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„Wieso das denn?“ „Warum auf einem Containerschiff?“ „Darf man das überhaupt?“ „Was willst du denn da einen Monat lang jeden Tag machen?“ Das waren die häufigsten Reaktionen meiner Freunde und Familie auf die Eröffnung meines Plans, in Chile an Bord eines 333 Meter langen und 48 Meter breiten Frachtschiffs zu gehen, um damit innerhalb von 30 Tagen nach Europa zu reisen.
Die Fragen sind berechtigt. Die Antworten ganz einfach: Weil ich außergewöhnliche Reisen liebe – auch und erst recht mit „Zucker im Gepäck“. Weil ich auf keinen Fall eine Kreuzfahrt mit tausenden anderen auf einem Passagierschiff machen will. Ja, einige Containerschiffe nehmen tatsächlich einen Privatreisenden (bis maximal eine Handvoll Passagiere) mit. Und was ich machen werde? Ich will die Zeit nutzen für ein paar Projekte, die Ruhe, Inspiration und möglichst eine Telefon- und WLAN-freie Zone benötigen.
Gesagt, geplant, gebucht: Mitte März sollte es in Valparaíso in Chile losgehen. Vorher musste ich noch diverse Dokumente unterzeichnen, die das verantwortliche Unternehmen, den Charterer, einfach alle Beteiligten von irgendwelchen Haftungsansprüchen freistellen. Denn eine Frachtschiffreise erfolgt auf eigenes Risiko. Es gibt keinen Arzt an Bord. Und man braucht eine Auslandskrankenversicherung inklusive Option auf Rücktransport. Kein Wunder, immerhin ist der Zweck eines Frachtschiffs der Transport der Container von A nach B – und nicht das Entertainment der wenigen Passagiere (in meinem Fall neben mir noch eine Französin, wie ich später erfahren sollte).
Damit dieser Transport reibungslos verläuft, dürfen nur Passagiere mitfahren, die „in guter gesundheitlicher Verfassung und in der Lage sind, mit einem Frachtschiff zu reisen, auf dem kein Arzt an Bord ist“. Das und andere Fragen und Auskünfte müssen in einem speziellen Gesundheitszeugnis von einem Arzt vorab attestiert werden, das zum Zeitpunkt der Einschiffung nicht älter als 30 Tage ist. „Ist der Passagier gebrechlich aufgrund seines Alters oder einer Krankheit?“ Nein, bin ich natürlich nicht. „Schwindel-/Ohnmachtsanfälle? Nervöse Störungen? Brust- oder Lungenleiden?“ Nein, nein, nein. Aber: „Diabetes?“ Ja, das schon. „In medizinischer Behandlung?“ Auch … und: „Ist der Passagier auf regelmäßige Verabreichung der Medikamente angewiesen?“ Nochmal ja – auf Insulin …
Da mir meine Diabetologin allerdings auf diesem Attest durch weitere Anmerkungen bestätigt hat, wie es tatsächlich ist – „Diabetes mellitus Typ 1, gut eingestellt, ohne Gefahr der Entgleisung; Insulinpumpentherapie + CGM – Patient führt selbstkontrollierende Dosisanpassung durch“ –, war es kein Problem, ein Ticket für das Schiff zu bekommen. Auch mit „Zucker im Gepäck“.
Das Packen erforderte da schon mehr Konzentration. Mit einem Puffer von einer knappen Woche vorab in Chile – man weiß nie genau, ob sich der Zeitplan eines Containerschiffs nach vorne oder hinten verschiebt – und den 30 Tagen an Bord musste ich Insulin und Diabetesausrüstung für fünf Wochen mitnehmen. Und dabei ordentlich Ersatz einplanen – für alle erdenklichen Szenarien. Wie etwa: Schiff nach einem Landgang verpasst, Insulin fährt ohne mich weiter. Ampullen gehen an Bord zu Bruch. Oder, oder, oder. Eine Apotheke mit Insulin gibt es nämlich nicht an Bord. Und spätestens bei der 10-tägigen Atlantiküberquerung könnte das bei einigen Szenarien problematisch werden.
Sicherheitshalber habe ich mir sogar extra neue, zusätzliche Frio-Kühltaschen angeschafft, um im Fall der Fälle alle Vorräte bei der Fahrt durch die Karibik und über den Atlantik in verschiedenen Taschen und an unterschiedlichen Orten in meinem Gepäck durchgehend selbst kühlen zu können. Aber das hätte es gar nicht gebraucht, wie sich beim Boarding gezeigt hat …
Und so geht es weiter für Susanne:
„Auf hoher See, Teil 2: Boarding mit überraschender Begegnung“
Auf hoher See, Teil 3: Die ersten zwei Wochen an Bord
Auf hoher See, Teil 4: Kein Land in Sicht und Ankunft in Europa
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