- Behandlung
Diabetes-Versorgung im Lockdown
3 Minuten
Wie gut wurden Menschen mit Diabetes während der Lockdown-Phasen medizinisch betreut? Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf ihre Lebenssituation? Und gab es gesundheitliche Auswirkungen? Fragen wie diese hat die Deutsche Diabetes Stiftung (DDS) bereits im ersten Pandemie-Jahr adressiert und mehrere Projekte gefördert, die die Versorgungs-Realität von Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes untersucht haben. Erste Antworten aus den damals angestoßenen Studien gaben Experten auf einer Online-Pressekonferenz.
Seit gut zwei Jahren prägt die Corona-Pandemie den Alltag. Auch Änderungen in der medizinischen Versorgung waren die Folge. Gerade während des ersten Lockdowns standen nicht alle Versorgungsangebote wie Präsenz-Sprechstunden und -Schulungen zur Verfügung oder wurden aus Angst vor Ansteckung gemieden.
„Speziell bei Diabetespatienten kommt hinzu, dass sie einer Risikogruppe für einen schweren COVID-Verlauf angehören“, sagte Prof. Dr. Hans Hauner. Neben möglichen Folgen für die Stoffwechselgesundheit sei daher auch mit einer höheren psychischen Belastung durch die Pandemie zu rechnen gewesen.
Die Referenten bei der Pressekonferenz der DDS (v. l. o. n. r. u.): PD Dr. Dr. Bernd Kowall (Essen), Moderatorin Michaela Richter (Stuttgart, Berlin), Dr. Ralph A. Bierwirth (Essen), Dr. Stefanie Lanzinger, (Ulm), Prof. Dr. Hans Hauner (München) und Dr. Paula Friedrichs (Rostock).
Menschen mit Diabetes sind meist gut durch die Pandemie gekommen
Diese Befürchtungen bestätigten sich in den vorgelegten Studien nicht. „In der Gesamtschau sind Menschen mit Diabetes, die wegen ihres Stoffwechselleidens bereits in Behandlung waren, gut durch die Lockdown-Phasen gekommen“, berichtete Hauner. Menschen, die gelernt hatten, mit ihrem Diabetes umzugehen, hätten ihre Krankheit auch im Lockdown gut bewerkstelligt. So zeige eine der Studien, dass Menschen mit einem Typ-2-Diabetes nach dem ersten Lockdown weder eine schlechtere Stoffwechseleinstellung aufwiesen noch einen höheren Body-Mass-Index (BMI). Auch die Rate psychischer Störungen blieb unverändert.
Digitale Möglichkeiten schließen Lücken
Aufseiten der medizinischen Versorger sei in kurzer Zeit viel bewegt worden, betonte Hauner: Diabetesberatungen und -schulungen wurden auf digitale Formate umgestellt, und auch in der ärztlichen Betreuung konnte der Wegfall von Praxisbesuchen zumindest teilweise durch telefonische oder Video-Kontakte aufgefangen werden. Die digitalen Möglichkeiten trügen dazu bei, Versorgungslücken zu schließen, die nicht nur während der Pandemie bestünden. Besonders für Menschen mit Diabetes, die in ihrer Mobilität eingeschränkt seien, stelle die Video-Sprechstunde eine große Erleichterung dar und könne die Betreuungsintensität sogar erhöhen.
Laut Dr. Ralph-A. Bierwirth sind jedoch nur 30 bis 40 % der Patienten in der Lage, digitale Angebote wahrzunehmen. Ein Politikum sei zudem die Deckelung der Abrechnungsziffer für Video-Sprechstunden. 50 % der erbrachten Video-Sprechstunden wurden aufgrund dessen nicht abgerechnet, berichtete der Diabetologe.
Pandemie-Effekte bei Neuerkrankungen an Typ-1-Diabetes
Auffällige Pandemie-Effekte gab es im Bereich der Neuerkrankungen an Typ-1-Diabetes. So liefern die Studien Hinweise darauf, dass ein beginnender Typ-1-Diabetes häufig erst verspätet diagnostiziert wurde. „Besonders bei Kindern unter sechs Jahren traten vermehrt Ketoazidosen auf“, erläuterte Hauner – schwere Stoffwechsel-Entgleisungen, die bei einer instabilen Stoffwechsellage auftreten können, aber auch bei einem noch unerkannten Diabetes.
Rund drei Monate nach den jeweiligen COVID-19-Wellen nahm die Zahl der Neuerkrankungen mit Typ-1-Diabetes um rund 15 % im Vergleich zum vorpandemischen Niveau zu. „Worauf diese Häufungen zurückzuführen sind, ist noch weitgehend unklar“, sagte Hauner. Vor allem indirekte Effekte – wie psychische Belastungen – kämen als Ursachen in Frage.
„Es ist in Deutschland nach wie vor sehr schwer, reale Versorgungsdaten zu bekommen“, fasste Hauner die Erfahrung aus den Studien zusammen. Die Daten würden zwar erfasst, könnten aber nur bedingt genutzt werden. Dies erschwere das rasche Identifzieren und Beheben von bestehenden Problemen in der Versorgungslage.
Quelle: Deutsche Diabetes Stiftung (DDS) | Redaktion
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2022; 71 (4) Seite 10-11
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loredana postete ein Update vor 1 Tag, 14 Stunden
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
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tefanie3010 postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Dia-Newbies vor 3 Tagen, 7 Stunden
Hallo, ich bin Stefanie, die Diagnose Typ 1, habe ich vor drei Monaten bekommen.
Ich merke wie es mir aktuell mit der Diagnose eher schlechter, als besser geht und meine Depression wieder da ist und ich auch eine neue Therapie starten werde. Ich habe aber das Gefühl, dass mich niemand Freundeskreis verstehen kann, weil niemand weiß, wie sehr diese Diagnose das Leben durcheinander bringt und ich auf so vieles aufpassen muss. Vor zwei Wochen hatte ich meine Schulung, tatsächlich fällt mir der Umgang mit dem Diabetes eher sogar schwerer. Eine Leichtigkeit (ist auch zu viel verlangt) ist nicht eingetreten. Sicherheit nur etwas.
Es gibt bei mir leider keine Selbsthilfegruppen vor Ort, darum habe ich mich nun entschieden, den Diabetes Anker beizutreten und hoffe auf Verständnis von “Gleichgesinnten”
Viele Grüße-
lena-schmidt antwortete vor 1 Tag, 13 Stunden
Hallo Stefanie, schön ,dass du da bist. Wir treffen uns zum virtuellen Austausch nächste Woche Donnerstag. Vielleicht hast du ja Zeit und kannst dich einwählen 🙂 Ich freue mich, wenn wir uns dort sehen. Liebe Grüße Lena
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moira antwortete vor 1 Tag, 11 Stunden
Hallo Stefanie! Ich weiß noch wie es nach meiner Diagnose war – es dauert bis da von Leichtigkeit die Rede sein kann. Und das Umfeld tut sich oft sehr schwer das alles zu verstehen. Es wird besser aber es braucht Zeit. Alles Gute
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tefanie3010 antwortete vor 19 Stunden, 10 Minuten
@lena-schmidt: Hallo Lena, ich habe angemeldet und steht auch fest im Kalender.
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tefanie3010 antwortete vor 19 Stunden, 7 Minuten
@moira: Danke dir, ja es ist nicht ganz leicht damit klarzukommen und du hast recht, das Umfeld stellt mir Unmengen an Fragen, aber die kann ich aktuell selbst nicht beantworten, weil ich selbst genügend habe und andere Prios. Am schlimmsten empfinde ich die gutgemeinten “Ratschläge”.
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