- Aus der Community
B-B-Bye Corona?
4 Minuten
Ach du schöne Sommerzeit. Draußen ist es warm und sonnig. Die Stimmung immer im Dauerhoch, denn die Sonne bräunt die Haut und Eis und Bier kühlen von innen. In den WG-Zimmern und Wohnungen wird es langsam zu heiß. Die Leute strömen zum Badestrand, in Biergärten und Eisdielen. In den Parks wird gegrillt, gefeiert, gelacht. Zu zweit, dritt, viert … zu zehnt … Aus den offenen Fenstern strömt nachts laute Musik. Man lädt zu sich ein und jeder bringt jemanden mit.
Haben wir uns diese schöne Zeit nicht auch verdient? Saßen wir nicht alle monatelang brav zu Hause und haben unsere Liebsten nur über Skype gesehen und natürlich immer ordentlich die Hände gewaschen? Haben wir nicht ständig Mundschutz getragen und Abstand gehalten? Ist es nicht endlich Zeit, die Anspannung zu vergessen und den Sommer zu genießen?
Sommer, Sonne, Risikogruppe
Gern würde ich diese Frage mit Ja beantworten, aber so einfach ist das leider nicht. Denn wenn ich so durch Leipzig laufe und sehe, wie wenig noch auf Schutzmaßnamen geachtet wird, dann bekomme ich ein sehr mulmiges Gefühl. Ich will hier niemanden belehren oder verurteilen. Aber als Typ-1-Diabetikerin könnte ich nun einmal Teil der Risikogruppe sein und habe bei all dem sommerlichen Treiben so meine Bedenken.
Covid-19 hat uns alle in eine absolute Ausnahmesituation gebracht. Wir wissen auch jetzt noch relativ wenig über dieses Virus. Aber durch Lockdown und andere Schutzmaßnahmen konnten wir ein Horrorszenario, wie z.B. in Italien, abwenden. Doch verhältnismäßig wenige Fälle und schwere Verläufe, sowie kürzliche Lockerung der Schutzmaßnahmen, haben meiner Meinung nach zu früh dazu geführt, dass wir dieses Virus nicht mehr allzu ernst nehmen. Das merke ich nicht nur an den vollen Bars, Cafés, Badestränden und Parks, sondern auch an meinem eigenen Verhalten.
Corona als Trigger für die Panikstörung
Zu Beginn der Pandemie war ich meiner Angst einfach ausgeliefert. Ich hatte teilweise so große Angst vor einer Infektion mit dem Virus, dass ich nicht einmal mehr selbst einkaufen gegangen bin. Meine Panikstörung war nach 2 Jahren Therapie wieder auf dem aufsteigenden Ast und ich konnte an kaum etwas anderes denken als den Fakt, dass, wenn es mich „erwischen“ sollte, ich mit erhöhter Wahrscheinlichkeit unter einem schweren Verlauf der Krankheit leiden würde. Corona war für mich quasi überall und die Zukunft so ungewiss, dass ich nur Herzrasen bekommen habe, wenn ich an den nächsten Tag gedacht habe. Das Einzige, was mir Stück für Stück eine gewisse Sicherheit zurückgab, waren die Schutzmaßnahmen der Regierung, denn jetzt mussten sich alle daran halten, um die Risikogruppe zu schützen, der ich nun einmal aus meiner Sicht angehöre.

Und jetzt? Mehr Lockerungen, mehr Angst? Nicht ganz. Ich muss zugeben, im Nachhinein betrachtet war meine Angst vor einer Corona-Infektion schon übertrieben. Aber ich glaube, damit war ich nicht allein. Viele von uns waren einfach überfordert – alles stand plötzlich still und drehte sich 24/7 nur um dieses neue Virus. Es gab einfach zu viele Fragen und zu wenige Antworten.
Zwischen Normalität und Ungewissheit
Auch ich gehe wieder einkaufen, treffe mich mit Freunden und setze mich in Parks und Biergärten. Denn auch ich sehne mich wieder nach etwas Normalität und weniger Angst und Anspannung. Doch nichtsdestotrotz hat all das immer noch einen sehr bitteren Beigeschmack. Sorgenfreies Abhängen mit Freunden ist für mich nicht möglich. Ständig muss ich mich fragen: Wo gehen wir hin? Kann man da draußen sitzen? Ist es dort voll? Mit wie vielen Leuten treffen wir uns?
Ständig muss ich Entspannung, soziale Kontakte und Sommer-Spaß mit meiner eigenen Gesundheit aufwiegen. Das bringt mich immer wieder in Situationen, in denen ich mich einfach unwohl fühle und nicht weiß, wie ich mich entscheiden soll. Der Lockdown und die Ungewissheit zu Beginn der Pandemie haben hart ((besser: stark ?)) an meiner Psyche genagt. Meine Depression und Angststörung waren seit 2 Jahren nicht mehr so präsent wie in den letzten Monaten. Mich weiterhin einzusperren, um eine mögliche Infektion zu verhindern, würde ich psychisch nicht mehr aushalten, ohne einen massiven Rückfall zu erleiden, da bin ich mir sicher. Ich stecke quasi in einer Dilemma-Situation, die ich allein nicht lösen kann.
Corona ist nicht vorbei – wir sind alle verantwortlich
Deshalb wäre es für mich und auch für andere, die in einer ähnlichen Situation stecken, so wichtig, dass wir eben nicht so tun, als hätten wir Corona überstanden, als könnten wir jetzt alle wieder sorgenfrei unseren Alltag bestreiten. Es gibt immer noch Maßnahmen, die wir einhalten müssen, um uns gegenseitig zu schützen und zu unterstützen. Allein können wir in so einer Ausnahmesituation nicht viel bewirken, wir müssen uns aufeinander verlassen können. Jetzt ist meiner Meinung nach der allerschlechteste Zeitpunkt, egoistisch zu sein. Ich habe es satt, gesagt zu bekommen: „Dann bleib doch einfach zu Hause.“ Meiner Meinung nach sind solche Aussagen schlichtweg ignorant. Ich gehöre zwar meiner Ansicht nach zur Risikogruppe, aber das bedeutet nicht, dass ich für meinen Schutz allein verantwortlich bin. Jeder von uns hat das Recht auf soziale Kontakte, Ausgehen und, draußen zu sein, auch die, die zu einer Risikogruppe gehören. Der Schlüssel liegt für mich darin, sich seiner eigenen Verantwortung bewusst zu sein, damit wir alle gemeinsam diesen Sommer genießen können.
#BSLounge-Autorin Kathy hat ein Interview mit Hannah Kohler, Ärztin in der Ambulanz der LVR-Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Duisburg-Essen zur aktuellen Situation geführt: Die psychische Belastung durch die Coronapandemie: ein Thema für die Forschung
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carogo postete ein Update vor 1 Tag, 8 Stunden
Hallo zusammen! Ich habe mich mit einer Freundin über die Rezepte in der Zeitschrift unterhalten und wir haben uns gefragt, was es eigentlich konkret mit den Nähwertangaben und der Unterscheidung zwischen Kohlenhydraten und anrechnungspflichtign KH auf sich hat?
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cesta postete ein Update vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa
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kw antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)
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cesta antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
@kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!
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cesta antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
@moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 3 Wochen
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 3 Wochen
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 2 Wochen, 6 Tagen
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 2 Wochen, 6 Tagen
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike -
sveastine antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻♀️
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.
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Das wüsste ich auch gerne.
Liebe Carogo,
anrechnungspflichtige KH sind Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel erhöhen. Es gibt auch KH, die nicht direkt blutzuckersteigernd wirken und damit für die Insulintherapie nicht oder nicht voll angerechnet werden müssen, wie bspw. Ballaststoffe oder KH, die nur sehr langsam den Blutzucker beeinflussen.
VLG
Gregor aus der Diabetes-Anker Redaktion
@gregor-hess: danke für die Antwort! Könntest du hierfür mal Beispiele nennen?