Gesünder als gedacht – oder kränker?

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Gesünder als gedacht – oder kränker?

Wie oft jemand zum Arzt geht, hängt auch davon ab, wie derjenige die eigene Gesundheit einschätzt. Und das kann Auswirkungen haben – zum Beispiel darauf, wie schnell Krankheiten entdeckt werden. Forschende der Universität Wien haben genauer hingeschaut, wie Selbsteinschätzung und Gesundheit zusammenhängen. Ihr Fazit: Wie gesund wir uns fühlen, kann langfristig beeinflussen, wie gesund wir tatsächlich sind.

Wenn ältere Menschen ihre Gesundheit überschätzen, gehen sie seltener zum Arzt / zur Ärztin. Das kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken, zum Beispiel, wenn dadurch ernsthafte Krankheiten zu spät erkannt werden. Menschen, die sich für kränker halten, als sie eigentlich sind, gehen hingegen relativ häufiger zu Medizinerinnen/Medizinern. Das haben Sonja Spitzer vom Institut für Demographie der Universität Wien und Mujaheed Shaikh von der Hertie School basierend auf Daten von über 80.000 Europäerinnen und Europäern über 50 Jahren herausgefunden. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift „The Journal of the Economics of Ageing“ veröffentlicht.

Wer sich überschätzt, ist erfolgreicher – lebt aber auch riskanter

Wie wir uns selbst wahrnehmen, ist sehr wichtig für unser Verhalten. Zum Beispiel verdienen Menschen, die ihre Fähigkeiten überschätzen, mehr, investieren ihr Geld anders und übernehmen häufiger Führungspositionen. Sie verhalten sich aber auch riskanter, haben häufiger Unfälle und achten weniger auf ihre Gesundheit – zum Beispiel trinken sie öfter Alkohol, essen ungesünder und schlafen zu wenig.

Sonja Spitzer vom Institut für Demographie der Universität Wien hat gemeinsam mit Mujaheed Shaikh von der Hertie School aufgezeigt, dass sich die Einschätzung der eigenen Gesundheit auch auf die Anzahl der Arztbesuche auswirkt. So haben ältere Europäerinnen und Europäer, die ihre Gesundheit überschätzen, 17 Prozent weniger Besuche beim Allgemeinmediziner pro Jahr als jene, die ihre Gesundheit richtig einschätzen. Das ist vor allem dann problematisch, wenn diese Menschen nicht zu Vorsorgeuntersuchungen gehen oder ernsthafte Krankheiten zu spät erkannt werden. Ähnliches gilt für Besuche beim Zahnarzt / bei der Zahnärztin.

Auf die Anzahl und Dauer der Krankenhausaufenthalte wirkt sich die Wahrnehmung der eigenen Gesundheit hingegen nicht aus; vermutlich, weil diese stärker reguliert sind und, zum Beispiel, oft eine ärztliche Überweisung notwendig ist. Insgesamt schätzt die Mehrheit der Umfrageteilnehmenden ihre Gesundheit richtig ein (79%), 11% überschätzen und 10% unterschätzen sich.

Gesünder als gedacht

Menschen, die sich für kränker halten, als sie eigentlich sind, also ihre Gesundheit unterschätzen, haben hingegen um 21 Prozent mehr Besuche beim Arzt / bei der Ärztin als jene, die ihre Gesundheit richtig einschätzen. Auf der einen Seite besteht hier der Nachteil, dass diese zusätzlichen Besuche vermeidbar wären und unnötige Kosten verursachen – das ist vor allem in Anbetracht der steigenden Bevölkerungsalterung und den damit einhergehenden hohen öffentlichen Gesundheitsausgaben relevant. Auf der anderen Seite sind Menschen, die ihre Gesundheit unterschätzen und darum sehr darauf achten, langfristig möglicherweise besonders fit, was sich wiederum positiv auf die Gesellschaft auswirken könnte. Außerdem ist es für Außenstehende schwierig abzuschätzen, welche Besuche gerechtfertigt sind, und welche nicht.

Für ihre Studie haben die Forschenden Daten von über 80.000 Europäerinnen und Europäern über 50 Jahren mit statistischen Methoden analysiert. Die Daten wurden im Rahmen der SHARE-Studie (Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe) zwischen 2006 und 2013 erhoben. Zuerst wurden die Teilnehmenden gefragt, wie sie ihre Gesundheit einschätzen, zum Beispiel, ob sie Probleme hätten, nach längerem Sitzen von einem Sessel aufzustehen. Später mussten die Teilnehmenden dann tatsächlich von einem Sessel aufstehen – so kann bestimmt werden, ob jemand seine/ihre Fähigkeiten überschätzt, unterschätzt oder richtig einschätzt. Die Forschenden berücksichtigten außerdem Fehleinschätzungen im Erinnerungsvermögen und in der Mobilität.

Wahrnehmung abhängig von Alter, Herkunft und Bildung

Mit ihrer neuen Studie bauten die Forschenden auf einer vormaligen Untersuchung auf, die zeigte, dass sich die Wahrnehmung der Gesundheit stark nach Alter, Herkunft und Bildung unterscheidet. Vor allem Ältere überschätzen ihre Gesundheit häufig. Die Forschenden konnten auch regionale Unterschiede finden: So neigen Menschen in Südeuropa laut der Analyse eher dazu, ihre Gesundheit zu überschätzen, während Menschen in Mittel- und Osteuropa ihre Gesundheit oft unterschätzen.

Grundsätzlich gilt: Je höher der Bildungsgrad ist, umso eher schätzen Menschen ihre Gesundheit richtig ein. Der daraus abgeleitete Appell der Wissenschafter: Stärker auf Gesundheitsbildung und Gesundheitskompetenz setzen. Wie gesund wir uns fühlen, kann somit langfristig beeinflussen, wie gesund wir tatsächlich sind.

Originalpublikation
Sonja Spitzer & Mujaheed Shaikh (2022): Health misperception and healthcare utilisation among older Europeans, The Journal of the Economics of Ageing, Volume 22, 100383, https://doi.org/10.1016/j.jeoa.2022.100383.

Quelle: Universität Wien | Redaktion

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  • gingergirl postete ein Update vor 6 Tagen, 5 Stunden

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

  • hexle postete ein Update vor 1 Woche

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 1 Woche, 3 Tagen

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

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