tag ein neues Hypo-Notfall-Kit besorgt.

Bleibende Folgen? + „Erinnerungs-Flashbacks“

Nach dem Urlaub folgten einige Untersuchungen und eine lange, lange Zeit, in der Sicherheit erst wieder aufgebaut werden musste. Anfangs wollte ich gar nicht mehr schlafen, ich hatte Panik, dass alles nochmal passiert, dass ich einfach nicht aufwachen würde. Dann habe ich jede Nacht meinen Blutzucker gemessen, teilweise zwei Mal die Nacht. Schlaf war mir egal, Hauptsache, ich wusste, der Blutzuckerwert stimmt. Das ging natürlich nicht auf Dauer, denn Durchschlafen ist wichtiger als gedacht. Tagsüber war alles recht schnell wieder in Ordnung, doch die Nächte bereiteten mir Angst. Die Zeit, in der ich nicht ständig Kontrolle über meinen Körper und mich hatte, war die schlimmste. Außerdem bekam ich eine Art „Erinnerungs-Flashbacks“. Ich erinnerte mich immer mehr und detaillierter an Dinge, die in der Nacht geschehen waren. Die Erinnerung kam also zurück, Tag für Tag, klar und deutlich. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, ich hätte sehen können, was geschehen war. Als wenn ich dabei war, als es passierte, und von außerhalb zugeschaut habe. Natürlich hat meine Fantasie sich da nur etwas zusammen gesponnen, aber evtl. konnte ich das Ganze so auch besser verarbeiten. Denn das fiel mir nicht so einfach, auch wenn ich wieder quietschfidel durch die Welt marschierte. Es blieb geschehen, die Erinnerung war da.

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Diese Zeilen zu schreiben, fiel mir schwer, wobei es schon ein paar Jahre her ist. Dennoch habe ich die Geschichte nie von Anfang bis Ende noch einmal so vor meinem Augen gehabt. Vielleicht kurz darüber erzählt, das Thema angerissen, aber mehr auch nicht.
Ich kann euch nur sagen, heutzutage ist alles wieder in Ordnung. Ich messe nur noch nachts den Blutzucker, wenn die Werte hoch sind oder ich das Gefühl habe, das sollte kontrolliert werden. Mir geht es gut, ich habe keine bleibenden Schäden davon getragen. Ich kann darüber sprechen, was anfangs nicht möglich war, da ich immer angefangen habe, bitterlich zu weinen. Ich fühlte mich schlecht, unvernünftig, rücksichtslos.

Das Leben im Hier und Jetzt!

Ich habe auch keine Angst mehr, schlafen zu gehen, und freue mich tatsächlich wieder auf mein Bett. ☺Ich bin selbstständig, mittlerweile ausgezogen (damals dachte ich, das würde niemals funktionieren, ich bräuchte immer Kontrolle). Aber eine Sache habe ich seitdem nie wieder getan, zusätzlich Korrektur gebolt, wenn die Pumpe es nicht vorgeschlagen hat. Egal wie hoch ich war, egal wie lange es dauerte und wie viele Liter Wasser ich trinken musste, damit die Werte endlich fielen. Ich befolge nur noch den Korrektur Vorschlag meines Messgerätes. Und ja, das klappt.

Seit dieser Nacht habe ich mich evtl. verändert. Vielleicht habe ich noch einmal den Blickwinkel auf meine Krankheit verschoben, es teilweise noch ernster genommen. Doch mittlerweile habe ich gelernt, die ernsten Situationen gezielt zu erkennen und mich nicht durch meine Krankheit einschüchtern zu lassen. Das wäre nicht richtig. Es ist passiert, ich hatte Glück. Doch mein Leben geht (Gott sei Dank) weiter. Denn so schlimm und schrecklich diese Erfahrung auch war, mein Leben und mich bekommt die Krankheit nicht.

An dieser Stelle möchte ich meiner Familie danken. Danke, dass ihr da wart, danke, dass ihr mir geholfen habt, und danke, dass ihr es immer wieder tun würdet. Ich bin hier unter anderem wegen euch und danke euch, dass es euch gibt. Denn ein schöneres Geschenk als mein eigenes Leben hättet ihr mir nicht schenken können. ♥

Ist es dir auch schon einmal so ergangen? Hattest du auch schon einmal eine so tiefe Hypo, dass dir nur noch die Notfall-Spritze helfen konnte? Wenn du deine Geschichte mit den anderen und mir teilen möchtest, kannst du dies gerne in einem Kommentar unter diesem Beitrag hier tun. 😉

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