- Behandlung
Diabetes und Krebs: Gibt es einen Zusammenhang?
3 Minuten
Laut der Deutschen Krebshilfe erkranken jedes Jahr etwa 500.000 Menschen bundesweit neu an Krebs. Etwa die Hälfte aller Fälle wäre durch einen gesünderen Lebensstil mit mehr Bewegung vermeidbar. Immer wieder kommt die Frage auf, ob auch der Diabetes das Krebsrisiko erhöhen kann.
Menschen mit Typ-2-Diabetes haben ein 1,2- bis 1,7-fach erhöhtes Risiko für Brust-, Darm-, Harnblasen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Das Risiko, an Leberzellkrebs zu erkranken, ist sogar mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Diabetes. Auch das Erkrankungsrisiko für Tumoren an Niere, Schilddrüse und Speiseröhre ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht.
Übergewicht und Bewegungsmangel fördern nicht nur das Entstehen von Diabetes Typ 2, sondern auch das Entstehen verschiedener Krebsarten. Denn Insulin fungiert hier als Wachstumsfaktor. Da beim Typ-2-Diabetes die Organe zunehmend weniger auf Insulin reagieren, weist das Blut oft schon vor Diagnose der Erkrankung über Jahre hinweg eine ständig erhöhte Konzentration des Hormons auf. Gerade deshalb sind Ernährungs- und Lebensstiländerungen in der Behandlung des Diabetes so wichtig.
Beim Typ-1-Diabetes spielen aber Übergewicht und ein überhöhter Insulinspiegel (“Insulinresistenz”) meist keine Rolle, und daher sind die erwähnten Beobachtungen für Kinder und Jugendliche nicht relevant.
Typ-1-Diabetes: erhöhtes oder reduziertes Krebsrisiko?
Bezüglich eines möglichen Zusammenhangs zwischen Typ-1-Diabetes und Krebs analysierten Wissenschaftler die Daten aus den Nationalen Diabetes- bzw. Krebs-Registern aus Australien, Dänemark, Finnland, Schottland und Schweden. Daten aus Deutschland können derzeit nicht heranzogen werden, da sich ein deutsches Register derzeit noch im Aufbau befindet.
Insgesamt wurden 9.149 Krebserkrankungen auf 3,9 Millionen Personenjahre festgestellt. (Der Begriff Personenjahre oder auch Patientenjahre wird oft in klinischen Studien verwendet. Beispiel: Nehmen 20 Patienten 10 Jahre lang an einer Studie teil, entspricht das 20 x 10 = 200 Personenjahren.) Diese Daten wurden mit den Krebsdatenbanken in jedem Land kombiniert. So konnte das Auftreten von Krebs bei Typ-1-Diabetes mit den Daten der allgemeinen Bevölkerung verglichen werden.
Das allgemeine Krebsrisiko von Männern mit Typ-1-Diabetes wies laut der Studienergebnisse keine erhöhten Werte auf. Bei Frauen mit Typ-1-Diabetes stieg das Risiko hingegen um rund 7 Prozent. Bezüglich bestimmter Krebsarten fanden die Forscher heraus, dass sowohl Männer als auch Frauen mit Typ-1-Diabetes im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung ein höheres Risiko einer Krebserkrankung der Bauchspeicheldrüse, des Magens, der Leber und der Niere aufweisen.
Bei Frauen zeigte sich außerdem ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Gebärmutterkrebs. Für Krebserkrankungen der Prostata bei Männern und der Brust bei Frauen, die bekanntlich die häufigsten Krebsarten der jeweiligen Geschlechter darstellen, wurde hingegen ein reduziertes Erkrankungsrisiko deutlich.
Risikofaktoren und Erklärungsversuche
Eine Erklärung für das niedrigere Risiko für Brust- und Prostatakrebs bei Menschen mit Typ-1-Diabetes konnte noch nicht gefunden werden. Es wird jedoch angenommen, dass das niedrigere Brustkrebsrisiko mit dem geringeren Alter der Studienteilnehmerinnen (unter 40 Jahre) in Zusammenhang stehen könnte. Die geringere Anzahl der Prostataerkrankungen bei Männern könnte auf die geringere Testosteronkonzentration im Blut zurückzuführen sein, die bei Männern mit Typ-1-Diabetes häufig zu finden ist
Spielen Insulinanaloga eine Rolle?
Bei den Insulinanaloga handelt es sich gegenüber dem Humaninsulin um veränderte Moleküle. Durch diese Veränderung erreicht man entweder eine raschere und kürzere Wirkung für bessere Steuerbarkeit besonders in Verbindung mit dem Essen oder bei der Insulinpumpentherapie oder eine längere und gleichmäßigere Wirkung mit einem unter Umständen geringeren Unterzuckerungsrisiko bei der Basalinsulingabe.
Von Anfang an wurde bei der Entwicklung von Insulinanaloga wegen der Besonderheiten der Insulinwirkung besonders auf die Sicherheit hinsichtlich der Krebsentstehung geachtet. Tatsächlich hatte das allererste umfangreich untersuchte Insulinanalogon B10Asp, das natürlich nie beim Menschen eingesetzt wurde, Krebs bei Versuchstieren ausgelöst.
Rasch war aber auch geklärt, wodurch dieser Effekt des B10Asp auftrat: Es “klebte” länger als herkömmliches Insulin am sogenannten Insulinrezeptor, der in den Zellen die blutzuckersenkende Wirkung des Insulins vermittelt. Dadurch schaltete der Rezeptor um: Statt einer Blutzuckersenkung wurde jetzt eine Wachstumsförderung bewirkt.
Natürlich wurde bei der Entwicklung der nächsten Generation von Insulinanaloga genau darauf geachtet, dass dies nicht wieder vorkommt. So haben keine der beim Menschen angewendeten Insulinanaloga eine verlängerte Bindungszeit am Insulinrezeptor. Die Änderungen der Wirkgeschwindigkeit hängen mit der Aufnahme aus dem Fettgewebe bzw. der Blutzirkulation zusammen, aber nicht mit einem geänderten Bindungsverhalten.
Insgesamt belegt die Diskussion über Diabetes und Krebs die wichtige Rolle der Bewegung. Eine Diät allein, das haben verschiedene Studien belegt, reicht zur Risikoreduktion nicht aus.
Bewegung reduziert Krebsrisiko
Erst die Kombination aus regelmäßiger körperlicher Aktivität und begrenzter Kalorienzufuhr senkt bei Übergewichtigen das Krebsrisiko. Empfohlen wird, fünfmal in der Woche für 30 Minuten körperlich aktiv zu sein. Gefragt sind keine Höchstleistungen. Wichtig ist, sich regelmäßig zu bewegen, ohne an die eigenen Grenzen zu gelangen.
Nicht zu vergessen ist dabei auch das Thema “Vorsorgeuntersuchungen”. Sie werden von den meisten Menschen sehr vernachlässigt. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass einige Untersuchungen eine unangenehme Prozedur bedingen (zum Beispiel die Darmkrebsvorsorge) und Zeit kosten. Gerade Menschen mit Typ-2-Diabetes sollten dennoch ein wenig davon investieren, um im Falle einer ernsthaften Erkrankung den nötigen Zeitvorsprung zu haben: Je früher eine Diagnose gestellt wird, desto effektiver ist die Behandlung und desto größer sind die Chancen für eine Heilung.
von Prof. Dr. Thomas Danne
Kinderdiabetologe, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin „Auf der Bult“, Hannover, Vorstandsvorsitzender diabetesDE
Kontakt:
Kirchheim-Verlag, Kaiserstraße 41, 55116 Mainz, Tel.: (06131) 9 60 70 0,
Fax: (06131) 9 60 70 90, E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2018; 11 (1) Seite 12-13
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Ähnliche Beiträge
- Eltern und Kind
Diagnose Typ-1-Diabetes: Das Leben neu sortiert
9 Minuten
- Unsere Partner
Exzellent versorgt: tk pharma trade – Kompetenz für Menschen mit Diabetes
2 Minuten
Diabetes-Anker-Newsletter
Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.
Über uns
Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.
Community-Frage
Mit wem redest du
über deinen Diabetes?
Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.
Werde Teil unserer Community
Community-Feed
-
sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 1 Woche
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
-
stephanie-haack postete ein Update vor 1 Woche, 1 Tag
Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂
Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/
-
lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Ich bin dabei 🙂
-
-
insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen, 2 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 4 Tagen
Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig
-

Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike